Sein neuer Arbeitsplatz ist bislang eine Baustelle. Einen Gottesdienst in der St. Marien-Kirche konnte der Kantor der katholischen Gemeinde noch nicht begleiten, seitdem er im September 2022 sein Amt angetreten hat.
Denn die Kirche wird seit nunmehr sieben Monaten renoviert. Auch bleibt sie wohl noch bis mindestens Ostern geschlossen, um Energie zu sparen. Bevor er nach Schwerte gekommen ist, hat Johannes Trümpler (42) allerdings schon eine ordentliche Karriere als Kirchenmusiker hingelegt.
Zuvor war der 42-jährige Domorganist an der Dresdener Kathedrale und hatte einen Lehrauftrag für das Fach Orgel an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. In Schwerte möchte er die Menschen „mit Qualität für die Kirchenmusik begeistern“. Dem Kulturgut Kirchenmusik traut er zu, dem Kirchensterben nach Corona und etlichen Skandalen in der katholischen Kirche entgegenzuwirken.
Lust am Ausprobieren
„Nach sieben Jahren in Dresden war es Zeit für eine neue Aufgabe“, erklärt der Musiker. Über einen ehemaligen Studienkollegen hätte er von der Ausschreibung der Stelle in Schwerte erfahren und sich dann beworben. Seit September vergangenen Jahres ist Johannes Trümpler nun mit einer halben Stelle für die musikalische Gestaltung des Gemeindegeschehens in Schwerte zuständig. Mit einer weiteren halben Stelle arbeitet er für das Dekanat Unna und bildet hier unter anderem anstrebende Kirchenmusiker aus.
In einer Zeit, in der viele Kirchengemeinden mit rückläufigen Besucherzahlen kämpfen, sei es wichtig, Dinge auszuprobieren, so Trümpler. „Über den kulturellen Aspekt von Kirchenmusik können wir auch noch mal andere Publikumskreise erreichen.“
So plant er in den Sommerferien 2023 eine Orgelkonzertreihe mit ausgewählten renommierten internationalen Gästen, die alleine durch ihre musikalische Qualität bestechen soll. An jedem Mittwochabend der Ferien um 19 Uhr soll eines dieser Konzerte stattfinden.
Tradition und Ungewohntes
Mit dabei sind unter anderem der Organist Simon Johnson, der normalerweise die Westminster Cathedral in London bespielt, und Johann Vexo, der sonst in der Pariser Cathedrale Notre Dame tätig ist. Den Abschluss der Reihe spielt Johannes Trümpler selbst am 2. August.
Bei Kirchenmusik gehe es neben der traditionellen Liturgie, dem Rezitieren biblischer Texte, auch um das gemeinschaftsstiftende Erlebnis des Singens, so der Kantor. Dabei lobt Johannes Trümpler seinen Vorgänger Michael Störmer. Dieser habe eine breite Auswahl an Noten und Liedern übergeben.

Johannes Trümpler ist es bei der Auswahl der Stücke für die Gottesdienste wichtig, Traditionen zu pflegen, diese aber auch mit neuen und ungewohnten Einflüssen zusammenfließen zu lassen.
Musik als mystische Erfahrung
Die Palette reiche dann von gregorianischem Choral, dessen Tradition bis ins neunte Jahrhundert zurückreicht, über die riesige geistliche Klangwelt Bachs bis zu schwieriger zugänglichen kirchenmusikalischen Stücken des 20. Jahrhunderts, wie Kompositionen des französischen Komponisten Oliver Messiaen. Auch Mischungen von Tradition und moderneren Einflüssen findet Johannes Trümpler sehr spannend.
Ein gutes Beispiel hierfür sei die Kirchenmusik des Komponisten Maurice Duruflé, der die eher simplen Melodieläufe des gregorianischen Chorals mit der farbenfrohen Tonsprache des französischen Impressionismus vermischt.
Auf diese Weise könnten auch Menschen, die sich selbst nicht als religiös betrachten, spirituelle und mystische Erfahrungen machen, so Trümpler. Wenn es ihm gelingen könnte, dieses Gefühl der inneren Einkehr zu vermitteln, dann sei schon viel gewonnen.
Ein wenig besorgt zeigt er sich bei dem Gedanken, dass die Kulturschätze, die die Kirchenmusik birgt, mit der Zeit in Vergessenheit geraten. „Ich weiß nicht, was an die Stelle dieser Kultur treten soll“, sagt Johannes Trümpler.
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