„Sie haben heute einen guten Tag erwischt. Sonst sieht es hier noch schlimmer aus“, begrüßt mich Bernd Kampmann, der mir sowohl die aktuellen als auch die zukünftigen Gegebenheiten am Kleinen Marktplatz in Schwerte zeigen möchte. Genauer gesagt, geht es um Müll – viel Müll.
An diesem Montag (6.11.) tummeln sich auf dem Platz überfüllte Mülltonnen, die wahllos ohne festen Platz dort stehen. Es scheint, als wisse niemand so richtig, wohin mit ihnen. „Viele Passanten halten die privaten Tonnen für öffentliche Mülleimer, daher sind sie so voll“, erklärt Bernd Kampmann. Er ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses am Kleinen Markt und beobachtet seit Jahren die Müllsituation vor Ort.
In diesem Moment gesellt sich ein Anwohner-Pärchen zu uns, das feststellen muss, dass seine Tonne an diesem Tag nicht geleert worden ist. „Wo hält die Müllabfuhr überhaupt? Heute wäre die Tonne dran gewesen“, wundert sich der Mann. Ratloses Schulterzucken aller Beteiligten. Auch das Paar fragt sich, warum so viele Tonnen kreuz und quer über den Platz verteilt stehen. Es komme öfter vor, dass der Müll auf der Straße liege und die Müllabfuhr die Tonnen nicht leere, erzählen die beiden.
„Pinkel-Ecke“ und Gestank
Seit Februar 2023 befindet sich mitten auf dem Kleinen Marktplatz eine Art Gitterkäfig, hinter dem sich weitere Mülltonnen verstecken. Diese Behälter unterliegen Sondergenehmigungen, wie die Stadt bereits im Februar 2023 mitteilte. Denn eigentlich dürfen private Mülltonnen nur zur Leerung auf öffentlichem Terrain abgestellt werden. Ob wirklich alle sich dort befindlichen Mülltonnen diese Sondergenehmigung haben, sollte bereits im Februar geprüft werden.
„Vor allem im Sommer stinkt es, der Müll zieht Ungeziefer und Ratten an, die ins Haus kommen“, klagt Bernd Kampmann. Mehrmals habe er selbst für die Kosten der Schädlingsbekämpfung aufkommen müssen, erzählt er. Besonders betroffen sei die Reinigung Brocke. „Gerade als Reinigung ist es untragbar, von Fliegen und Ungeziefer geplagt zu werden.“
Der Wählervereinigung für Schwerte (WfS Fraktion) ist das Problem durchaus bekannt. Mit einem Brief an Bürgermeister Dimitrios Axourgos, der der Redaktion vorliegt, setzt sie sich im Namen der Anwohnerinnen und Anwohner für eine Veränderung der Situation ein und weist auf den aktuell zweifelhaften Ruf als „Pinkel-Ecke“ hin. Hinzu komme der stinkende Müll: „Besonders an warmen Tagen dominiert ein beißender Geruch auf dem Kleinen Marktplatz“, sagt Andreas Czichowski, Fraktionsvorsitzender der WfS Fraktion.

„Aus dem Hinterhofcharakter heraus“
Sobald der Umbau des „großen“ Marktplatzes abgeschlossen ist, soll auch der Kleine Marktplatz einer modernen Umgestaltung unterzogen werden. Diese Umgestaltung sieht vor allem eine Verbesserung der aktuellen Müllsituation vor. „Der Müllkäfig verschwindet“, erklärte Ingo Rous, Pressesprecher der Stadt Schwerte, im Februar 2023.
Mit einem Müllhaus, das auf das Dach der Tiefgarageneinfahrt gebaut werden soll, soll das aktuelle Problem gelöst werden. Eben diesem Bau blickt Bernd Kampmann allerdings sorgenvoll entgegen: „Wir wollen aus dem Hinterhofcharakter heraus, aber das ist damit einfach nicht gegeben.“
Die Dachhöhe werde fünf Meter betragen. Die Anwohner an der Heilig-Geist-Straße hätten damit eine Müllstation direkt vor ihren Wohn- oder Schlafzimmerfenstern. Das verschärfe sich durch die offene Gestaltung des Hauses. Der Geruch würde direkt in die Wohnungen hereinziehen. „Das Ungeziefer kommt jetzt schon in die Häuser. Es wird damit noch schlimmer werden“, prophezeit Bernd Kampmann.

