Grundschulen zwischen Corona-Folgen und Lehrermangel Bea Klein und Malte Warnken bauen auf Teamarbeit

Grundschulleitung im Team: „Schule ist Lebensraum für unsere Kinder“
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Fehlende Lehrkräfte, viel Bürokratie-Stress und Mehrarbeit, dazu Kinder, die nach wie vor von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen sind: Grundschulleitungen sind wahrlich nicht zu beneiden. Oder?

Wir haben mit Bea Klein (47), der Schulleiterin der Grundschule Villigst, und ihrem Konrektor Malte Warnken (34) über Themen gesprochen, die ihnen wichtig sind. Wir haben sie gefragt, ob sie ihren Job eigentlich gern machen. Und ob sie jungen Leuten raten würden, ihn zu ergreifen.

Sie sehen gerade beide sehr fröhlich aus. Gibt es gute Nachrichten?

Bea Klein: „Ich bin gerade total erleichtert, weil uns die Mail der Schulministerin Dorothee Feller erreicht hat. Ab dem 1. Februar werden die Corona-Regeln noch einmal deutlich gelockert. Die wöchentlichen Tests fallen beispielsweise weg, und die Schulen bekommen insgesamt mehr Selbstverantwortlichkeit. Das ist mal eine gute Nachricht, die wir gern an die Eltern weitergeben möchten.“

Wir – das sind Sie und Ihr Konrektor Malte Warnken.

Bea Klein: „Genau. Ich freue mich tierisch, dass ich ihn an meiner Seite habe. Er ist seit September 2022 mein Konrektor, und war ein Schuljahr zuvor als Kollege bei uns. Da konnten wir uns schon gut kennenlernen.“

Malte Warnken: „Ich finde es auch toll, dass wir uns vorher in Ruhe kennengelernt haben. Die Gelegenheit sollte man haben, wenn man sich auf eine Stelle bewirbt. Wir sind als Team aktiv und planen alles gemeinsam. Bei uns hat eigentlich alles sofort gepasst.“

Bea Klein (lacht): „Wir sind eben beide Handballer, das musste ja passen.“

Also braucht man Teamfähigkeit in Ihrem Job...

Bea Klein: „Das ist das Wichtigste. Denn die Aufgaben einer Grundschulleitung sind immer komplexer geworden. Ich bin im Jahr 2001 an diese Schule gekommen, wurde am 1. März 2010 Konrektorin – und habe kurz darauf erfahren, dass meine Vorgängerin zum Sommer aufhört. Da habe ich die kommissarische Leitung übernommen. Wenn dann die erste Statistik kommt, und man hat keine richtige Einführung bekommen – das ist eine Herausforderung.“

Malte Warnken: „Ich bin schon froh, dass wir das hier zusammen machen. Es gibt eben viel Planung hinter den Kulissen. Die Aufgaben sind vielseitig: Projektmanagement, Planung, Unterricht, eigenständige Dinge wie unser Zirkusprojekt. Das ist alles anstrengend, aber gemeinsam gut zu schaffen.“

Damit es den Kindern hier gut geht.

Bea Klein: „Wir sehen die Schule mit dem Blick der Kinder. Das ist ihr Lebensraum, in dem sie sich wohlfühlen sollen. Bei praktisch allen Dingen werden deshalb Kinder, Eltern und das Kollegium beteiligt. Alle hier fühlen den Kindern gegenüber eine große Verantwortung.“

Große Freude: Endlich einmal gute Nachrichten aus dem Schulministerium. Die Corona-Regeln werden gelockert.
Große Freude: Endlich einmal gute Nachrichten aus dem Schulministerium. Die Corona-Regeln werden gelockert. © Martina Niehaus

Wie haben Sie an Ihrer Schule den Corona-Lockdown gemeistert?

