
© Björn Althoff
Kletterwald Freischütz: „Wenn wir bis Mai nicht aufmachen, ist es zappenduster“
Corona-Folgen
Neue Wege, der Frühling knospt – die Saison 2020 könnte beginnen im Kletterwald Freischütz zwischen Schwerte und Dortmund. Doch der Chef sagt: zu lange Corona, das wäre das Aus.
Alles war vorbereitet. 75 Kubikmeter Holz hatten sie in den Wald gekippt, auf die Wege und Flächen. Das sind umgerechnet so viel wie zwei Übersee-Container.
„Es ist unglaublich“, hatte Patrick Hahnrath gesagt, der Geschäftsführer des Kletterwaldes Freischütz zwischen Schwerte und Dortmund: „Der Wald ernährt sich, glaube ich, davon. Das wird alles irgendwann verwertet von den Bodenorganismen. Aber es sieht so halt schön aus.“
Die hellen Holzschnitzel am Boden seien „gewaschenes, entrindetes Holz nach DIN-Norm“. Jahr für Jahr müsse man es neu ausstreuen. Jetzt also schon im achten Jahr. Man gehe ja in die achte Saison.
Corona? Mal schauen, hatte Hahnrath gesagt – und sein Blick sah schon ernst aus. Wenn man jetzt doch die Schulen dicht machen würde, dann wäre am Ende des Schuljahres sicher weniger Zeit für Ausflüge. Also weniger Einnahmen für ihn.

Handarbeit für Kletterwald-Geschäftsführer Patrick Hahnrath (r.) und seine Mitarbeiter: Es galt, 50 Kubikmeter Holz in den Wald zu kippen, also Vorbereitung für die Saison 2020. © Björn Althoff
Corona – sechs Tage später ist alles anders
Sechs Tage später hat sich alles gedreht: die ganze Welt, das ganze Land, aber auch die Ausgangslage am Freischütz. Freizeit ist verboten, zu groß die Gefahr, dass das Virus sich weiter verbreite. Aus Düsseldorf, aus Berlin kommen die Meldungen, die in Schwerte bedeuten: Der Kletterwald konnte nicht öffnen am Samstag, 21. März, so wie es geplant war.
„Wenn wir bis im Mai nicht aufmachen können, dann ist es wirklich zappenduster“, sagt Hahnrath: „Dann lohnt es sich auch nicht mehr, Kredite aufzunehmen. Dann schaffen wir es nicht mehr, über den Winter zu kommen.“
Dabei zieht er schon die Reißleine. Dabei sind die Voraussetzungen schon besser als anderswo. Die 5 Festangestellten sind in Kurzarbeit, den 31 Saisonkräften hat er schweren Herzens erst einmal absagen müssen.
Und der Verpächter des Geländes komme ja nun wirklich auch sehr entgegen – und wolle nicht Monat für Monat sein Geld sehen, ganz egal, ob er als Pächter nun Einnahmen hat oder nicht.
„Wir haben da ganz großes Glück“, sagt Hahnrath. Und dass der Kletterwald für das Gesamtkonzept Freischütz „mehr als ein Pfand“ sei. Zumal sich der gesamte Ort mit neuem Gastronomie-Betreiber ja neu finden könne.

Keine Rinde, nur Holz: Was neu auf die Wege im Kletterwald kommt, muss gewaschen sein, damit keine schädlichen Stoffe in den Waldboden dringen können. © Björn Althoff
Aber nun: Corona. Und selbst, wenn es kein Verbot gäbe für Freizeitangebote aller Art – der Kletterwald-Chef sagt: „Ich kann das meinen Mitarbeitern nicht antun.“ Man fasse nacheinander an dieselben Haken, Sicherungsgurte und Seile. Und wenn da jemand im Baum hänge und nicht mehr über den Parcours weitergehe, müsse man ihn eben herunterholen. Mit Mitarbeitern und eben auch mit: Körperkontakt.
Sachlich redet er. Aufgeräumt. So wie er zwei Wochen vorher im Wald erläutert hatte, warum die Seile und Plattformen so an den Bäumen befestigt seien und nicht anders. Warum es diese spezielle Holz-Mischung auf dem Boden sein müsse und nicht normaler Rindenmulch. Warum er hier hier oben im Schwerter Wald keine Sorge vor dem Eichenprozessionsspinner haben müsse.
Es sei doch so: „Jede Mitarbeiter muss ausgebildet werden.“ Also auch die 31, für die jetzt nichts zu tun sei. Für die er jetzt keine Arbeit mehr habe. „Dennoch: Das haben wir investiert.“
Langfristige Taktik: 10 Jahre reichen offenbar nicht
„Wir fallen nicht ins Bodenlose“, sagt Hahnrath. Was ein bemerkenswerter Satz für den Chef eines Kletterwalds ist. Was andererseits auch unterstreicht: In Panik ist er nicht.
Er plant langfristig, fast so wie ein Wald wächst. Zehn Jahre läuft der Pachtvertrag zwischen Waldeigentümer und der Freiraum GmbH, dessen Gruppe auch Kletterwälder in der Eifel, im Bergischen Land, bei Koblenz und in Bochum betreibt.
Acht von zehn Jahren sind rum. Man wolle um zehn weitere verlängern, sagt Hahnrath. Doch dazu – und das sagt er nicht so deutlich – muss man das Jahr 2020 auch überleben. Wirtschaftlich.
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
