Meinung

Das „Frollein Reporter“ findet: Gendersprache ist ein Muss

Die Schwerter FDP möchte die Gendersprache am liebsten abschaffen. Anstatt sich um Formulierungen zu streiten, empfiehlt unsere Autorin Gelassenheit – und einen Schuss Humor.

Schwerte

, 22.08.2022 / Lesedauer: 3 min

Natürlich nervt sie mich auch, die Gendersprache. Gerade wenn ich knackige Artikel schreiben möchte, sind Formulierungen wie „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, „Lehrerinnen und Lehrer“ oder „Schülerinnen und Schüler“ eine Herausforderung. Lang und weilig. Früher hätte Gendersprache vermutlich mein Honorar verdoppelt – da wurde ich nach Zeilen bezahlt.

Trotzdem gehört Gendern inzwischen zum Alltag. Meist finde ich Wege, um die lästigsten „Sprachungeheuer“ zu vermeiden. Aus Schülerinnen und Schülern werden Kinder und Jugendliche, Lehrerinnen und Lehrer werden zu Lehrkräften, aus Feuerwehrmännern werden Feuerwehrleute. Und ich breche mir auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich mal „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ schreibe.

„Die Herrschaften von der Presse sind da!“

Denn Sprache wandelt sich. Kam ich vor 25 Jahren mit der Kollegin gemeinsam zum Termin beim Schützenverein, hieß es: „Oh, die Herrschaften von der Presse sind da. Möchten die Frollein Reporter auch ein Bier?“

Die Pressemitteilungen, die (mitunter noch in Sütterlin) in der Redaktion eingingen, waren an die „Herren Zeitungsredakteure“ gerichtet. Und wenn ich allein in der Redaktion war, fragte der Vorsitzende des Männergesangsvereins beim Hereinkommen: „Wie, keiner da?“ Niemand fragte, ob mich das nervt.

Auch ich habe damals anders geschrieben als heute. Nie wieder würde ich schreiben, dass der Bürgermeister „es sich nicht nehmen ließ, eigens anzureisen“, um „das Tanzbein zu schwingen“ und dann eine Bratwurst zu essen, denn „für das leibliche Wohl war gesorgt“.

Das zeigt, wie lebendige Sprache sich verändert – glücklicherweise. Und mit jeder Veränderung gibt es Diskussionen. Genau wie bei Anglizismen oder der Jugendsprache – ich habe zwei Söhne, die sich untereinander gern mit „Digger Alter“ ansprechen. DAS würde ich gern verbieten. Kann ich aber vergessen.

„Weibliche Person wurde ins Krankenhaus verbracht“

Das Argument der FDP, dass Gendersprache die Kommunikation verkompliziere, kann ich auf gewisse Weise nachvollziehen. Ganz abgesehen davon, dass unser „Behördendeutsch“ auch ohne Gendern mitunter verrückte stilistische Blüten treibt.

In der Polizeimeldung ist der Blinker ein „Fahrtrichtungsanzeiger“ und die Frau eine „weibliche Person“, die ins Krankenhaus „verbracht“ wurde. Vielleicht könnte die FDP dort einmal mit einem entsprechenden Antrag einschreiten.

Den Sinn für Humor behalten: „Füllspachtel innen“

Im Sinne der Gleichberechtigung würde ich aber sagen: Gendern in der Stadtverwaltung zu verbieten, ist keine Option. Da müssen wir halt durch. Auch die FDP. Irgendwann ist es dann ganz selbstverständlich. In der Zwischenzeit gibt es wichtigere Probleme.

Und weil ich finde, dass man (oder frau) gelassen bleiben und seinen (oder ihren) Sinn für Humor behalten sollte, lache ich trotzdem darüber, wenn ich einen Beutel „Füllspachtel innen“ kaufe und mich frage, ob der Baumarkt jetzt den Spachtel gendert. Oder wenn die Uni-Professorin meine Freundin bittet, in der nächsten Hausarbeit über den Wittener Sackträgerbrunnen doch bitte auch das Wort „Sackträger“ in „Sackträger:innen“ zu ändern.

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