Polizei und Feuerwehr sichern die Laternenumzüge der Kindergärten und Schulen in Schwerte nicht mehr ab. Sie schrumpfen auf Mini-Routen. Der nächste Ärger droht Rosenmontag.
Mit den Laternen nur noch eine Runde um den Geisecker Sportplatz statt durch das halbe Oberdorf. Und für das Pferd von St. Martin ist auch kein Platz mehr. Nach den Schützen-Festzügen bedroht der Rückzug von Polizei und Feuerwehr aus allen Absicherungs-Aufgaben auch die traditionellen Martinszüge. Wenn sie nicht ausfallen sollen, müssen die Veranstalter die Routen oft so zusammenstreichen, dass sie kaum das Anzünden der Kerzen lohnen. Oder die Strophen von „St. Martin, St. Martin“ bei der Rückkehr noch gar nicht alle zu Ende gesungen sind.
„Wir sind darüber sehr enttäuscht“, sagt Daniela Thamm vom Fördervereins-Vorstand der Geisecker Kindertagesstätte „An der Ulme“. Ihren Kindern erzählen die Eltern natürlich von alledem nichts, um ihnen die Freude nicht zu verderben. Aber in ihren eigenen Herzen sieht es anders aus. „Das war immer so eine schöne Atmosphäre“, trauert Daniela Thamm dem großen Martinszug durch Buschkampweg, An den Berken und Narzissenweg nach, bei dem sie selbst als kleines Mädchen immer mitgelaufen ist.
Solange sie denken kann, gibt es den Brauch. Seit mindestens 40 Jahren. Auch die Nachbarn am Wegesrand freuten sich darauf. Viele illuminierten ihre Vorgärten mit Lampions und Windlichtern oder beleuchteten stimmungsvoll ihre Fenster. Ganz romantisches Dorfleben, wie aus dem Bilderbuch. Und das soll jetzt zu Ende sein?
Elternbeirat: „Schade, dass das Brauchtum ausgehebelt wird“
„Es ist schade, dass durch diese Restriktionen das ganze Brauchtum ausgehebelt wird“, sagt Stefan Simon vom Jugendamts-Elternbeirat. Nachdem er bei der Organisation seines Ungarischen Tages in der Innenstadt auf ähnliche Schwierigkeiten gestoßen war, hatte er Mitte September Vertreter der Kindergärten und der Stadtverwaltung an einen Runden Tisch eingeladen, um zu klären: „Wie dürfen wir jetzt laufen?“ Diese Frage sollte schließlich nicht jede der sieben Grundschulen und der 23 Kindergärten einzeln an das Ordnungsamt stellen. Anwesend – so Stadt-Pressesprecher Carsten Morgenthal – waren schließlich bei dem Termin im Rathaus 15 Teilnehmer. „Wir haben ihnen die Sach- und Rechtslage verdeutlicht“, sagt er: „Das gilt auch für andere Umzüge als Schützenumzüge.“
„Es ging darum, was zusätzlich zu tun ist. Vor allem, weil die Polizei nicht mehr dabei ist“, berichtet Simon. Die Ordnungshüter wollen ihre Kräfte auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Und der Feuerwehr ist die Absicherung aus Haftungsgründen untersagt worden. Das städtische Ordnungsamt sei aber „sehr, sehr hilfsbereit gewesen“, sagt Simon. Die Friedrich-Kayser-Schule habe beispielsweise eine Lösung gefunden, damit das Pony von St. Martin nicht nur über den Asphalt des Schulhofs trippeln muss: Die Kinder weichen auf eine Runde rund um den angrenzenden Stadtpark aus, um „Laterne, Laterne – Sonne, Mond und Sterne“ oder ihre anderen Martinslieder anzustimmen.
Stadt: „Wir sind behilflich, mit den Kitas eine Wegstrecke zu finden“
„Wenn Bedarf ist, stehen wir offen und sind behilflich, mit den Kitas eine Wegstrecke zu finden“, bietet Morgenthal weiterhin die Hilfe seiner Kollegen aus der Stadtverwaltung an. Man könne dann auch Hinweise geben, wie die Route abzusichern sei.
Mit Baken, Verkehrsschildern und anderem Absperrmaterial kann die Stadt allerdings erst im nächsten Jahr aushelfen. „Es muss noch beschafft werden“, berichtet Morgenthal. Diese Unterstützung war den Schützenvereinen Anfang September bei einem Runden Tisch mit Bürgermeister Dimitrios Axourgos versprochen worden. Außerdem wollte die Stadt prüfen, ob eigene Fahrzeuge beispielsweise für zu errichtende Wegsperren zur Verfügung gestellt werden können.
Mit dem Martinstag ist das Thema noch nicht vom Tisch. Es wird – so Simon – auch den zur schönen Tradition gewordenen Rosenmontagszug der Schwerter Grundschulen betreffen, der von den Betreuerinnen aus dem Offenen Ganztag organisiert wird. Die übliche Route von der Friedrich-Kayser-Schule zum Markt sei im Februar wohl ausgeschlossen, wie er erfuhr. Er würde an dem Engpass der Hüsingstraße entlangführen, wo die Baustelle auf dem Essmann/Lauterbach-Gelände für Gefahren sorge.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
