Schlechte Laune muss draußen bleiben. Miesepeterei hat nichts zu suchen in dem kleinen Verkaufsraum mit Fensterblick auf die Zapfsäulen. Hier ist das Reich des Mannes in der markanten roten Fleecejacke, der mit seinem ansteckenden Gemüt auf Anhieb gute Laune verbreitet.
„Ich habe jeden Tag neuen Spaß“, sagt Alfons Peters. Und das sieht man seinem lächelnden Gesicht auch nach 47 Jahren als Besitzer der Freien Tankstelle an der Hagener Straße in Schwerte mehr als deutlich an: „Ich bin immer noch fröhlich und gut drauf.“ Und wem das nicht reicht, der kann sich mit den griffbereiten Gummibärchen, Schokoriegeln oder auch Piccolöchen in den Regalen unter und neben der Kasse den weiteren Tag versüßen.

Verlorene Tankdeckel
Genau so schätzen und lieben die Autofahrerinnen und Autofahrer den Besitzer der Station, in der kleine Hilfeleistungen noch großgeschrieben werden. „Das mache ich gern“, sagt Alfons Peters, als er, ohne zu zögern, der Kundin folgt, die ihren Kopf mit fragendem Blick durch die Tür gesteckt hatte: „Ich habe eine Bitte: Ich kriege das Tankschloss nicht auf.“ Für Alfons Peters ein Klacks.
Zum Glück baumeln inzwischen die Verschlüsse der Einfüllstutzen nach dem Abschrauben mit einem Plastikbändchen fest an der Karosserie herunter. Niemand kann sie mehr lose aufs Autodach legen, wo sie sich beim Anfahren dann auf Nimmerwiedersehen verabschieden, wie der Tankstellenbesitzer es oft erlebte. Immer noch hält er Ersatz auf einem Wandschränkchen vorrätig. Auch für die Kühlerdeckel, falls davon mal einer abhandenkommen sollte.
Derlei Missgeschick passiere aber nur noch selten. „Es ist alles besser geworden“, sagt Alfons Peters. Das treffe auch auf die Tankanzeigen zu, die mit genaueren Angaben vor einem ungewollten Liegenbleiben wegen Spritmangels schützten: „Früher sind sehr viele mit Kanister gekommen. Wir haben auch viele verkauft.“ Doch diese Bilder eines anmarschierenden Autofahrers, „I’m walking“ auf den Lippen, sind mehr Erinnerung an den legendären Aral-Werbespot aus den 1990ern.
Ursprünglich eine Gulf-Station
Die Marke mit dem blauen Schriftzug hat Alfons Peters übrigens nie in den Zapfpistolen gehabt, auch wenn in der langen Ära seiner Tankstelle schon viele Logos auf dem Preismast leuchteten. Für „Gulf“ war die 1966 gebaute Station an der Hagener Straße bekannt, als der Kraftfahrzeug-Schlosser und -Meister sie im Jahre 1978 erwarb und renovierte.
Doch schon im darauffolgenden Jahr traf den nunmehr selbstständigen Unternehmer der Schock der Ölpreiskrise: „Ich habe keinen Sprit mehr bekommen.“ Fünf Pfennig pro Liter sollte er im Einkauf mehr zahlen als die Markentankstellen. Wohl oder übel blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auch um eine Marke zu bemühen. Die Wahl fiel auf die Deutsche Texaco: „Die haben sofort Sprit geliefert.“ Man habe ein „sehr gutes Arbeitsverhältnis“ gehabt.

Doch die Zusammenarbeit endete jäh, als der US-Konzern seine deutsche Tochter an die Deutsche Erdöl AG (DEA) abgab. Wieder musste die Attika der riesigen Überdachung über den Zapfsäulen in einer neuen Farbe gestrichen werden. Die nächste Schicht kam darüber, als die DEA schließlich von Shell übernommen wurde. Deren Vertrag mit Alfons Peters lief 2013 aus. Verlängern wollte er da nicht mehr. Er wollte lieber wieder frei sein. Bis zum 1. April 2025, als er seine Tankstelle an die Agravis (Raiffeisen) übergab, die eine reine Automatenstation einrichtet.

„Ich muss viel nacharbeiten zu Hause. Und wir fahren gerne zu Nordsee“, verrät Alfons Peters seine Pläne für das nun ungewohnt üppige Freizeit-Budget. Zu groß kann es sowieso nicht werden. Denn mit einem Arbeitsvertrag als Aushilfe wird er an „seiner“ Tankstelle noch einige Zeit weiter für seine Kundinnen und Kunden vor Ort sein.
Natürlich nicht mehr mit den 180 bis 200 Stunden im Monat wie in den vergangenen Jahren, als er es für seine Verhältnisse schon etwas ruhiger angehen ließ. Und schon gar nicht vergleichbar mit den ursprünglich 320 Monatsstunden, einschließlich der kaufmännischen Arbeiten im Hintergrund, die stets per Hand erledigt wurden. In Spitzenzeiten – so kann jetzt verraten werden – flossen im Jahr drei Millionen Liter Benzin durch die Zapfsäulen.

„Alle Tage waren schön“
„Es hat mir Spaß gemacht“, sagt Alfons Peters, der nie einen Motivator brauchte. Den hatte er quasi eingebaut in seinem Kopf. Die Tage, an denen der Tankstellenbesitzer nicht hinter seiner Theke stand, sind fast an einer Hand abzuzählen.
Sein Fehlen war so rar, dass es sogar dem Pastor der evangelischen tamilischen Gemeinde einmal auffiel. Das vertraute fröhliche Gesicht, das er vermisste, lag – so verrieten die Angestellten – krank im Bett: „Am Sonntag im Gottesdienst hat er mit den Gläubigen eine Stunde lang für mich gebetet: ‚Für meinen Freund Alfons Peters.‘“ Ähnliche Bitten hätten in der Moschee auch die türkischen Mitarbeiter der Tankstelle zum Himmel geschickt.
Sie wurden erhört. Die Gesundheit erlaubte ein langes Berufsleben – weit über den Tag hinaus, an dem die meisten ihre Rente beantragen. „Jedenfalls waren alle Tage schön“, zieht Alfons Peters Bilanz. Zufrieden ist er auch mit dem Ablauf des Verkaufs an die Agravis: „Ich bin sehr glücklich, dass das so passt.“ Von ganzem Herzen möchte er sich bei allen Kunden bedanken, von denen er viele per Du begrüßt. Im Laufe der fast 50 Jahre sind sie zu einer großen Tankstellen-Familie geworden.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 2. April 2025.