Malte Warnken: „Als ich hier als Klassenlehrer anfing, ging das gerade los mit dem Distanzunterricht. Das war nicht einfach – für uns Lehrkräfte nicht, aber vor allem für die Kinder war es schwer.“

Bea Klein: „Diese Zeit war schon sehr grenzwertig. Da war ich zum ersten Mal am Limit und habe gedacht: Du brauchst eine Kur. Die Mails aus dem Schulministerium kamen am Wochenende, und die Vorgaben musste man zu Montag umsetzen. Einmal hat mich jemand vom Gesundheitsamt am Heiligabend morgens um 6.15 auf dem Handy angerufen, da ging es um die Testungen. Das ging schon alles weit über das Maß hinaus.“

Haben Sie denn den Eindruck, den Kindern geht es heute gut?

Bea Klein: „Ich glaube, dass Corona schon etwas mit den Kindern gemacht hat, vor allem auf der sozialen und emotionalen Ebene. Im Homeschooling zu lernen ist nicht ideal, das können selbst die engagiertesten Eltern bestätigen. Viele Eltern und Kinder sind aneinandergeraten, weil die Schule als Auszeit auch einfach gefehlt hat. Und nicht alle Eltern können ihre Kinder unterstützen. Wenn heute noch ein Lockdown käme – ich würde hingehen und die Schule selbst wieder aufmachen.“

Im Englischunterricht: Bea Klein ist es wichtig, dass sich die Kinder an ihrer Schule wohlfühlen.
Im Englischunterricht: Bea Klein ist es wichtig, dass sich die Kinder an ihrer Schule wohlfühlen. © Martina Niehaus

Sind denn die Kinder anders als vor Corona?

Bea Klein: „Die Kinder genießen es heute richtig, wieder in der Schule zu sein und die Gesichter der anderen ohne Maske zu sehen. Die Normalität kehrt endlich zurück. Wir werden aber auf jeden Fall aus dieser Zeit noch Nachwehen haben. Vielen Kindern fehlt zum Beispiel auch die Kita-Zeit. Diese Konfliktfähigkeit, die man in der Sandgrube lernt. Und ein Kind, das emotional nicht stabil ist, kann nicht lernen. Ich kann schon sagen, dass mehr Kinder Förderbedarf haben als vor Corona.“

Was würden Sie jungen Leuten sagen, die Lehrer werden möchten?

Malte Warnken: „Der Beruf wird oft schwarzgemalt. Man habe nicht so große Entwicklungsmöglichkeiten, heißt es. Die hat man aber. Man kann in die Schulleitung gehen, sich in der Ausbildung von Lehramtsanwärtern entwickeln. Das Gehalt wird sukzessive angeglichen. Die Möglichkeiten sind da. Ich glaube aber auch, die Hürden für Schulleitungen im Primarstufen-Bereich sind vergleichsweise hoch. Man braucht die gleiche fachliche Qualifizierung wie Schulleiter an weiterführenden Schulen. Das wollen viele nicht auf sich nehmen.“

Bea Klein: „Ein zu hoch angesetzter Numerus Clausus ist ebenfalls ein Problem. Welcher Abiturient mit einem Einserschnitt möchte denn Pädagoge werden? Ich glaube, in diesem Job kommt es vor allem auf Teamfähigkeit an. Man braucht auch Fachkompetenz, das ist klar. Aber vor allem sollte man wissen, dass man mit Menschen zusammenarbeitet. Und zu denen muss ich einen Draht haben. Ich muss auch flexibel und kooperationsfähig sein. Lehrerin oder Lehrer zu sein – das bedeutet nicht 13 Wochen Ferien.“

Würden Sie Ihren Job genau so noch einmal wählen?

Malte Warnken: „Das würde ich auf jeden Fall – vor allem wegen der Vielseitigkeit und der Arbeit auf unterschiedlichen Ebenen. Das sind für mich entscheidende Punkte.“

Bea Klein: „Ich kann mich hier auf ein tolles Team verlassen, und unsere 14 Lehrkräfte kümmern sich toll um unsere 197 Kinder. Hier gibt es keine ,Sesselpupser‘. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich mache diesen Job mit Herzblut, und diese Schule ist auch mein Zuhause. Aber ich würde ihn nirgendwo anders machen.“

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