
© Udo Hennes
Hartmut Ganzke ist Koch und Kumpeltyp – aber nicht zu unterschätzen
Landtagswahl 2022
Er kocht und isst gerne, ist nahbar und leutselig: Landtagskandidat Hartmut Ganzke (56, SPD) gilt als Kumpeltyp. Auf seiner politischen „Speisekarte“ stehen Bildung und Solidarität ganz oben.
Als Hartmut Ganzke 2012 erstmals in den Landtag einzog, fand sich in unserer Zeitung anschließend dieser Satz: „Wenn es nach ihm geht, wird er dort noch lange bleiben.“ Das sollte sich bewahrheiten. Wobei bei Abgeordneten neben dem eigenen Willen freilich auch der Wille der Wähler keine unbedeutende Rolle spielt, ebenso wie der Wille der eigenen Partei. In Ganzkes Fall ist dies die SPD, die ihn seither zweimal wieder aufstellte.
2017, als Ganzke sich in seiner Bewerbungsrede beim Parteitag selbst als „50-jährigen, übergewichtigen Mann mit Fehlern“ vorstellte. Und nun 2022, als 56-jährigen Mann mit zehnjähriger Erfahrung im Landtag, die vergangenen fünf als innenpolitischer Sprecher der größten Oppositionsfraktion.
Ganzke darf sich Chancen ausrechnen, zum dritten Mal in Folge als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Unna I ins Düsseldorfer Parlament einzuziehen.
Ganzke ist eigentlich Reuls Gegenspieler, kommt aber nicht so rüber
Als Gegenspieler des beliebten CDU-Innenministers Herbert Reul hat Ganzke sich dort von außen betrachtet nicht unbedingt profilieren können. Vielmehr wird dem Rechtsanwalt aus Unna-Massen ein guter Draht zu Reul nachgesagt, wie er überhaupt eher als gemütlicher Kumpeltyp gilt. Doch unterschätzen sollte man ihn nicht. Der Jurist ist im Wahlkreis bestens vernetzt, in Düsseldorf längst auch.
Seit 2020 führt er zudem die SPD-Fraktion im Kreistag an, dem er bereits seit 1994 angehört. Auch im Stadtrat Unna war Ganzke zwischenzeitlich vertreten, galt sogar mal als möglicher Nachfolger des langjährigen SPD-Bürgermeisters Werner Kolter.
In Unna machte er sich mit der Landesstelle nicht nur Freunde
In Unna machte er sich in seiner ersten Zeit im Landtag allerdings nicht nur Freunde, als er mit dafür eintrat, die Landesstelle in Massen wieder zu öffnen. Schließlich hatte die Stadt für den „Campus“ in Massen-Nord mit der Ansiedlung einer Hochschule zeitweise ganz andere Pläne. In der Flüchtlingskrise 2015/16 sah Ganzke sich freilich in der Richtigkeit der Entscheidung bestätigt, sagt noch heute: „Unna musste keine einzige Turnhalle mit Flüchtlingen belegen und hat alles vom Land bezahlt bekommen.“
Respekt für Reul: „Der Staat muss seine Bürger schützen“
2017 folgte in Düsseldorf der Wechsel auf die Oppositionsbank, Schwarz-Gelb löste Rot-Grün an der Regierung ab. Ganzke hofft, natürlich, dass diesmal das Pendel wieder in die andere Richtung ausschlägt. „Ich möchte noch einmal Abgeordneter einer regierungstragenden Partei sein“, wünscht sich der SPD-Mann.
Als innenpolitischer Sprecher habe er klar gemacht, dass auch die SPD einen starken Staat möchte – ähnlich wie CDU-Minister Reul ihn verkörpert: „Der Staat muss seine Bürger schützen.“ Für Reul, sagt Ganzke als sein politischer Gegner, empfinde er viel Respekt.

Grob geschätzte über 500 Kochbücher nennt Hartmut Ganzke sein Eigen, nicht wenige davon mit Widmung des Kochs und Autoren. © Udo Hennes
Im Wahlkampf verteilt Ganzke, durchaus originell und passend zu seinem liebsten Hobby als passionierter Koch, Flyer der „Pizzeria Ganzke“. Auf der Speisekarte stehen seine politischen Ziele. Kostprobe: „Pizza Sicherheit“, für mehr Polizeipräsenz im Bezirk, „Pizza Solidarität“, für Gerechtigkeit und Chancengleichheit.
Kita-Gebühren sollen spätestens in zwei Jahren Geschichte sein
Welches ist ihm ganz besonders wichtig? „Bildung von Anfang an“, antwortet Ganzke. Auch Kitas seien Bildungseinrichtungen, ihr Besuch müsse komplett frei von Gebühren sein. Zurzeit zahlen Eltern im Kreis Unna dafür, je nach Einkommen, mehrere hundert Euro im Monat. Auf Nachfrage verspricht Ganzke: Gewinnt die SPD die Wahl, sind die Kita-Gebühren 2023, spätestens 2024 weg.
Außerdem will der Unnaer sich dafür einsetzen, dass ab 2023 jährlich 100.000 Wohnungen in NRW entstehen, indem wieder eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft gegründet wird. 30 bis 40 Prozent davon sollen öffentlich geförderte und damit für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbare Wohnungen sein.
Solidarität, Respekt, Miteinander, das sind Ganzkes große Themen. Als Junge einer „Malocherfamilie“ hat er sich zum Rechtsanwalt hochgearbeitet und ist sich sicher, dass seine Eltern ihn nicht aufs Gymnasium geschickt hätten, wenn die SPD damals „nicht eine so gute Bildungspolitik gemacht“ hätte – Stichwort (Schüler-)Bafög. Ganzke sagt außerdem über sich, dass er sich schon immer gerne für andere eingesetzt habe, schon als Klassen- und Stufensprecher am Ernst-Barlach-Gymnasium in Unna. Später dann in der evangelischen Jugendarbeit und ab 1985 in der SPD.
1996 machte er zusammen mit einem Kollegen eine Anwaltskanzlei auf, seine heutige Ehefrau Jasmin war ein Jahr später die erste Mitarbeiterin, die eingestellt wurde. 2005 kam Sohn Raphael zur Welt. Zuhause werde viel über Politik diskutiert, sagen die Ganzkes unisono – am liebsten beim gemeinsamen Abendessen am Küchentisch. Eine Tradition, die Hartmut Ganzke aus seinem Elternhaus übernommen hat.
Wann immer es geht, kocht er selbst. Geschätzt über 500 Kochbücher könnten ihm dabei behilflich sein, der 56-Jährige sammelt sie inklusive Widmungen berühmter Köche. Wie andere gute Köche ist er aber nicht darauf angewiesen, Rezepte nachzukochen, es geht ihm so von der Hand. Wie die Politik, möchte man anfügen. Auch Ganzke sieht da durchaus Parallelen. „Ich sage immer: Wer die Hitze nicht abkann, hat in der Küche nichts verloren. Das gilt auch für die Politik.“