Mit der Entscheidung, ohne Sahra Wagenknecht zu planen, habe die Linke ein Drittel ihrer Mitglieder verprellt, sagte jüngst der Linke-Bundestagsabgeordnete und Ostbeauftragte der Partei Sören Pellmann. Es gebe an der Basis großes Unverständnis.
Montag, 21. August, in Westhofen: Mit Peter Weyers sitzt hier praktisch die Basis. Und Verständnis für den Umgang seiner Partei mit Wagenknecht hat der Schwerter Linke längst nicht mehr.
Unmissverständlich macht er an diesem Morgen im Gespräch mit der Redaktion klar, dass die Zukunft der Partei ohne Wagenknecht auch eine Zukunft ohne ihn bedeute. Genau wie sein Genosse Karl-Heinz Schimpf, will der Sprecher des Schwerter Stadtverbandes aus der Partei austreten, sobald es zur Spaltung kommt.
Dass das nicht mehr abzuwenden sei, glaubt Weyers ganz fest. „Trotzdem möchte ich den Parteikonvent abwarten“, sagt er. Dieser Konvent soll noch vor dem Bundesparteitag im Herbst Vorstand und Bundestagsfraktion zusammenbringen, um die Frage zu beantworten: Bekommen wir das noch gemeinsam hin?
Partei vor der Zerreißprobe
Seit Wochen steht die Linkspartei in der Diskussion über den Umgang mit Sahra Wagenknecht – und am Ende steht sie auch vor der Zerreißprobe. Bereits im Juni 2023 hatte sich die Schwerter Linke hinter Sahra Wagenknecht gestellt, die zu diesem Zeitpunkt erstmals zur Rückgabe ihres Bundestagsmandats aufgefordert worden war. Weyers spricht – wie auch im Juni – über eine jahrelange Mobbing-Kampagne gegen die einzig verbliebene Galionsfigur der Linken, angefangen 2016 mit dem sogenannten Tortenwurf in Magdeburg, als ihr AfD-Nähe unterstellt worden war.
Letzteres könne Weyers nicht verstehen, wenngleich es mit der Asyl- und Migrationspolitik Themen gebe, über die man eben sprechen müsse: „Wenn es regnet, und die AfD sagt, es regnet, werde ich nicht behaupten, dass die Sonne scheint“, zitiert er die „linkskonservative“ Politikerin an diesem Morgen. Wichtig sei am Ende, welche Schlüsse man aus Sachverhalten ziehe. Und dass Geflüchtete Schuld seien an einer verfehlten Wohnungsmarkt- oder Arbeitsmarktpolitik, sei ein falscher Schluss.
Die Propaganda, die die AfD mache, würde „ganz einfache Instinkte und Ängste ansprechen“ – anders als Wagenknecht das tue. „Wichtig ist, das Hauptaugenmerk auf die ökonomische Diskriminierung zu legen. Menschen werden sozial ausgeschlossen, weil sie wirtschaftlich abgehängt werden. Diese Diskriminierung betrifft alle – und da sollten wir ansetzen“, sagt Weyers.
„Putin-Freunde sitzen in der AfD“
Auch beim Thema Ukraine-Krieg verteidigt Weyers die Spitzenpolitikerin: „Jeder, der sich für diplomatische Lösungen stark macht, für eine echte Friedenspolitik, wird direkt als Putin-Versteher diffamiert. Die Putin-Freunde sitzen in der AfD und nicht in der Linkspartei“, so Weyers.
Ob er Wagenknecht auch in eine neue, von ihr gegründete Partei folgen würde, hänge vom Gründungsaufruf ab. „Mir kommt es dann schon auf die Inhalte an und nicht nur auf die Galionsfigur Wagenknecht – und auf eine ganz klare Abgrenzung nach Rechts“, sagt der Linken-Politiker. „Ich glaube, dass ich mit den allermeisten Sachen d’accord gehen würde.“
Dass viele AfD-Wähler von einer neuen Partei angesprochen werden könnten, glaubt Weyers indes auch. „Viele, die heute AfD wählen, haben früher die Linke gewählt. Wenn man diese Menschen bewegen könnte, in den Schoß einer Partei zurückzukehren, die auf dem Fuße der freiheitlichen Grundordnung steht, wäre das zu begrüßen.“
Lokale Neugründung?
Sollte er selbst nicht mit der Parteilinie einer neuen Wagenknecht-Partei mitgehen, überlege er schon, mit Mitstreitern eine lokale linke Partei zu gründen, um die Ziele – allen voran die Bekämpfung der Armut in der Stadt – weiter zu verfolgen.
Wie ein lokaler Zusammenschluss heißen könnte, „darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, sagt Weyers noch. Sehr wohl aber darüber, dass die Linke ohne Wagenknecht auch für ihn Geschichte ist. Bleibt abzuwarten, ob und wann es einen endgültigen Absprung geben wird.
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