Herbert Müller, Geschäftsführer der Tagespflege Am Weidenbusch, sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, die Pflegezuschüsse zu erhöhen.

Herbert Müller, Geschäftsführer der Tagespflege Am Weidenbusch, sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, die Pflegezuschüsse zu erhöhen. © Laura Quellenberg

Preissteigerungen in der Pflege: „Der alte Mensch ist der Gekniffene“

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Überall steigen die Preise. Doch die Budgets für Pflegebedürftige bleiben gleich. Warum sich der Inhaber der Schwerter Tagespflege Am Weidenbusch um seine Gäste sorgt.

Schwerte

, 21.07.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die allgemeinen Preissteigerungen für Energie, Lebensmittel und andere Bereiche betreffen aktuell alle Bürger. Besonders hart trifft es nach Ansicht von Herbert Müller, Geschäftsführer der Tagespflege Am Weidenbusch, allerdings Rentner, insbesondere wenn sie einen Betreuungs- oder Pflegebedarf haben.

Mehr zahlen oder Leistungen streichen

„Das, was der Gesetzgeber ursprünglich wollte, nämlich einen Vorrang für ambulante Dienste in der Pflege, wurde nun konterkariert“, so Müller. Möglich habe das bisher eine gute abgestimmte Kombination aus Leistungen von ambulanten Pflegediensten, Betreuung in einer Tagespflege und Hilfe von Angehörigen ermöglicht.

Da in vielen Familien mittlerweile beide Partner arbeiten müssen und ein erheblicher Mangel an Pflege-Mitarbeitenden herrsche, stehen bei ambulanten Pflegediensten oft schon keine Kapazitäten mehr frei.

Während die Personalkosten durch neue Tarifverträge ab dem 1. September erhöht werden und die allgemeinen Kosten weiter steigen, biete der Staat den Pflegebedürftigen keine höheren Zuschüsse. „Durch die Preissteigerungen können viele Tagespflegegäste schon jetzt oder bald die Zuzahlungsbeträge nicht mehr zahlen und müssen ihre Leistungen einschränken“, so Müller.

Tagespflegen bieten Betreuung, Pflege und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Durch die Preissteigerungen könnte es passieren, dass viele Tagespflegegäste schon jetzt oder bald ihre Leistungen einschränken müssen, so Müller.

Tagespflegen bieten Betreuung, Pflege und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Durch die Preissteigerungen könnte es passieren, dass viele Tagespflegegäste schon jetzt oder bald ihre Leistungen einschränken müssen, so Müller. © picture alliance/Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa

Der Geschäftsführer der Tagespflege in Schwerte-Holzen setze sich zwar dafür ein, dass die Mitarbeiter der Pflegedienste gut bezahlt werden, allerdings nicht auf Kosten der Pflegebedürftigen. „Unsere Gäste kriegen trotz der Lohnerhöhungen keinen Cent mehr in den Zuschüssen.“ Entweder müssen die Pflegebedürftigen in Zukunft mehr zahlen oder weniger Hilfe in Anspruch nehmen. „Der alte Mensch ist am Ende der Gekniffene.“

Kosten übersteigen Budget um über 300 Euro

Ein Gast mit Pflegegrad 2, der beispielsweise an zwei Tagen in der Woche die Tagespflege besuche und den Fahrdienst in Anspruch nimmt, erhalte einen monatlichen Zuschuss der Pflegeversicherung in Höhe von 689 Euro für Betreuung, Pflege und Fahrtkosten. Die Kosten überstiegen den Zuschuss in diesem Fall um 300 Euro. Durch die steigenden Benzinpreise habe zudem auch der externe Fahrdienst, den Müllers Tagespflege anheuert, seine Preise kürzlich um 50 Prozent erhöht. „Der Teil des Pflegebudgets, der nun zu einem größeren Teil in den Fahrdienst fließt, fehlt dann wieder an einer anderen Stelle der Betreuung.“

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Noch seien in der Tagespflege Am Weidenbusch keine rückläufigen Gäste-Zahlen zu erkennen. Das liege daran, dass der Pflegedienst seine Preise stets vier Wochen im Voraus mitteilen müsse und bis Ende August somit selber die Mehrkosten trage. „Wie stark sich die Änderungen auswirken, sehen wir also erst ab dem 1. September.“

Vom Gesetzgeber erwartet Herbert Müller eine Anpassung der Zuschüsse für die Tagespflege. Bisher gebe es seiner Ansicht nach keine Maßnahmen, um die strukturelle Unterversorgung des Sozialsystems zu ändern. „Müssen die Einrichtungsträger die Mehrkosten auch in Zukunft aus eigener Tasche zahlen, werden gerade kleinere Unternehmen zwangsläufig in den Konkurs getrieben.“

Die Leidtragenden seien aber vor allem die unterstützungsbedürftigen Menschen, denen zusätzliche Kosten aufgebürdet werden, während der Staat durch höhere Lohnsteuereinnahmen noch profitiere.

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