Frau geht mit 100.000 Euro in bar durch Schwerte „Die wollten mir das in den Rucksack stecken“

65-Jährige spaziert mit 100.000 Euro in bar von der Postbank zur Volksbank
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So richtig kann Kerstin Wagner* (65) es immer noch nicht glauben. Zu kurios ist die Geschichte, die ihr passiert ist: Am Gründonnerstag (6.4.) vor Ostern ist sie mit 100.000 Euro in bar in der Schwerter City unterwegs. Sie ist nervös, das Herz klopft. Aber von Anfang an.

Kerstin Wagner aus Schwerte hat ihr Haus verkauft. Von diesem Geld hat sie sich wiederum eine Wohnung gekauft. In Abschlagszahlungen entsprechend dem Baufortschritt des Neubaus, werden die Raten für das neue Heim fällig. Ein paar Zahlungen sind schon erledigt, für die kommenden möchte die 65-Jährige Geld von ihrem Sparkonto bei der Postbank an ihr Girokonto bei der Volksbank überweisen.

Dass das zum Problem werden sollte, ist Anfang März (7.3.) nicht ersichtlich, als sie die Mitarbeitenden in der Filiale am Postplatz darum bittet, 100.000 Euro an ihr externes Girokonto zu überweisen.

„Die wollen mir mein Geld nicht geben“

Nach zwei Wochen wird Kerstin Wagner nervös, immerhin hatte sie eine Frist für die kommende Zahlung einzuhalten: „Ich habe täglich bei der Volksbank geschaut, ob das Geld da ist und es kam einfach nicht“, erzählt sie. Sie vereinbart einen neuen Termin bei der Postbank. Das Ganze sei noch in Bearbeitung, stehe im Computer, aber die Mitarbeitenden wollen sich um das Problem kümmern.

Weshalb nicht schon vorher ersichtlich war, dass die Überweisung nicht durchgegangen ist, wundert die 65-Jährige. Sie wird misstrauisch. Spätestens als das Geld eine Woche später immer noch nicht auf dem Girokonto der Schwerterin ist, ist sie sicher: „Die wollen mir mein Geld nicht geben.“ Die Nervosität steigt.

Lösung: Barauszahlung und rüber zur Volksbank

Bei einem dritten Termin am 28. März stellen die Mitarbeitenden fest, dass es wieder ein Problem gegeben hat, erneut wird der Antrag gestellt. Bisher ist Kerstin Wagner bei jedem Termin ruhig geblieben, erzählt sie. Anfang April platzt ihr in der Schwerter Filiale dann aber der Kragen: „Ich habe mein Geld immer noch nicht. Die Postbank gibt mir mein Geld nicht“, habe sie dann laut gesagt. „Alle Kunden konnten das ruhig hören“, sagt Kerstin Wagner im Nachhinein gegenüber unserer Redaktion. „Wie können die denn so arbeiten?“

Das Problem mit der Überweisung könne nicht behoben werden, also solle Kerstin Wagner das Geld in bar bekommen und es selbst rüber zur Volksbank bringen, wird der 65-Jährigen als Lösung präsentiert. „Ich gehe doch mit dem Geld da nicht rüber“, entgegnet Kerstin Wagner. Aber doch – genau so wird es sein.

Insgesamt 74 Schritte – mit 100.000 Euro in bar – geht es für Kerstin Wagner und eine Mitarbeiterin der Postbank am Gründonnerstag erst durch den Seiteneingang der Post, dann quer über die Rathausstraße, in die Kuhstraße und rein in die Volksbank. Nein, der Weg ist nicht weit. Aber mit so viel Geld in der Tasche will Wagner eigentlich keinen Meter machen.

Raus aus dem Seiteneingang, über die Rathausstraße, rein in die Kuhstraße: 100.000 Euro in bar wanderten so von der Post zur Volksbank.
Raus aus dem Seiteneingang, über die Rathausstraße, rein in die Kuhstraße: 100.000 Euro in bar wanderten so von der Post zur Volksbank. © Irina Höfken

Reisetasche? Koffer?

Wer jetzt glaubt, für 100.000 Euro braucht es einen riesigen Koffer oder eine Reisetasche, der täuscht sich: Die 200-Euro-Noten, 500 an der Zahl, passen in einen größeren Umschlag. „Das sah aus wie ein kleines Paket“, erzählt Kerstin Wagner, froh darüber, ihr Geld doch noch bekommen zu haben, selbst auf diesem Weg. „Die wollten mir den Umschlag in den Rucksack stecken, aber das wollte ich nicht, weil ich Angst hatte. Dann hat die Mitarbeiterin den Umschlag einfach beherzt in die Hand genommen“, erzählt sie.

Als beide schließlich in der Volksbank ankommen, die Scheine in der Zählmaschine liegen und sie die Bescheinigung vorzeigen kann, dass sie das Geld von ihrem Sparkonto der Postbank hat, fällt Kerstin Wagner ein riesiger Stein vom Herzen. Erzählt hat sie das in ihrem Freundeskreis dann auch erst später. „Ist doch einfach irre“, ist ihr Fazit.

Mit den 100.000 Euro in bar bei der Volksbank angekommen, kriegt Kerstin Wagner auch langsam wieder einen normalen Puls. "Schiss hatte ich schon", sagt sie.
Mit den 100.000 Euro in bar bei der Volksbank angekommen, kriegt Kerstin Wagner auch langsam wieder einen normalen Puls. „Schiss hatte ich schon“, sagt sie. © Irina Höfken

„Mit guter Absicht“

„Wir möchten uns für die Umstände entschuldigen, die sie durch diesen ungewöhnlichen Vorfall hatte“, sagt Postbank-Sprecher Hartmut Schlegel. „Uns ist bewusst, dass dies kein regelkonformes Vorgehen war – auch wenn es mit guter Absicht geschehen ist“, heißt es weiter. Schlegel erklärt den sachlichen Hintergrund wie folgt:

„Sparkonten sind im Unterschied zu Girokonten keine Zahlungsverkehrskonten. Deshalb kann von einem Sparkonto kein Geld auf ein Girokonto bei einer anderen Bank überwiesen werden. Unsere Mitarbeiterin hat deshalb vorgeschlagen, eine sogenannte Teilkündigung des Sparkontos durchzuführen, bei der es möglich ist, den gekündigten Betrag auf ein Fremdbankkonto zu übertragen. Bei der Eingabe im Computer ist ihr leider ein Fehler unterlaufen, sodass die Übertragung der Summe nicht durchgeführt wurde. Um ihren Fehler wieder gut zu machen, hat unsere Mitarbeiterin der Kundin angeboten, den Betrag bar auszuzahlen und mit ihr gemeinsam in die benachbarte Filiale zu bringen. So ist es dann auch geschehen.“

Der Mitarbeiterin habe man nun erklärt, wie sie künftig eine, in der Praxis selten vorkommende Teilkündigung richtig bearbeitet.

Kerstin Wagner möchte betonen, dass die Mitarbeitenden in der Schwerter Filiale immer nett gewesen seien. Und: „Die Geschichte ist ja zum Glück auch gut ausgegangen.“ Trotzdem würde sie nach dieser Erfahrung kein weiteres Konto bei der Postbank eröffnen.

*Kerstin Wagner heißt eigentlich anders. Der richtige Name der Schwerterin ist der Redaktion bekannt. Auf dem Foto ist sie nur von hinten zu sehen. Wir haben uns dafür entschieden, die Geschichte anonym aufzuschreiben.

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