
© privat
SPD-Abgeordneter im Wahlkampf: „Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro offenlegen“
Bundestagswahl 2021
Es gab gewiss leichtere Zeiten, um für die SPD im Kreis Unna ein Bundestagsmandat zu erringen. Oliver Kaczmarek (50) versucht es trotzdem wieder – unter anderem mit größtmöglicher Transparenz.
Seine Partei dümpelt bundesweit in den Umfragen bei 14 bis 15 Prozent, musste im Kreis Unna gerade die Briefkopf-Affäre um den inzwischen zurückgetretenen Landtagsabgeordneten Rüdiger Weiß überstehen. Es gab gewiss leichtere Zeiten, für die SPD in den Wahlkampf zu ziehen. Oliver Kaczmarek tut es trotzdem wieder – und will bei der Bundestagswahl am 26. September zum bereits vierten Mal direkt ins Parlament gewählt werden.
Oliver Kaczmarek gehört dem Bundestag bereits seit zwölf Jahren an
Obwohl der Kamener mit 50 Jahren noch gar nicht allzu alt ist, gehört er dem Bundestag bereits seit zwölf Jahren an und hat seinen Wahlkreis Unna I, der sich von Bergkamen bis nach Schwerte erstreckt, seit 2009 immer gewonnen.
Ob das wieder so kommen wird, scheint freilich angesichts des Erstarkens der aktuellen Stimmungslage keineswegs sicher. „Ich halte den Ausgang heute für völlig offen“, sagt Kaczmarek selbst und spricht von einer „schwierigen Situation“ für die SPD. Es gebe eine Chance, „aber wir müssen richtig daran arbeiten“.
„Diese Hausbesuche mache ich immer in den Sommermonaten“
Er selbst will mit gutem Beispiel vorangehen, hat den Wahlkampf vier Monate vor dem Termin bereits eingeläutet. Dafür zieht Kaczmarek in seinem Wahlkreis buchstäblich von Haus zu Haus, klingelt an und versucht, mit den Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen. „Diese Hausbesuche“, sagt er, „mache ich immer in den Sommermonaten“, also unabhängig von Wahlen.

Der Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek (SPD) war zu Gast in unserer Redaktion. © Stefan Milk
In den Köpfen der Menschen, so die Erfahrung nach den ersten Runden in Bergkamen, Holzwickede und Bönen, spielt die Bundestagswahl gerade ohnehin keine große Rolle. Die Menschen seien überwiegend freundlich, sogar „zu 95 Prozent“, auch wenn die Zurückweisungen ein bisschen zugenommen hätten. Kaczmarek versucht stets seine Kontaktdaten zu hinterlassen und das mitzunehmen, was die Bürger bewegt. Weil es dabei oft um die Probleme vor der eigenen Haustür geht, ist immer ein Ratsmitglied der SPD an der Seite des Abgeordneten. Die Parkraumnot in der Wohnstraße wird schließlich nicht im Bundestag gelöst.
Eingriff in Grundrechte war „nötig“, aber auch eine „Riesen-Belastung“
Gleichwohl gibt es dort viele Dinge zu bewegen und entscheiden, die sich direkt im heimischen Wahlkreis auswirken. Corona und das Infektionsschutzgesetz lassen grüßen. Kaczmarek bezeichnet die Einschränkungen von Grundrechten als nötig, um Menschenleben zu retten, spricht aber auch von einer „Riesen-Belastung“. Jetzt geht es gerade viel um Entlastung, um mehr Freiheit und mehr soziales Miteinander. Kaczmarek hat als Sprecher seiner Fraktion für Bildung und Forschung zum Beispiel am „Aufholpaket“ für Kinder und Jugendliche mitgearbeitet. Soziale Arbeit soll verstärkt werden, Kinder- und Jugendfreizeiten ermöglicht und Kinder aus bedürftigen Familien sollen mit einem „Freizeitbonus“ von 100 Euro auch daran teilhaben.
Damit das alles hier vor Ort wirkt, schreibt Kaczmarek gerade Briefe an alle Träger der Jugendhilfe, an Kitas und Schulen.
Die Arbeit als Abgeordneter für seinen Wahlkreis, zudem für seine Partei, deren Unterbezirk Unna er seit 16 Jahren führt, laste ihn voll aus, sagt er. Zumal er Vater einer Sechsjährigen ist und auch noch diverse ehrenamtliche Tätigkeiten etwa für die Aids-Hilfe im Kreis Unna oder für die Stiftung Lesen ausübt.
Oliver Kaczmarek hat keine Nebeneinkünfte
Nebentätigkeiten, die ihm zusätzliche Einkünfte verschaffen, hat Kaczmarek nicht. Das Transparenzgesetz, das die Große Koalition in Berlin nach der Masken-Affäre um einige Unionsabgeordnete auf den Weg gebracht hat, dürfte aus seiner Sicht gerne noch schärfer sein. „Wenn es nach mir ginge, würden Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro offengelegt.“
Er frage sich oft, woher Kollegen die Zeit nähmen, noch zusätzliche Jobs an Land zu ziehen. „Muss man noch eine Unternehmensberatung gründen, wenn man Abgeordneter wird?“ Er sei jedenfalls da, um Politik zu machen. Und das will er auch weiterhin.
„Unverständnis“ über Rüdiger Weiß, aber die Sache ist abgeschlossen
Auf seinen Parteikollegen Rüdiger Weiß, dessen Briefkopf-Affäre sich an dem Streit um die Erstattung von 50 oder 100 Euro einer Reise-Anzahlung entzündete, ist Kaczmarek bei seinen Hausbesuchen bereits angesprochen worden. Es herrsche „allgemeines Unverständnis“ über einen Vorgang, der nach wie vor nicht zu erklären sei, gibt Kaczmarek den Tenor wieder.

Über die Briefkopf-Affäre um Rüdiger Weiß sagt Oliver Kaczmarek: „Es gab eine klare Distanzierung vonseiten der Partei und einen Rücktritt von allen Ämtern.“ © Stefan Milk
Er betont aber auch, dass die Sache mit allen nötigen Konsequenzen abgeschlossen sei. „Es gab eine klare Distanzierung vonseiten der Partei und einen Rücktritt von allen Ämtern.“