Die Straßenlaterne war die Bremse Mein Rollschuh-Trauma aus den Achtzigern

Straßenlaterne als Bremse: Mein Rollschuh-Trauma aus den Achtzigern
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Die Rollerdisco erlebt gerade ihr Revival. Zu den Sounds der 80er Jahre zieht man seine Runden auf bunten Rollschuhen. Das ist toll. Für diejenigen, die wissen, was sie da tun. Bei mir löst der Gedanke an Rollerdiscos vor allem eines aus: Peinliche bis schmerzhafte Erinnerungen an früher. Als ich in der harten Schule des Lebens erfahren musste, dass ich leider, leider keinen Gleichgewichtssinn besitze. Nein - ich hatte nie das Zeug zur Rollerdisco.

Dabei hätte ich es klasse gefunden, wenn ich die Bewegungsabläufe auf Rollschuhen auch nur ansatzweise beherrscht hätte. Welches Mädchen wollte nicht so sein wie Sophie Marceau, die in „La Boum“ ihren Liebsten auf der Rollbahn umgarnt? Ich hätte es allerhöchstens geschafft, die Rolle des tolpatschigen Elternteils zu spielen, das sich auf der Suche nach dem verliebten Teenager verzweifelt wankend am Geländer festklammert.

Wozu Bremsen?

Dabei gehöre ich zu denen, die sich wirklich früh geübt haben: Mit fünf Jahren bekam ich meine ersten Rollschuhe geschenkt – die man sich damals unter die Schuhe klemmte. In meinem Fall waren das Gummistiefel. Eine besonders gelenkschonende Methode des Rollschuhlaufens anno 1982.

Dass meine Eltern mich auf diese rollenden Todesfallen gestellt haben, kann ich bis heute nicht begreifen. Heute wird jedes Kind stundenlang mit Knie-, Ellbogen- und Handgelenksschonern, Rückenprotektor, Zahnschiene und Helm ausstaffiert, bevor es überhaupt zum Spielen vor die Tür darf. Und wenn, werden auf ergonomisch korrekten, TÜV-geprüften Inlinern die ersten Runden gedreht. An Mamas Hand natürlich.

Ich hingegen schnallte mir die Rollen unter die Gummistiefel und fuhr einfach los. Ohne Helm, obwohl ich damals eine echt praktische Helm-Frise hatte. Ach ja – Bremsen wie hinten an Inlinern gab es bei mir nicht. Selbst die Stopper, die sich an Discorollern befinden, waren damals offenbar noch nicht angesagt. Aber wozu brauchte man auch Bremsen? An unserer abschüssigen Straße, die nicht ohne Grund „Waldhöhe“ hieß, gab es schließlich genug Laternen.

 Kind sitzt mit Rollschuhen auf einer Treppe
Rollschuhlaufen war damals in den 80er Jahren lebensgefährlich – aber trotzdem lustig. © Ute Thal

Laterne im Visier

Laternen gezielt anzuvisieren war also eines der Dinge, die ich besonders schnell lernte. Je nachdem, welches Tempo ich dabei draufhatte, wickelte ich mich dann um den Laternenpfahl, bevor ich hinfiel. Was neben aufgeschrappten Knien auch aufgeschürfte Handflächen brachte. Manchmal musste auch mein kleiner Bruder als „lebende Bremse“ neben mir herlaufen. Das klappte gut – aber nur, wenn er nicht selbst auf Rollen stand. Dann gingen wir beide krachend zu Boden. Und stritten darüber, wer schuld war.

Später, so mit zehn oder zwölf, „erbte“ ich die echten Discoroller meiner Kusine. Diese Roller-Treter hatten immerhin schon die Vorderstopper. Das Problem: Die Galoschen waren mir drei Nummern zu groß, und schwer waren sie auch. Allein das Gewicht ließ mich auf dem Weg die Waldhöhe hinunter ordentliche Geschwindigkeiten erreichen. Weshalb ich dann Angst bekam, die Laterne zu packen. Aber notfalls konnte ich mich am Ende der Straße ausrollen lassen. Dafür musste ich nur auf die Fahrbahn ausweichen. Gar kein Problem.

Akrobatik auf Rollschuhen? Nichts für mich!
Akrobatik auf Rollschuhen? Nichts für mich! © picture alliance / Andreas Arnold/dpa

Trotz zahlloser Versuche – das Rollschuhlaufen hat mir tatsächlich Spaß gemacht – habe ich es nie gelernt. Weder auf Rollschuhen noch auf Schlittschuhen kann ich mich gezielt fortbewegen. Oder gar bremsen. Wenn ich am Kemnader See spazieren gehe und Inline-Fahrer beobachte, die mit einem Affenzahn an mir vorbeisausen, schwitze ich vor Angst um ihre Gesundheit. Und halte direkt Ausschau nach der nächsten Laterne.

Und da ich selbst ohne Rollen keinerlei Tanztalent besitze, werde ich in diesem Leben keine Rollerdisco betreten. Denn eines weiß ich genau: Dort gibt es keine Laternen.

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