Schwerter Schulen zum Krieg in Nahost „Wir werden uns hier nicht verstecken“

Schulen zum Krieg in Nahost: „Wir werden uns hier nicht verstecken“
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Mit dem Angriff der Terrorgruppe Hamas auf israelische Zivilisten, der Verschleppung von Geiseln in den Gaza-Streifen, mit immer neuen Nachrichtenbildern von Bombardements, Tod und Leid auf beiden Seiten sehen sich auch Kinder und Jugendliche konfrontiert. Wir haben die weiterführenden Schulen in Schwerte gefragt, wie sie mit dem Thema umgehen.

Erst kürzlich hatte eine weiterführende Schule aus Dortmund uns gebeten, über den Besuch und den Vortrag einer Holocaust-Überlebenden zu berichten. Im Nachgang. Eine Ankündigung sei einerseits nicht sinnvoll, da es sich um eine interne Veranstaltung handele – andererseits sei man durch die aktuellen politischen Ereignisse besonders „sensibilisiert“. Darin schwingt offensichtlich die Sorge mit, es könne während des Vortrags möglicherweise zu Störungen oder Vorfällen kommen.

„Nehmen unseren Eid ernst“

Um Lehrkräften den Umgang mit dem Thema zu erleichtern, hatte das Schulministerium vor wenigen Tagen bekannt gegeben, man habe Schulen mit aktuellem Info-Material ausgestattet und biete Online-Seminare an. Auch neues Material zur Antisemitismus-Prävention sei online gestellt worden. Wir haben alle Schulleiter der weiterführenden Schulen in Schwerte kontaktiert. Das Ruhrtal-Gymnasium (RTG) hat bis Redaktionsschluss dieses Textes (2.11.) nicht auf die Fragen unserer Redaktion geantwortet.

Am Friedrich-Bährens-Gymnasium (FBG) sei das Material des Ministeriums zum Teil im Unterricht genutzt worden, wie Schulleiter Heiko Klanke bestätigt. „Ich selbst habe eine aktuelle Stunde zur Geschichte des Konflikts in meinem Leistungskurs eingeschoben. Das Kollegium wurde von mir noch in den Ferien informiert“, erklärt Heiko Klanke.

Die direkte Betroffenheit am FBG sei aber wenig gegeben, daher sei seitens der Schülerinnen und Schüler das Bedürfnis sich auszutauschen und zu informieren auch nicht sehr ausgeprägt. „Es gab nur einzelne sachliche Diskussionen.“

Sorgen um Veranstaltungen habe man nicht, betont der Schulleiter. „Mein Kollege, der den Geschichts-LK in der Q2 hat, hat erst im Sommer an einer Fortbildung in Yad-Vashem [Yad-Vashem ist eine internationale Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, Anm. d. Red.] teilgenommen und arbeitet mit Schülern gerade die Geschichte zu ehemaligen jüdischen Schülern am FBG auf.“ Dazu hätte er zuletzt Kontakt zu Angehörigen gehabt. Heiko Klanke: „Wir werden uns hier nicht verstecken und nehmen unseren Eid auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung sehr ernst.“ Die gelte nicht nur für das Kollegium, sondern für die gesamte Schulgemeinschaft.

Unterschiedliche Blickwinkel

Auch an der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule (TFG) machen die Lehrkräfte Gebrauch von den Materialien des Ministeriums. „Es ist natürlich abhängig von den Kursen, aber gerade in Deutsch, Religion, Gesellschaftslehre und Philosophie haben Kollegen sich schon damit auseinandergesetzt“, erklärt der stellvertretende Schulleiter Tobias Hollborn. Schon vor Ende der Herbstferien habe sich die Belegschaft zusammengesetzt, um abzusprechen, wie man mit der Situation umgehe.

Ein großes Thema sei der Gewaltausbruch im Schulalltag bisher allerdings nicht. „Verglichen mit anderen Kriegen wie in der Ukraine gab es bei uns keine große Aufregung“, sagt Tobias Hollborn. Das liege allerdings an den verschiedenen Herkünften der Schüler, von denen auch eine Handvoll aus der Ukraine komme. Dennoch seien die Schüler informiert und beschäftigten sich mit der Thematik, auch im Unterricht.

Wichtig sei es vor allem, den Schülern unterschiedliche Blickwinkel näherzubringen. „Strittige Themen sollten immer durch Gespräche gelöst werden. Auch hier versuchen wir aufzuklären, die historischen Zusammenhänge darzustellen, aber auch zu vermitteln, welche Haltung der deutsche Staat dazu hat.“ Diese Vorgehensweise gelte nicht nur für die aktuelle Lage im Nahen Osten.

„Grausame Bilder“

An der Gesamtschule Gänsewinkel hat sich Schulleiterin Eva Graß-Marx in einer E-Mail an die Eltern gewandt. Die terroristischen Angriffe seien „unfassbar grausam“ gewesen und schwer zu begreifen. In so einer Situation müsse man die Kinder gemeinsam mit dem Elternhaus auffangen. „Wenn Kinder mit Gewalt und Terror konfrontiert sind, ist es wichtig, da zu sein, zuzuhören und Gesprächsangebote zu machen.“

Kinder sollten Fragen stellen können und Informationen bekommen, die bei der Einordnung helfen können. „Die grausamen Bilder von Mord und Verschleppung – gerade auch von Jugendlichen – dürfen nicht das sein, mit dem sie allein gelassen werden.“ Im Elternhaus und in der Schule müsse man daher ein offenes Ohr haben. Beratungslehrkräfte, die Schulsozialarbeit und die Seelsorge stünden als Unterstützer zur Verfügung.

Dass der Nahost-Konflikt inzwischen in vielen anderen Ländern – auch in Deutschland – für Zusammenstöße, Konflikte, gegenseitige Drohungen und sogar Straftaten sorgt, hatten wir in unserer Anfrage an die Schulen ebenfalls erwähnt. Eva Graß-Marx betont in ihrer E-Mail an die Eltern Respekt, Toleranz und die gegenseitige Unterstützung. Das sei aktuell von besonderer Bedeutung. „Ich weiß, dass wir am Gänsewinkel auch in der Verschiedenartigkeit zusammenstehen, wir uns wertschätzen und den friedlichen Umgang und das soziale Miteinander als zentral erachten.“

Auch in der Gänsewinkel-Schulgemeinde hätten Familien Angehörige verloren. In dem Elternbrief schreibt die Schulleiterin: „Wir möchten unsere tiefe Anteilnahme ausdrücken und wir betrauern die vielen unschuldigen Toten in diesem

Konflikt.“ In der Vergangenheit habe es Schüleraustausche mit Israel gegeben. „Wir sind in Gedanken bei Freunden und Bekannten in Israel und wir nehmen Anteil an ihrem Leid und ihren furchtbaren Erlebnissen.“

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