Aus gesundheitlichen Gründen muss Edgar Babilon (69) sein Elektrogeschäft an der Geisecker Talstraße 11 zum Jahresende schließen. Er öffnet nur noch nach vorheriger telefonischer Vereinbarung zum Abverkauf.

© Reinhard Schmitz

Ein letzter Tüftler geht: Elektrogeschäft an der Geisecker Talstraße schließt

rnRadio-Fernsehtechnik

Der Radio-Fernseh-Techniker-Meister Edgar Babilon (69) brachte so gut wie jedes Elektrogerät wieder ans Laufen. Zum Jahresende ist Schluss. Beim Räumungsverkauf gibt es sogar Röhrenradios.

Geisecke

, 04.12.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Verwöhnt mit Geschäften sind die Geisecker nicht gerade. Aber wenn sie irgendwie Probleme mit Strom haben, dann wissen sie immer, wer ihnen helfen kann. Ganz egal, ob das Fernsehbild streifig ist, der Schwibbogen im Advent flackert oder die Armbanduhr eine neuen Knopfzelle braucht.

Edgar Babilon ist der Mann für alle Fälle. Der Radio-Fernseh-Techniker-Meister ist einer der letzten „Tüftler“, der jedes Gerät wieder ans Laufen bringt. Und sein Geschäft an der Geisecker Talstraße 11 ersetzt samstagsmorgens sogar die fehlende Kneipe, wenn man sich dort zum Kaffeeklatsch trifft.

Kollege Bernd Zschegel war schon 2013 ausgeschieden

Doch von alledem heißt es Abschied nehmen. Aus gesundheitlichen Gründen schließt Edgar Babilon zum Jahresende sein Geschäft „Babilon & Zeschegel“, das seit November 1997 eine Institution im Ortsteil gewesen ist.

Gegründet worden war das Unternehmen schon 1984 an der Luisenstraße in Holzen – damals zusammen mit dem Radio-Fernseh-Techniker Bernd Zschegel, der schon 2013 ausgeschieden ist.

Seit November 1997 ist die Firma Babilon & Zeschegel, die 1984 in Holzen gegründet wurde, an der Geisecker Talstraße 11 ansässig.

Seit November 1997 ist die Firma Babilon u. Zschegel, die 1984 in Holzen gegründet wurde, an der Geisecker Talstraße ansässig. © Reinhard Schmitz

„Was machen wir nur, wenn du nicht mehr da bist?“, fragt eine Kundin, die vor der nostalgischen „National“-Kurbelkasse das Portmonee öffnet. Nicht nur sie wird das Angebot vermissen. Auf 160 Quadratmetern – einschließlich der geräumigen Werkstätten – sammeln sich „Weiße Ware“ wie Herde und Kühlschränke sowie „Braune Ware“ wie Radios und Fernseher.

Dazu gibt es Unmengen von unverzichtbaren Kleinigkeiten, die man sonst oft nur mit großer Mühe passend bekommt – von der Einbau-Steckdose bis zu elektrischen Weihnachtsbaum-Kerzen, von Videokassetten bis zu Leuchtstoffröhren. Kistenweise liegen zudem Röhren bereit, die uralte Radio- und Fernsehgeräte zum Leben erwecken können.

Von Lichterketten bis zu Fernsehern führte Edgar Babilon an seiner Werkbank die Reparaturen an Elektrogeräten aller Art aus. Oben im Regal hütet er den kurzschlussfesten HiFi-Verstärker, den er einst als Meisterstück gebaut hat.

Von Lichterketten bis zu Fernsehern führte Edgar Babilon an seiner Werkbank die Reparaturen an Elektrogeräten aller Art aus. Oben im Regal hütet er den kurzschlussfesten HiFi-Verstärker, den er einst als Meisterstück gebaut hat. © Reinhard Schmitz

Viel ist zutage gekommen, als Edgar Babilon den Keller unter dem Ladenlokal aufgeräumt hat. Darunter war ein Stapel Fachbücher, der Erinnerungen weckt. Drei Jahre lang paukte der heute 69-Jährige im Feierabend bei einem Lehrgang der Handwerkskammer, um 1981 seine Meisterprüfung ablegen zu können.

Meisterstück wird gehütet wie ein Schatz

„Damals galt der Beruf noch was“, sagt er. Sein Meisterstück, einen kurzschlussfesten HiFi-Verstärker mit zwei Mal 50 Watt Ausgangsleistung, hütet er auf einem Regalbrett über seiner Werkbank: „Es wird zwar etwas krachen, wenn man die Potis dreht, aber sonst funktioniert der noch.“

Die Kinder werden die Modelleisenbahn vermissen, die jedes Jahr vor Weihnachten ihre Runden im Schaufenster von Babilon & Zschegel drehte. Bald werden die Enkel von Edgar Babilon mit den Zügen spielen.

Die Kinder werden die Modelleisenbahn vermissen, die jedes Jahr vor Weihnachten ihre Runden im Schaufenster von Babilon & Zschegel drehte. Bald werden die Enkel von Edgar Babilon mit den Zügen spielen. © Reinhard Schmitz

Über dem Schreibtisch mit den Geschäftsordnern hängt dagegen eine Fotowand mit den bekanntesten Gipfeln Österreichs und der Schweiz. Erinnerungen an Touren in den Alpen. „Matterhorn, Watzmann, Dolomiten-Höhenweg“, zählt der begeisterte Kletterer nur einige Höhepunkte auf.

Sein Hobby kam ihm gut zu passe, als der Boom der Satellitentechnik beim Fernsehen einsetzte und überall Empfangsschüsseln zu montieren waren. „Ich bin oft genug aufs Dach gegangen“, berichtet Edgar Babilon.

Ungefähr 100 Jahre alt ist der historische Radio-Empfänger in den Regalen von Babilon & Zschegel.

Ungefähr 100 Jahre alt ist der historische Radio-Empfänger in den Regalen von Babilon & Zschegel. © Reinhard Schmitz

Eine weitere aufregende Zeit war, als bei Babilon & Zschegel im Dezember 1997 eine der ersten Post-Agenturen weit und breit eingerichtet wurde. „Mit Bankverkehr“, wie der Inhaber erzählt. Für das Geld war extra ein großer Tresor eingebaut.

Sogar aus Hennen und Lichtendorf kamen die Kunden gefahren. Acht Jahre später war Schluss damit, weil die Post den Vertrag gekündigt habe. Als Ersatz wurde ein Hermes-Shop eröffnet. Weitere Standbeine wurden der Verkauf von Schulbedarf, Dekorationen und Geschenkartikeln.

Geöffnet wird nur noch telefonischer Terminabsprache

Was jetzt noch da ist, muss alles raus. Auch das Röhrenradio, der Schallplattenspieler und sogar die Uralt-Kasse werden abgegeben. Geöffnet wird zum Räumungsverkauft aber nur noch nach Vereinbarung unter Tel. (02304) 415 19.

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