Müllhaus „nicht notwendig“
Die Mülltonnen, die für das Müllhaus vorgesehen sind, seien im Wesentlichen nur für den Gewerbemüll der Gastronomien auf der Südseite des Marktplatzes bestimmt, schreibt die Wählervereinigung in dem Brief an die Stadt. Die übrigen losen Müllbehälter, die auf dem Platz stehen, hätten weiterhin keinen ordentlichen Ort, an dem sie abgestellt werden könnten.
Die Notwendigkeit dieses Müllhauses sei für die WfS Fraktion nicht ersichtlich, heißt es in dem Brief. Auch Bernd Kampmann findet das geplante Müllhaus unsinnig. „Normalerweise sind die Gewerbe selbst verantwortlich für die Entsorgung ihres Mülls. Das sollte in Zukunft auch einfach so sein“, erklärt er. Das gelte im Übrigen auch für die aktuelle Umzäunung der Tonnen, die die Ästhetik des Platzes vermindere.
Ein Blick in den Käfig zeigt außerdem acht große Müllcontainer, die laut Plan zu schwer sind, um im Müllhaus abgestellt zu werden. Als Lösung schlägt die Planung das Abstellen unter einem Vordach des Hauses vor. Dort ist aber nur Platz für vier Container eingezeichnet. „Wo kommen die anderen vier Container hin?“, fragt sich Bernd Kampmann.

„Heilig-Geist-Straße verschwindet“
Eine weitere Gefahr sehen Bernd Kampmann und die WfS Fraktion in der geplanten Rampe, die in der Heilig-Geist-Straße als Aufgang zum Müllhaus dienen soll. Die mittelalterliche Gasse würde sich dadurch immens verschmälern und zwischen Rampe und Hausfassade betrage der Abstand nur noch 2,88 Meter. „Für einen normalen Fußgängerweg bedarf es mindestens 3 Meter. Die Straße verschwindet somit einfach“, befürchtet Bernd Kampmann.
Auch im Brief der WfS Fraktion fordert Andreas Czichowski im Namen der Anwohner, dass die alte Trasse ihren ursprünglichen Zustand beibehält und damit weiterhin einen hellen und freundlichen Eindruck erwecken kann.
Unter der Heilig-Geist-Straße verlaufen zudem Versorgungsleitungen, die durch den Bau der Rampe verbaut werden würden. Ob es andere Konzepte für die Abwasser-Planung gibt, weiß niemand. „Bei all meinen Fragen fühlt sich niemand verantwortlich. Ich bekomme keine Antworten“, beklagt sich Bernd Kampmann.

Ohnehin sei die Rampe nach seinen Berechnungen zu steil geplant: „Mit einem einfachen Dreisatz lässt sich belegen, dass die Steigung statt angegebenen 6 Prozent, 20 Prozent beträgt. Wie sollen da schwere Mülltonnen hochgezogen werden?“
Eine weitere Frage, die zunächst offen bleibt, ist die Müllentsorgung selbst. Wer stellt die Mülltonnen heraus? Wo hat das Müllauto Platz zum Rangieren und was ist beispielsweise mit Anlieferungen für die Wäscherei?
Cyber-Attacke verlangsamt Prozess
Als Lösung schlägt Bernd Kampmann vor, dass der Gewerbemüll der angrenzenden Gastronomien und Büros anderweitig beseitigt wird. „Dann müsste dieses Haus überhaupt nicht gebaut werden“, sagt er.
Für die anderen Tonnen müssten Müllschränke besorgt werden, die abschließbar sind. So vermeide man auch die öffentliche Nutzung dieser privaten Tonnen. „Mich interessiert brennend, was die Stadt zu all dem sagen würde.“
Auch Andreas Czichowski wartet noch auf eine Stellungnahme seitens der Stadtverwaltung. „Im Rathaus herrscht aktuell ein desolater Zustand. Durch die Cyber-Attacke steht nahezu alles still“, sagt Andreas Czichowski, drückt damit sein Verständnis aus und fasst zusammen: „Wirklich niemand wird Freude an dem Kleinen Marktplatz haben, das ist ganz klar.“ Auch eine Anfrage der Redaktion an die Stadt blieb bislang unbeantwortet.

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