
Sobald die letzten Sonnenstrahlen den Horizont erreichen, werden sie wach. An einen gemeinsamen Tag-Nacht-Rhythmus ist in den Ferien nicht zu denken. © Martina Niehaus
Teenager im Ferienmodus: Mein Leben mit Vampiren
Kolumne
Alle machen Panik, wenn sie eine Nosferatu-Spinne sichten. Ich hingegen lebe mit gleich zwei Nosferatu-Originalen zusammen. Denn ab 13 Jahren mutieren die meisten Kinder zu Vampiren.
Die Herbstferien sind da – und in der ersten Woche hat uns eine Hochdruckzone richtig schönes Wetter beschert. Der „Goldene Oktober“ mit blauem Himmel, milden Temperaturen und sonnigen Stunden hätte meine Jungs noch vor knapp zwei Jahren nach draußen gelockt. Heute bin ich froh, wenn sie tagsüber überhaupt das Bett verlassen.
Dass man mit 13 und 15 Jahren seinen Schlaf braucht, ist ja keine Frage. Doch inzwischen habe ich das Gefühl, dass die Herren sich wieder zurückentwickeln. Als Babys schliefen sie tagsüber und machten die Nächte durch. Ein typischer Tag sieht heute ähnlich aus.
Der typische Teenager-Tag in den Ferien
8 Uhr: Mein Mann und ich müssen in der ersten Ferienwoche noch arbeiten und stehen daher früh auf. Den Kaffee auf der Terrasse genießen wir zu zweit. Dass die Jungs um 8 Uhr aufstehen, erwarten wir ja gar nicht.
10 Uhr: Vorausgesetzt, wir haben Homeoffice, sitzen wir seit einer Stunde am Laptop und arbeiten. Die Katze leistet uns Gesellschaft. Sie möchte gefüttert, rein- und rausgelassen werden. In den oberen Zimmern rührt sich niemand.
12 Uhr: In den oberen Zimmern rührt sich niemand.
14 Uhr: Das Mittagessen ist fertig, mein Mann und ich essen schnell etwas zusammen auf der Terrasse – schließlich scheint die Sonne. Die Katze ist bei uns. Ach ja, in den oberen Zimmern rührt sich niemand.
15 Uhr: Ich unternehme erste Weckversuche, indem ich Licht und Sauerstoff in die Zimmer lasse. Das nehmen mir beide Bewohner äußerst übel. Während der Kleine immerhin blinzelt, verkriecht sich der Große noch weiter unter der Decke. Er befürchtet wohl, von Sonnenstrahlen getroffen und in Asche verwandelt zu werden.

„Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“ heißt der Film aus dem Jahr 1922. Ein ähnlicher Film läuft bei uns zurzeit jeden Tag ab. Denn es sind Ferien. © picture alliance / dpa
17 Uhr: Die Herren haben inzwischen ihre Zimmer verlassen. Sie sind angezogen und haben „gefrühstückt“. Das bedeutet, sie haben direkt das Mittagessen verdrückt. Drinnen, vor dem Fernseher. Weil die Sonne zu hell ist, haben sie im Wohnzimmer das Rollo runtergelassen.
18 Uhr: Die Sonne geht allmählich unter und blendet nicht mehr so auf dem Fernsehbildschirm. So ein Glück.
19 Uhr: Mein Mann und ich haben irgendwann um diese Zeit Feierabend und versuchen, noch ein wenig Gartenarbeit zu schaffen oder einzukaufen. Das machen wir allein, die Jungs duschen nämlich gerade und haben keine Zeit zu helfen.

Bald....bald geht die Sonne unter. Zeit zum Aufstehen! © Martina Niehaus
Abends geht es nochmal auf Tour
20 Uhr: Der Kleine fährt mit dem Rad ins kühle Dunkel der Siedlung, um sich mit seinem Kumpel zu treffen. Angeblich zum Basketballspielen. Ich frage mich, ob dessen Eltern eine Flutlichtanlage besitzen. Gleichzeitig klingelt es. Drei Kollegen des Großen stehen vor der Tür, beladen mit Snacks. Während wir unten fernsehen, wird oben gelacht und gequatscht.
21 Uhr: Die gesamte Truppe poltert die Treppe herunter. „Wir fahren nochmal mit dem Rad zur Ruhr.“ Dass es inzwischen stockfinster ist, stört abgesehen von den besorgten Eltern niemanden. Die Katze legt sich schlafen.
22 Uhr: Der Kleine kommt zurück, nur mit einem T-Shirt bekleidet, und friert. Den Pullover hat er beim Basketballspielen ausgezogen und vergessen. Ich sichte schon mal die Hausapotheke für den nächsten Morgen.

Ohne Pulli bis zehn Uhr abends Basketball gespielt. Da weiß ich ja, wie die zweite Ferienwoche wird. © Martina Niehaus
23 Uhr: Der Große kommt zurück. Wir Eltern sind inzwischen halb auf dem Sofa eingeschlafen. Beide Jungs sind putzmunter und beschließen, sich noch Cheeseburger zu braten. Zwischendurch müssen sie mich wecken, damit ich ihnen sagen kann, wo sich Burger, Öl, Tomaten und die Bratpfanne befinden.
23.30 Uhr: Weil das Fett zu heiß und die Küchenfenster geschlossen sind, lösen die Jungs versehentlich den Rauchmelder aus. Jetzt sind auch der Papa, die Katze und alle Nachbarn wieder wach.
Mitternacht: Mein Mann und ich tasten uns durch die Rauchschwaden, ich schaue nach, ob der Herd ausgeschaltet ist. Wir wünschen den Jungs, die fröhlich kauend am Esstisch sitzen, Gute Nacht, und gehen ins Bett.
2 Uhr: Die Jungs kommen auch hoch. Auf dem Weg ins Bett schauen sie nochmal bei uns rein, wecken uns und wünschen uns ebenfalls Gute Nacht.
7 Uhr: Ich stehe etwas eher auf als gestern, damit ich vor dem Frühstück unten ein wenig lüften und die Bratpfanne spülen kann.
In den oberen Zimmern rührt sich niemand.
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
