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Irmgard Fulfs erkrankte an Covid-19: „Plötzlich bin ich umgefallen“
Coronavirus
Vor einem Jahr erkrankte die Schwerterin Irmgard Fulfs an Covid-19. Auf einer Geburtstagsfeier hatte sie sich angesteckt. Sie hatte Glück und überstand die Erkrankung. Ihre Cousine starb.
Eigentlich, erzählt die 86-jährige Irmgard Fulfs, sei die Zahl 13 ja immer ihre Glückszahl gewesen. Doch dann kam der 13. März 2020. Fast genau vor einem Jahr besuchte die Schwerterin eine Geburtstagsfeier in Lünen. Und steckte sich dort mit Covid-19 an.
„Mein Bruder Theo wurde 80, wir hatten uns schon alle auf die Feier gefreut“, erzählt Irmgard Fulfs. Corona gab es zwar schon, aber die Seniorin sagt: „Dass es so schlimm war, war uns allen zu dem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst.“
Auch ihre Tochter, ihr Sohn und die Schwiegertochter waren mitgekommen. Auf der Feier saß Irmgard Fulfs neben ihrer Großcousine. Die an diesem Tag bereits mit dem Coronavirus infiziert war, ohne es zu wissen. „Wir haben uns wunderbar unterhalten, denn wir hatten uns lange nicht mehr gesehen.“
Zusammenbruch in der Küche
Einige Tage später merkt Irmgard Fulfs, dass etwas nicht stimmt. „Irgendwie war mir komisch, aber richtig schlecht ging es mir eigentlich nicht.“ Am 20. März bricht sie zusammen.
„Ich habe in der Küche gewerkelt. Plötzlich bin ich umgefallen. Dabei habe ich mir den Kopf schwer an der Heizung aufgeschlagen. Davon habe ich schon nichts mehr gemerkt.“
Viel später wacht sie auf. „Da war das Blut schon getrocknet. Ich habe gedacht, was machst du hier auf der Erde?“ Irmgard Fulf kriecht zum Telefon und schafft es, ihre Tochter anzurufen. Die alarmiert die Feuerwehr und ruft einen Notarzt. „Da bin ich ab ins Marienkrankenhaus, und da war ich dann vier Wochen“, erzählt die 86-Jährige.
„Nach einer Woche ist sie gestorben. Das war schlimm.“
Zunächst versorgen die Ärzte ihre Platzwunde. Zwei Tage später stellen sie fest, dass die Schwerterin an Covid-19 erkrankt ist. Irmgard Fulfs erinnert sich: „Ich sollte beatmet werden, aber ich hatte eine Patientenverfügung, in der ich künstliche Beatmung ablehne. Ich habe es auch so geschafft.“
Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn erkranken ebenfalls, haben aber nur leichte Symptome. Bei ihrer Großcousine verläuft die Krankheit tödlich. „Nach einer Woche ist sie gestorben. Das war schlimm. Ich hatte als Kind immer auf sie aufgepasst.“
Haarausfall und Appetitlosigkeit
Ihren 86. Geburtstag am 5. April erlebt Irmard Fulfs im Krankenhaus. „Ich habe mich nach zu Hause, nach meinem Garten gesehnt.“ Dann wird sie entlassen. „Ich hatte keinen Appetit, keinen Geschmack. Mir fielen büschelweise die Haare aus“, erzählt sie. Weiße Haare wachsen nach. Die Seniorin, die immer dunkel getönte Haare hatte, kauft sich eine Perücke. Dann lacht sie: „Meine Kinder haben mir gesagt, dass die weißen Haare viel schöner aussehen und ich keine Perücke brauche.“

Zu Hause in ihrem Garten in Westhofen ist Irmgard Fulfs glücklich. Jetzt hofft sie auf wärmeres Wetter. © Martina Niehaus
Bis heute kämpft die 86-Jährige mit den Nachwirkungen. „Es gibt Tage, da geht es mir richtig gut. Und dann brauche ich doch wieder das Sauerstoffgerät. Das ist wirklich eine Krankheit, die alles in sich hat.“
Hinzu kommen Nachwirkungen wegen der schweren Kopfverletzung. „Manchmal ist mir schwindelig, oder ich will etwas sagen und es kommt nicht so raus, wie ich will. Das liegt bestimmt an dem Sturz.“
„Ich stöhne nicht, ich lebe ja“
Trotzdem möchte sie nicht jammern. „Ich hab mich wieder bekrabbelt, bin zu Hause und kann in meinen Garten gehen. Ich stöhne nicht, ich lebe ja. Und manchmal reiß ich mich zusammen und mach mich schick.“
Die Seniorin, die vor ihrer Krankheit sehr aktiv war – in der Seniorenunion, der Frauenunion und der Nachbarschaft – vermisst vor allem das unbeschwerte Feiern mit Freunden. Sie ist aber froh darüber, dass ihre Familie sie unterstützt. „Und auch meine Freundinnen Margret und Irmhild, die kümmern sich ganz toll um mich“, sagt sie.
Einen Wunsch hat Irmgard Fulfs – und hofft, dass sie ihn verwirklichen kann, wenn sie demnächst auch geimpft ist. „Mein einziger Wunsch wäre es, mal an die See zu fahren. Da brauche ich bestimmt kein Sauerstoffgerät.“
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
