Es riecht nach Wolle, Garn und Kreativität. Das Geschäft von Iris Mühr (70) auf der Teichstraße in Schwerte ist von außen leicht zu übersehen. Innen wimmelt es vor Energie, Erinnerungen und modischer Inspiration. Sobald man die kleine Holztür der Teichstraße 3 passiert, wird man in eine andere Welt katapultiert: Eine gemütliche woll-wohlige Welt voller Strick, Garn und Menschen, die daraus Pullover, Mützen, Socken und Schals zaubern können. Am Ende des Ladens weisen zahlreiche Prospekte und Bücher über die Kunst des Strickens auf das Fachwissen hin, das dem Laden innewohnt.
Mittendrin steht die 70-jährige Iris Mühr, die sich kümmert, ihren Kundinnen und Kunden beratend zur Seite steht oder Anregungen für Unentschlossene gibt.

„Aus einem halben Jahr wurden über 20 Jahre“
Seit 1969 besteht der Handarbeitsladen und ist seither in Händen der Familie Mühr. „Das Geschäft hat damals meine Schwiegermutter Inge in Westhofen eröffnet. Drei Jahre später ist sie dann in die Schwerter Innenstadt gezogen.“ Dort habe Iris Mühr ausgeholfen.
Im Jahre 1991 sei ihre Schwiegermutter dann krank geworden, gibt Mühr einen Einblick in ihre Familiengeschichte. „Mir war sofort klar, dass ich helfen werde. Das ist Familie.“ Man spürt den Familienzusammenhalt in ihren Worten. „Es war alles sehr viel damals. Meine Kinder waren noch klein, mein Mann berufstätig und ich musste auch noch meine Schwiegereltern versorgen. Daher hatten wir nur halbtags geöffnet“, erinnert sie sich. „Ich hatte geplant, ein halbes Jahr auszuhelfen. Aus diesem halben Jahr sind gut 20 Jahre geworden“, lacht sie, von Reue keine Spur.
„Ich habe einfach gespürt, dass mein Herz an dem Laden hängt. Ich konnte nicht mehr aufhören.“ Wenn es heute einmal brenzlig wird, kann sie auf ihre Schwester zählen. „Sie hilft mir, wenn ich krank bin oder mal einen Arzttermin habe.“
Was ihr besonders an der Arbeit gefalle, ist die Beschäftigung mit Wolle, Strick und Garn. Sie selbst habe die Handarbeit bei ihrer Oma und Mutter gelernt: „In der Schule gab es auch das Fach Handarbeit. Ich habe mir aber auch viel selbst angeeignet.“ Eine Verkäuferin aus Westhofen habe ihr außerdem die richtigen Kniffe gezeigt, sodass sie gut vorbereitet in den Verkauf von Wolle und Garn gestartet ist.

„Verdammt schwierig“
Das Handarbeitsgeschäft von Iris Mühr ist noch eines der wenigen Inhaber geführten Läden in der Schwerter Innenstadt. Die Welle der Leerstände geht auch an Mühr nicht vorbei. Auf die Frage, ob sie davon betroffen ist, antwortet sie „Ja und Nein.“
In ihren Augen trage das Online-Shopping einen großen Teil zu der Leerstands-Welle bei. Außerdem seien die Mieten zu hoch. Viele verzweifeln an den Kosten für Strom, Gas und den Versicherungen. Das alles erst einmal zu erwirtschaften, sei sehr schwierig. „Aber mein Herzblut hängt einfach an der Arbeit“, so Mühr. Das Angebot sei woanders nun mal weitreichender.
Ob es einen Nachfolger für das urige Geschäft gibt, verneint Iris Mühr: „Ich habe niemanden, der das Geschäft weiterführen kann. Meine Kinder sind berufstätig und haben keine Kapazitäten dafür.“ Auch von außerhalb jemanden zu finden, sei „verdammt schwierig“, gesteht Mühr. Noch denkt die 70-Jährige aber nicht daran, aufzuhören.

Laden in Schwerte beliebt
Eine gute Nachricht für Schwerterinnen und Schwerter, denn während des Gesprächs klingelt immer wieder die Glocke über der Eingangstür des kleinen Geschäfts. Der kleine Familienbetrieb ist sehr beliebt.
Iris Mühr geht auf ihre Kunden zu, berät sie individuell, drängt sich nicht auf. Manche werden mit Namen angesprochen. Der persönliche Kundenkontakt ist deutlich zu spüren. Iris Mühr selbst steht noch unter dem Eindruck von Weihnachten und Neujahr: „Es ist einfach schön, wenn langjährige Kunden an Weihnachten oder Neujahr Grüße da lassen und damit Anerkennung und Wertschätzung zeigen.“
Geheimnis, warum sich der Laden so lange hält
Das Geheimnis, warum sich der Familienbetrieb seit Jahrzehnten hält, sei aber auch Fachkompetenz. „Man kann auch niemanden hinter eine Wursttheke stellen, der den Unterschied zwischen Salami und Mortadella nicht kennt. So ist das hier auch“, sagt sie charmant.
Daneben ist Akzeptanz und Offenheit ein Schlüssel für die persönliche Nähe zu ihren Kunden. „Ich glaube, es kommt immer darauf an, wie man die Menschen nimmt.“ Sie selbst habe auch mal schlechte Tage, an denen verschiedene Dinge sie belasten. Ihr Umgang damit bleibt im Laden aber professionell: „Ich bin dann vielleicht etwas in mich gekehrter. Ich versuche aber, es vor meinen Kunden zu verstecken und für sie da zu sein.“
Deutlich wird: Die Empathie von Iris Mühr zahlt sich aus, in Schwerte wird der Laden in der Innenstadt fleißig besucht – und das hoffentlich noch lange.
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