Geplatzte Träume Wie Schwerte in den 70ern fast einen Karstadt bekommen hätte

Geplatzte Träume: Wie Schwerte 1976 fast einen Karstadt bekommen hätte
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Der Kampf ums Dortmunder Karstadt-Haus beschäftigt aktuell ganz Dortmund. Ein bisschen Großstadtflair – danach strebte in den Siebzigern tatsächlich auch die Ruhrstadt. Ein paar Jahre zuvor hatte Iserlohn seine City mit einem fünfstöckigen Karstadt aufgemöbelt, sogar im Dortmunder Vorort Aplerbeck leuchtete dessen Schriftzug an einem Warenhaus. Da wollte Schwerte nicht länger nachstehen.

Im Mai 1976 gab der Rat grünes Licht für einen Vorvertrag mit der Karstadt AG in Essen, die in der Innenstadt ein SB-Warenhaus hochziehen und 1977/78 eröffnen wollte. Das benötigte Grundstück machte der großflächige Abriss von Fachwerkzeilen am Markt im Rahmen der sogenannten Altstadtsanierung frei.

Parkdeck auf dem Flachdach

Auf dem Architektenmodell erhob sich gegenüber der Viktorkirche schon das moderne Kaufhaus mit einer Rampe, die von der Hagener Straße zum Parkdeck auf dem Dach heraufführte. Der besseren Optik halber waren ihm auf der Seite zum Marktplatz hin ein halbes Dutzend kleiner Spitzdächer aufgesetzt worden. Die großzügige Planung komplettierten die Tiefgarage unter dem Markt sowie eine „Kernstadttangente“ als Umfahrungsstraße hinter dem historischen Gotteshaus herum.

Einzelhandel lief Sturm

Vergeblich hatte der Einzelhandhandelsverband Sturm gelaufen gegen das Vorhaben. Er fürchtete einen „Verdrängungswettbewerb“ und hatte die CDU-Mittelstandsvereinigung auf seine Seite gezogen. Dort war man überzeugt, dass „das vorhandene Warenangebot ohne Karstadt für die Bedarfsdeckung der Schwerter Bürger ausreiche“, berichteten die Ruhr Nachrichten damals.

Dagegen sah die FDP durch den Karstadt eine Chance für die Belebung des damals noch abseits liegenden Marktplatzes, für die langfristig eine Achse Bahnhof-Markt angestrebt werden sollte. Außerdem versprach man sich durch Karstadt ein besseres und billigeres Warenangebot bei verbesserten Ladenöffnungszeiten.

Bei der sogenannten Altstadtsanierung in den 1970er-Jahren wurden viele der Fachwerkhäuschen am Marktplatz abgerissen. Sie schufen Platz für das City-Centrum.
Bei der sogenannten Altstadtsanierung in den 1970er-Jahren wurden viele der Fachwerkhäuschen am Marktplatz abgerissen. Sie schufen Platz für das City-Centrum. © RN-Archiv

Die Fronten blieben verhärtet, als nach der Ratsentscheidung ein Konkurrenzprojekt ins Spiel gebracht wurde. Michael Schröer von der Schwerter RI Wohnungsbau stellte Ende Oktober 1976 seine Pläne für ein City-Centrum am Markt vor, das neben einem Kaufhaus Platz bieten sollte für Fachgeschäfte, Sport- und Kulturetagen, Altenwohnungen und eine Tiefgarage.

Schwerter Kaufleute sollten Vorrang haben bei der Vergabe der Verkaufsflächen. In erster Linie solle das City-Centrum dem Bürger dienen, warb der Investor. Man schwärmte von einem den Marktplatz prägenden Bau, der gesellschaftliches, geschäftliches und kulturelles Leben vereine. Als Ankermieter wurde später Hertie genannt.

Bebauungsplan wieder geändert

Die Diskussion zog sich hin bis zum April 1978. Der Traum vom Karstadt-Flachbau, war für die Schwerter Geschichte, als der Rat per Bebauungsplanänderung für die Errichtung des City-Centrums mit Bücherei und Volkshochschule votierte. Die Bedenken der CDU, dass eine solche Baumasse den Charakter und die Kleinteiligkeit der Altstadt beeinträchtige, wischte die SPD-Mehrheit vom Tisch. Wenn nicht jetzt, dann sei mittelfristig nicht mehr mit dem Bau zu rechnen.

Mit Coop statt Hertie

Als das City-Centrum im Oktober 1981 eröffnet wurde, zog statt Hertie der Coop Dortmund als Hauptmieter ein – mit einem gut sortierten Kaufhaus im Erd- und Lebensmitteln im Untergeschoss, verbunden mit einer Rolltreppe. Wie es in dem Gebäude später weiterging mit Coop-Pleite, Leerstand und Wiederbelebung durch KiK und Tedi, ist bekannt.

Karstadt-Lager blieb Episode

Karstadt kam dann doch noch mal nach Schwerte, aber nur mit einem Lager. 1984 pachtete das Unternehmen den Hallenkomplex an der Schützenstraße, der durch den Untergang der Rewe Schwerte frei geworden war. In diesem Zentralausliefungslager wurden die Waren für die Kaufhäuser des Unternehmens sortiert, mit Preisen versehen und entsprechend der am jeweiligen Standort benötigten Menge versandfertig gemacht. Anfang 2000 war es damit auch vorbei. Eine neue Nachschub-Strategie setzte auf den eigenen und viel größeren Warenknoten in Unna.

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