
© Martin Schreckenschläger
Ruhrstadt Orchester: Ein deutliches Zeichen der Anteilnahme in diesen brutalen Zeiten
Ruhrstadt Orchester Schwerte
Beim zweiten Konzert des Ruhrstadt Orchesters im Jubeljahr erklangen Bach, Händel und Grieg. Eine Trauermusik für Viola und Orchester widmete man den Opfern des Ukraine-Krieges.
Auch das zweite Konzert des Ruhrstadt Orchester (RSO) war vom Zeitgeschehen beeinflusst. Doch zunächst erklang unter Leitung von Claus Eickhoff das Air von Bach: weiche, vorwärtsschreitende, aufblühende Streichermusik.
Einen weiteren Satz des Altmeisters intonierte Sabine Thielmann auf der Gitarre, leitete damit zum 3. Brandenburgischen Konzert über. Auch den Mittelsatz zwischen bekannten Streicher-Allegri gestaltete sie auf ihrem Instrument, übernahm damit den Part der Solo-Violine.
Auf der Krim geboren
Auf dem Programm stand nun eine Trauermusik für Viola und Orchester. Diese widmete Solist Alexander Ostrovski den Opfern der Angriffe auf die Ukraine. Er selbst, auf der Krim geboren, studierte und lebte lange in Moskau mit Musikern beider Nationen, aus Brudervölkern, denen aus Sowjet-Zeiten Russisch als gemeinsame Sprache geläufig ist.

Claus Eickhoff leitete das RSO diesmal als reines Streichorchester. Mit dabei waren zwei junge Praktikanten und eine erst vor vierzehn Tagen aus der Ukraine geflüchtete Geigerin. © Martin Schreckenschläger
Musiker suchen Gastfamilien
An seiner Phoenix-Musikakademie in Dortmund hat er inzwischen bereits dreißig Musikschüler und Musikstudenten aufgenommen, die aus dem Kriegsgebiet flüchteten. Für diese sucht er auch weiterhin Gastfamilien, die die jungen Musiker aufnehmen können. Eine Schweigeminute des Gedenkens an die Opfer stellte er seinem ersten Solostück voran. Traurig erklang der langsame Kopfsatz, im Solopart auch Panik ausdrückend.
Die Tiefen in freier Tonalität auslotend, leitete er zum äußerst sanglichen, finalen Choral. Das Orchester wandte sich danach der Passacaglia von Händel zu, in zahlreichen Variationen von der Trauer über freudiges Pizzicato, ausgreifende Striche, getragenes Spiel schließlich wirbelnd auf den ruhigen Schluss zustrebend.
Ukrainischer Geigerin gelang vor 14 Tagen die Flucht
Orchester-Managerin Thielmann berichtete, dass neben zwei jungen Praktikanten auch eine Geigerin aus der Ukraine mitspielte: Natalya Konstantinova gelang vor 14 Tagen die Flucht aus Chmelnyzkyj, einer Kulturmetropole, gelegen zwischen Kiew und Lwiw. Der Bassist des Orchesters, Oleksi Velichko, konnte ihr eine Geige zur Verfügung stellen. Er selbst stammt aus derselben Stadt, lebt aber seit 2006 in Deutschland und hat hier studiert.
Nach der Pause gab es dann noch einmal Musik mit Ostrovski, diesmal an der Violine. Der Romantiker Fritz Kreisler hatte das Konzert im Stile Vivaldis geschrieben. Trotz aller Barocknähe griff manche Harmonie, manche Strichart jedoch über das Schaffen des Venezianers hinaus. Gestaltetet Ostrovski das Allegro farbenreich, so wirkte das Andante doloroso sehnsüchtig, der Schluss-Satz mitreißend mit selbst gespielten Echos des Solisten, aber auch Antworten aus dem Orchester.
Publikum war mucksmäuschenstill beim Bach-Solo
Als Zugabe griff der Leiter der Akademie nochmals auf Bach zurück, spielte die Sarabande aus dessen Partita No. 2. Saal und Orchester lauschten mucksmäuschenstill diesem Solo-Spiel.
Anschließend zeigte das Orchester noch einmal mit der Suite „Aus Holbergs Zeit“ von Edvard Grieg sein Können: heran galoppierendes Präludium, süßlich säuselnde Sarabande, sich drehende Gavotte, neckische Rigaudon mit viel Pizzicato und andachtsvolles Air, gefolgt vom da Capo des Präludiums. Ein deutliches Zeichen der Anteilnahme in diesen brutalen Zeiten.
Drittes Konzert im Jubiläumsjahr
Für das dritte Konzert des Orchesters im Jubiläumsjahr konnte Fedor Roudine, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, als Solist gewonnen werden. Es wird ein Konzert mit Werken von Bach bis Verdi am 12. Juni in der Rohrmeisterei. Beginn ist um 17 Uhr. Infos zu Preisen und Vorverkauf auf ruhrstadt-orchester.deHat seinen Schwerpunkt auf klassischer Musik, ist aber auch Konzerten anderer musikalischer Genres nicht abgeneigt und bringt den Lesern ebenso gerne Musik- und Tanztheater, Lesungen, Dramen oder Komödien näher. Berichtet über kulturelle Ereignisse und Ausstellungen.
