„Halbzeit“ am Deich Tausende Tonnen Geröll sichern bald das Ruhrufer

„Halbzeit“ am Deich: Tausende Tonnen Geröll sichern bald das Ruhrufer
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Auch wenn ein Bagger das grobe Gestein vorsichtig ausschüttet: Die Bauarbeiter müssen die Steine von Hand in die Steingeröllmatratzen sortieren. Das Befestigen der Gittermatratzen mit einer von Druckluft betriebenen Zange erfolgt ebenfalls händisch. Eine mühsame Arbeit. Wasserwerke-Chef Bernd Heinz freut sich bei der Besichtigung der Ruhrdeich-Baustelle: „Die Arbeiten kommen gut voran. Wir haben die Hälfte der Strecke geschafft.“

Die Ruhr entlang des Wehrs bei Westhofen ist wegen der nötig gewordenen Deichsanierung ein zweites Mal innerhalb eines Jahres abgestaut worden. Im vergangenen Jahr waren Schäden am Damm entdeckt worden. Am 6. August hatte man begonnen. „In dieser Zeit brüten keine Wasservögel. Wir mussten uns mit den Natur- und Wasserschutzverbänden eng absprechen, um den richtigen Zeitpunkt zu finden“, erklärt Bernd Heinz.

Insgesamt werden 5000 Tonnen Gestein verbaut.
Insgesamt werden 5000 Tonnen Gestein verbaut. © Martina Niehaus

Kein Flickwerk

Das regnerische Wetter Anfang August hatte die Arbeiten etwas erschwert. Doch in den vergangenen beiden Wochen habe man wieder aufgeholt. „Wir sind gut in der Zeit und optimistisch, dass wir bis Mitte November fertig werden.“ Bis dahin soll der Deich auf einer Länge von 1,7 Kilometern kernsaniert werden. Dazu werden 12.000 Quadratmeter Geröllmatratzen mit 5000 Tonnen Grauwacke-Gestein verfüllt und befestigt. Die Maßnahme kostet die Wasserwerke, denen das südliche Ruhrufer gehört, rund eine Million Euro.

Eine stolze Summe. „Uns war klar, dass es hier nicht mit Flickwerk getan ist. Eine Kernsanierung war nötig“, erklärt der Geschäftsführer der Wasserwerke. „Dafür hält es dann hoffentlich auch 50 Jahre lang. Mindestens!“ Die angrenzende Röllingwiese wird während der Sanierungsmaßnahmen mit 40 Kubikmetern Wasser pro Stunde versorgt, damit die Tümpel dort nicht völlig austrocknen.

Geräte helfen - doch viele Arbeiten müssen von Hand erledigt werden.
Geräte helfen – doch viele Arbeiten müssen von Hand erledigt werden. © Martina Niehaus

Der Vorteil der neuen Konstruktion: Die Geröllmatratzen sind rund 25 Zentimeter dick. Das Gestein, das sich in ihnen befindet, kann bei Hochwasser nicht weggespült werden. Es wird an exakt der Stelle gehalten. „Zusätzlich können sich zwischen den Steinen viele kleine Tiere und Pflanzen ansiedeln. Es gibt also viele Schutz- und Verkriechbereiche für kleine Lebewesen.“ Den Unterschied sieht man am gegenüberliegenden Nordufer. Dort befinden sich glattgespülte Steinmauern. Pflanzen oder Tiere finden hier keinen Halt.

Die dicken Steinmatratzen sichern das Geröll - und bieten kleinen Tieren und Pflanzen Unterschlupf.
Die dicken Steinmatratzen sichern das Geröll – und bieten kleinen Tieren und Pflanzen Unterschlupf. © Martina Niehaus

Vom Wehr aus haben sich die Bauarbeiten bereits zwischen 800 und 900 Meter in Richtung Osten, also stromaufwärts, bewegt. Kommen demnächst keine Starkregenfälle oder andere Unwegbarkeiten dazwischen, ist die Sanierung bis November abgeschlossen. „Wir haben schon Anfragen von Passanten bekommen, ob wir den Deich höher bauen“, sagt Heinz. Doch das sei nicht der Fall – nur die Stellen werden saniert, die in den vergangenen Jahren abgesackt oder beschädigt worden seien.

"Halbzeit" bei der Deichsanierung.
„Halbzeit“ bei der Deichsanierung. © Martina Niehaus

Gefahr für Kanuten

Ein wichtiges Anliegen für den Wasserwerke-Chef ist die Gefährlichkeit des Wehrbereichs für Kanuten. Wir hatten bereits darüber berichtet – doch Bernd Heinz warnt wiederholt davor. In den vergangenen Wochen habe es öfter Versuche von Kanufahrern gegeben, das Wehr direkt zu durchfahren. „Inzwischen haben wir vor dem Wehr eine Absperrung angebracht. Die Hinweisschilder sind deutlich – eine Durchfahrt bei den aktuellen Gegebenheiten ist lebensgefährlich.“

Denn weil der Stand der Ruhr niedriger ist, hat sich die Strömung beschleunigt. Eine Tatsache, die vielen nicht bewusst ist. Kanufahrer sollten also vor der Absperrung die Ruhr verlassen und ihr Kanu oder Boot an einer eigens eingerichteten Treppe hinaustragen. Das ist zwar wegen des Höhenunterschieds etwas mühsamer als sonst, aber sicherer.

Es ist lebensgefährlich, mit dem Kanu unter dem Wehr hindurchzufahren. Die Strömung ist zu stark.
Es ist lebensgefährlich, mit dem Kanu unter dem Wehr hindurchzufahren. Die Strömung ist zu stark. © Martina Niehaus

Auf der anderen Wehrseite kann man das Kanu wider zu Wasser lassen – und zwar hinter der orangefarbenen Ölsperre, die wegen der Bauarbeiten vorsichtshalber dort erreichtet wurde. Dann kann man unbeschwert weiter in Richtung Witten paddeln.

Röllingwiese trockengelegt: „Wir müssen 1.700 Meter sanieren“, sagt Wasserwerke-Chef Bernd Heinz

Mit der Kamera vor Ort: So gefährlich ist der Wasserdruck vor dem Wehr

Beeindruckende Natur: Luftaufnahmen der trockenen Röllingwiese ähneln einer Landkarte