Klinikchef: „Marienkrankenhaus rutscht wegen Corona in Verlustzone“

© Bernd Paulitschke

Klinikchef: „Marienkrankenhaus rutscht wegen Corona in Verlustzone“

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Mit Lob für Krankenhäuser sparen Politiker dieser Tage nicht. Doch je länger die Coronakrise dauert, desto schlimmer wird die finanzielle Situation. Der Leiter des Marienkrankenhauses schlägt Alarm.

Schwerte

, 19.02.2021, 12:56 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wenn in diesem und dem vergangenen Jahr über das Marienkrankenhaus berichtet wurde, dann ging es meist um Covid. Wie ist die Situation, wie viel Intensivbetten sind frei. Und medizinisch war die Lage immer im Griff. Doch jetzt schlägt Klinikchef Jürgen Beyer Alarm: Die Pandemie zehrt nicht nur an den Nerven, sondern sorgt zunehmend auch für rote Zahlen.

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„Die Mitarbeitenden geben seit Monaten alles, um der Pandemie Herr zu werden. Mit durchschnittlich 30 Covid 19-Patienten, die wöchentlich bei uns behandelt werden, bewegen wir uns am Limit. Sie bezahlen dafür einen hohen Preis: Über 70 Mitarbeitende haben sich bislang berufsbedingt an Covid infiziert. Eine Woche konnten wir uns Anfang Februar über eine leichte Entspannung freuen, jetzt gehen die Zahlen der Patienten wieder in die Höhe“, erklärt Chefarzt PD Dr. Thomas W. Spahn.

Je länger die Pandemie dauert, desto schlechter wird es

Was die Situation nicht nur für die Mitarbeitenden besonders bedrückend macht, ist die wirtschaftliche Situation der Klinik. „Wir sind ein gesundes Haus. Aber je länger die Pandemie dauert, desto mehr ziehen sich die politischen Verantwortlichen in Berlin und Düsseldorf zurück und verlieren die Krankenhäuser aus den Augen“, so Geschäftsführer Jürgen Beyer. Das Problem beschäftigt nicht nur das Marienkrankenhaus, sondern viele Kliniken im Land.

„Wir haben das OP-Programm komplett heruntergefahren und damit einen Einbruch bei den Erlösen verbucht. Das war politisch so gewollt und war absolut sinnvoll“, erklärt Beyer. Und von März bis Ende September seien für beide Standorte auch Ausgleichszahlungen geflossen.

Ausgleichszahlungen an Inzidenz im Kreis gebunden

Anders sah es dann in der zweiten Welle aus. Da gab es zwar ab dem 18. November wieder Ausgleichsgelder. Aber nicht für alle Krankenhäuser und auch nicht für die Schützenstraße. „Ausgleichszahlungen sind unter anderem an den Inzidenzwert 70 gekoppelt. Liegt dieser wie im Moment im Kreis Unna unter 70, gibt es keine Zahlungen mehr."

„Die wirtschaftliche Situation hat sich deutlich verschärft und spitzt sich weiter schnell zu, wenn nicht politisch gegengesteuert wird“, warnt Beyer. Denn unabhängig vom jeweils aktuellen Inzidenzwert sei man weit entfernt vom Regelbetrieb vor Corona. „Die Erlösseite ist in fast allen Krankenhäusern komplett eingebrochen“, so der Klinikchef.

In Berlin berät nächste Woche ein Expertenbeirat

Am Mittwoch (24. Februar) berät ein Expertenbeirat in Berlin über die wirtschaftliche Gesamtentwicklung der Krankenhäuser unter Corona im Jahr 2020. Er soll auf Basis eines ausstehenden Gutachtens eine Empfehlung für die Politik beraten. Laut Beyer müsse hier zwingend eine grundlegende Lösung für die Klinken geschaffen und eine weitere Zuspitzung der sich abzeichnenden Krise für die Kliniken verhindert werden.

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„Im schlimmsten Fall steht die medizinische Grundversorgung mit einer bundesweiten Insolvenzwelle auf dem Spiel“, ergänzt der ärztliche Leiter der Klinik, Dr. Thomas Spahn. „Die Pandemie hat doch noch einmal deutlich vor Augen geführt, was es bedeutet, über viele Kliniken und Intensivbetten zu verfügen und vor allem über geschultes Personal, dass jeden Tag zur Bekämpfung der Covid 19-Lage die Grenzen der Belastbarkeit verschiebt.“

Kliniklandschaft durch die Hintertür ausdünnen?

Die Angst vieler Betreiber von Krankenhäusern ist grundlegender: Sie befürchten, dass die politischen Entscheidungsträger durch die Hintertür die Kliniklandschaft reformieren wollen. „Wenn Berlin und Düsseldorf das so regeln möchten, sollten auch klar die Folgen genannt werden – ein Gesundheitssystem, das nur auf Profit gedrillt ist und eine flächendeckende, medizinische Grundversorgung der Menschen nicht mehr gewährleistet“, mahnt Spahn.