Schwerter Altbau wird zum Denkmal „zurückrestauriert“
Hotel Astoria an der Hagener Straße
Das etwas verkommene Haus an der Hagener Straße in Schwerte, in dem einst das Papillon Jugendliche zum Tanz einlud, soll wieder ein bauliches Kleinod werden. Denn vor 100 Jahren gab es dort ein renommiertes Unternehmen.

An der Hagener Straße soll wieder ein gepflegtes Wohn- und Geschäftshaus entstehen. © Reinhard Schmitz
Mit versteinertem Gesicht blickt die Medusa von der Fassade auf den bröckelnden Balkon, dessen schmiedeeiserne Brüstung durch schnöde Blechplatten verschandelt ist. Zu den ersten Adressen der Stadt zählte vor 100 Jahren das Wohn- und Geschäftshaus Hagener Straße 14 – bekannt unter dem Namen „Hotel Astoria“. Für den neuen Eigentümer möchte Architekt Manfred Schankat die Fassade wieder im alten Glanz erstrahlen lassen. Gerade so wie auf den historischen Plänen 1903.
Auf der Zeichnung zu sehen ist auch eine schmucke Durchfahrt zum Innenhof, die irgendwann mit einem Schaufenster verschlossen wurde. Diesen Umbau möchte Schankat rückgängig machen und mit einem schmiedeeisernen Gitter wie zu Kaisers Zeiten ersetzen. Der Bauherr – so berichtet er – wolle das Gebäude direkt gegenüber vom Eingang zum City-Centrum sogar zu einem Denkmal machen. „Der Eigentümer will eine Unterschutzstellung beantragen“, bestätigt Stadtsprecher Alexander Nähle. Das Vorhaben werde im Rathaus positiv gesehen: „Die Stadt würde sich nicht dagegen wehren.“
Müllberge ausgeräumt
Von der Straße aus ist nicht zu erkennen, dass die Restauraurierung mit einem großen Aufräumen bereits begonnen hat. Unglaublich, was manche Mieter in den sechs freien Wohnungen zurückgelassen hatten. Graffiti an den Wänden sind noch das Geringste. „Bis hierher stand das Gerümpel“, sagt Schankat und hebt seine Hand in Schulterhöhe. Auch der Dachboden sei vollgestopft gewesen mit Sofas, Toilettenschüsseln, Matratzen und anderem Gerümpel. Vier Männer hätten fünf Tage lang gebraucht, um den Müll herauszuholen: „Für 7000 Euro.“ Zu säubern ist noch der Hinterhof. Dabei hatten irgendwelche Vermieter vorsorglich Gitter vor den rückwärtigen Fenstern angebracht, damit niemand etwas so leicht hinauswerfen konnte.
Eine große Baustelle ist auch noch das Treppenhaus, dessen bunte Fußbodenfliesen alle Zeiten überdauert haben. Schreiner haben damit begonnen, Treppenstufen instand zu setzen. An den Wänden hängen unzählige Stromkabel. Und ein ganzes Sammelsurium von Wohnungstüren kündet von Modernisierungsversuchen: Alte Holz-Kassettentüren reihen sich neben Alu-Türen mit Drahtglasscheiben und weiße Nebeneingangstüren aus Kunststoff oder Alu.
Doch Schankat, der schon die alte Marktschule zu einem Schmuckkästchen gestaltete, hat Visionen für die sieben Wohnungen auf den drei Etagen. Was aus dem ehemaligen Café im Erdgeschoss – derzeit eine Shisha-Bar – werden soll, sei noch offen. Dort lockten in den 1930er-Jahren Varieté-Vorstellungen, wie Lokalhistoriker Alfred Hintz herausfand. Wirtin sei eine Trude Henze gewesen. Eine fröhliche Frau, die ihre „Eckstein“ aus einer silbernen Zigarettenspitze rauchte.
Silberne Zigarettenspitze
Diese Bilder sind auch Ralf Haarmann aus dem Familienalbum bekannt. Trude und Heinrich Henze, die ursprünglichen Besitzer des „Astoria“, sind seine Großeltern. „Hinten im Saal spielten Bands zum Tanz auf“, berichtet er. Später wurde er vermietet und zur Diskothek „Papillon“. Nach einem Brand im benachbarten Geschenke-Geschäft „Laden 14“ – heute Sitz einer Fahrschule – verkaufte die Familie das Haus. Das Papillon wechselte mehrfach den Namen, aktuell steht „Palma“ über dem Eingang.
Wer weiter bis zur Giebelspitze nach oben schaut, erkennt auch einen mächtigen Stuck-Adler. „Wenn er hart genug ist, lasse ich ihn vergolden“, sagt Schankat, der neben vielen Projekten in Afrika in der Ruhrstadt unter anderem das Technozentrum an der Lohbachstraße geplant hat. Andere hätten sich in seinem Alter schon längst zur Ruhe gesetzt. Aber er sagt: „Ohne Arbeit – das ist nichts.“ Und man merkt, wie sehr ihm gerade die Details Freude bereiten. Achtlos gehen die meisten beispielsweise an dem Bruchsteinsockel der Seitenwand zum Nachbarparkplatz vorbei. Schankat möchte sie aber als Zeugnis der Bauzeit aufarbeiten und sichtbar lassen, wenn der darüberliegende Backsteinteil einen Dämmputz erhält.