Tränen zum Abschied von Postbote Ralf Bergmann „Diese Leute haben mich getragen“

Tränen zum Abschied: Nachbarn aus Villigst feiern ihren Postboten
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Wenn Ralf Bergmann (63) an den 23. September zurückdenkt, muss er tief durchatmen. „Das hat schon was mit mir gemacht“, sagt er. Er zeigt auf die Straßenzüge hinter sich: Hier, in den Straßen rund um den Mühlenberg im Norden von Schwerte-Villigst, hat er Post und Pakete zu den Leuten gebracht. Vier Jahrzehnte lang. Jetzt, zu seinem Ruhestand, hatte die gesamte Siedlung ein großes Fest für ihn organisiert. Ralf Bergmann sagt: „Diese Leute haben mich 40 Jahre lang getragen.“

Der 63-Jährige hat den Bezirk schon übernommen, als er noch vertretungsweise für die damalige „Deutsche Bundespost“ arbeitete. Ab 1989 war er dann fest für Villigst engagiert. Mitte Oktober geht er in Alters-Teilzeit, und ab dem 1. Juli nächsten Jahres in Rente. Das hatte die Nachbarschaft mitbekommen. „Das Fest sollte geheim sein, aber ein bisschen was geahnt habe ich schon“, sagt er und grinst.

Postbote Ralf Bergmann, Schwerte-Villigst
Rund 40 Jahre lang hat Ralf Bergmann im Norden von Villigst Post und Pakete zugestellt. Zum Abschied gab es Tränen. © Martina Niehaus

Luftballons zum Abschied

Dass es dann so emotional werden würde, hätte Ralf Bergmann nicht gedacht. Kleine Kinder nahmen ihn in den Arm, und auch Anwohnerin Irmgard Krause, 97 Jahre alt, verabschiedete sich persönlich. „Mit Frau Krause habe ich öfter mal an der Tür gequatscht. Oft bekam ich kleine Geschenke wie Süßigkeiten. Mit vielen Nachbarn habe ich mich gern unterhalten. In den Jahren sind echte Freundschaften entstanden.“ Manche Familien kenne er schon in der vierten Generation.

Mit Pavillons, Luftballons, Kaffee und Kuchen und später bei einem kalten Bierchen und Sekt verabschiedete die Nachbarschaft ihren Postboten. Gemeinsam mit ihnen besuchte Ralf Bergmann noch eine ältere Anwohnerin am Krankenbett und einen Jungen, der gerade seinen Geburtstag feierte.

Geschenke gab es auch: Unter anderem ein großes gerahmtes Bild, das Bergmann in seinem gelben Postauto zeigt. „Ich habe diesen Wagen geliebt, der hat mir immer gute Dienste geleistet“, erzählt er.

Irmgard Krause, Ralf Bergmann, Schwerte-Villigst
Irmgard Krause (97) drückt Ralf Bergmann ganz fest die Hand. © Schwarzpaul
Abschied, Postbote
Auch die Kleinsten sagten „Tschüss“ zu ihrem Lieblings-Postboten. © Schwarzpaul

„Teil unseres Lebens“

Beim Fototermin ein paar Tage später klingelt Ralf Bergmann noch einmal bei Andreas Schwarzpaul an, einem der Initiatoren der Party. Und der erinnert ihn gleich an einen wichtigen Termin: „Denk an das Glühweintrinken, da bist du eingeladen!“ Ralf Bergmann lacht. „Alles klar, ich bin dabei!“

Auch Barbara Burghardt, die Auf der Höhe in Villigst wohnt, bedankt sich bei ihrem Postboten. „Er war immer freundlich, hatte immer ein nettes Wort und eine persönliche Beziehung zu allen Nachbarn in unserer Straße. Er war so lange ein Teil unseres Lebens.“

Auf der Höhe, Schwerte-Villigst, Postbote
Auch die Nachbarn Auf der Höhe verabschiedeten sich von ihrem Postboten. © privat

Ralf Bergmann kämpft bei dem kleinen Spaziergang durch die Siedlung zwischendurch immer wieder mit seinen Emotionen. „Wenn es mir mal nicht so gut ging, musste ich nur mit zwei oder drei Leuten hier sprechen. Dann ging es mir wieder gut. Ich werde das wirklich vermissen.“

Bei der Frage, ob er als Postbote eigentlich immer gut mit den Hunden der Siedlung klargekommen sei, muss er dann laut lachen. „Tatsächlich bin ich einmal von einer Schäferhündin ziemlich heftig in die Innenseite des Oberschenkels gebissen worden.“ Danach sei er länger dienstunfähig gewesen. „Es war nicht so einfach, wieder anzufangen.“ Man habe ihm gesagt, er dürfe seine Angst nicht zeigen. „Das versuchen Sie mal, wenn es Sie einmal erwischt hat.“ Doch eigentlich, sagt er dann, gelte der Biss nicht: „Damals war ich noch in der Ausbildung, und kein richtiger Postbote.“

Inzwischen muss Bergmann keine Angst mehr vor den Vierbeinern in seinem ehemaligen Bezirk haben. Der Grund: „Alle Hunde, die hier leben, kenne ich, seit sie kleine Welpen sind.“ Und sie kennen ihn – genau wie die Anwohnerinnen und Anwohner im Villigster Norden.

Abschied, Postbote Ralf Bergmann
Auch Geschenke gab es an diesem Tag. Insgesamt kamen rund 60 Leute. © Schwarzpaul

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