Soll ich oder soll ich nicht? Die Nächte müssen schlaflos gewesen sein für die junge Friseurin, damals im Jahre 1996. Die Räume für ihren eigenen Salon am Rande der Schwerter Fußgängerzone waren greifbar nahe. Der Mietvertrag wartete nur noch auf ihre Unterschrift. Doch das Papier hatte einen Haken: „Ich musste für fünf Jahre unterschreiben“, berichtet Sandra Wiese. Ein langer Zeitraum für eine Existenzgründerin, die immer wieder dachte: „Hoffentlich überlebst du die fünf Jahre.“
Erfolg durch Stammkundschaft
Mit einem flauen Gefühl im Magen, so weiß die Friseurmeisterin noch heute, setzte sie schließlich ihren Namenszug unter den Kontrakt für die 55 Quadratmeter an der Friedrichstraße 4: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt: Und schwupps waren 26 Jahre um.“ Alles richtig gemacht. Denn so lange hängt das kreisrunde Schild „Wiese´s Friseurstübchen“ jetzt schon an der verschieferten Fassade des Fachwerkhauses. Während etliche Ladenlokale in der Innenstadt leer stehen, herrscht hier an den Öffnungstagen dienstags, mittwochs, freitags und samstags ständig Betrieb. Nicht einmal, dass seit sechs Jahren am Donnerstag aus gesundheitlichen Gründen geschlossen ist, konnte dem Umsatz schaden: „Die Tage sind besser ausgelastet.“ Außerdem spare man spürbar an Strom.

Es ist die Stammkundschaft, die das kleine Geschäft so erfolgreich am Laufen hält. „Durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagt Sandra Wiese. So habe man auch die Corona-Zeit überlebt, auch wenn man sich als Unternehmer da manchmal schon Gedanken gemacht habe. „Qualität setzt sich durch“, ruft aus dem Hintergrund Mitarbeiterin Elke Rennert dazwischen. Sie ist von Anfang an dabei und längst zur Freundin geworden. Sandra Wiese hat sie aus dem Salon ihrer Mutter Gisela Wiese übernommen, als diese aus Gesundheitsgründen an der Kampstraße schließen musste.

Dort hatte auch Sandra Wiese nach ihrer 1988 begonnenen Lehre im Ergster Salon Bönkhoff, den es unterer anderer Leitung immer noch gibt, ihre ersten Gesellinnenjahre absolviert. Ihren Meisterbrief erhielt sie am 9. Dezember 1997 - vor 25 Jahren - im Goldsaal der Westfalenhalle von der Handwerkskammer Dortmund. Dass sie schon lange vorher ihren eigenen Betrieb an der Friedrichstraße eröffnen konnte, war einem Pilotprojekt der Handwerkskammer zu verdanken. Neben ihrem Beruf fuhr die junge Frau anderthalb Jahre lang an jedem freien Montag zur Meisterschule, paukte und legte die vier erforderlichen Prüfungen ab.

Trotz der Doppelbelastung schulterte Sandra Wiese den Aufbau ihres Friseurstübchens. Viele helfende Hände hatten sie dabei unterstützt, die Räume neben der Malschule in dem historischen Fachwerkhäuschen ansprechend herzurichten. Ursprünglich waren sie mal für eine Schuhmacherwerkstatt genutzt gewesen und nach dem Zweiten Weltkrieg zu Wohnraum geworden. Der neue Besitzer wollte sie aber dem Gewerbezweck zurückgeben. Was von außen keiner ahnt: Auf der Rückseite öffnet sich eine Glastür zu Garten und Terrasse, die mehr als eine schöne Kulisse sind. Die Stühle dort werden von den Kunden auch gerne genutzt. „Im Sommer, wenn es heiß war, haben wir dort auch schon Haare geschnitten und gefärbt“, berichtet Sandra Wiese. An der Fassade ist sogar ein Spiegel aufgehängt.

Ursprünglich ein wenig versteckt in der verwinkelten Altstadt-Gasse, ist Wiese´s Friseurstübchen seit dem Abriss der alten Häuserzeile rund um das frühere Blumen-Risse-Geschäft jetzt auch vom Cavaplatz aus gut auszumachen. Das lockt neue Kundschaft herbei - wie am Mittwoch (17.1.) einen Immobilienbesitzer aus der Fußgängerzone, der anschließend frisch gestylt mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wieder nach draußen ging.
Überraschungsparty mit Musik
Viele Kunden und Freunde füllten den Laden bei der Überraschungsparty zum 25-jährigen Meisterjubiläum von Sandra Wiese, die Elke Rennert heimlich vorbereitet hatte. Gläser, Tassen, Kuchen und Getränke konnte sie vorher bei netten Nachbarn verstecken. Als Höhepunkt kam Gunther Gerke, Direktor der Schwerter Operettenbühne, zur Tür herein. Er unterhielt - unterstützt von Elias Passavanti - mit flotten Schlagern wie „Immer für dich da.“ Das gilt für die Freundschaft des Tenors mit der Friseurmeisterin seit 30 Jahren so, noch aus dem Salon ihrer Mutter. „Gunter war damals Vertreter bei Friseurland, einem Fachhandel für Friseurbedarf und stand irgendwann bei uns im Laden“, verrät Sandra Wiese: „Dadurch haben wir uns kennengelernt.“
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