Wann genau hat mein Kind wieder Unterricht? Die Gymnasien und Gesamtschulen in Schwerte wollen schnell Antworten liefern. Das Ganze ist aber enorm kompliziert, denn es gibt weitere Fragen.

Schwerte

, 09.05.2020, 11:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wir arbeiten bis an die Grenze der Belastbarkeit, teilweise auch darüber hinaus“, sagt Jürgen Priggemeier, der Chef der Gesamtschule am Gänsewinkel: „Es ist sehr hektisch.“

Das klingt zunächst einmal erstaunlich. Wo soll denn der Stress herkommen – jetzt, da gar keine Schüler in den Schulen sind? Ist da denn jetzt mehr zu tun, als die Tische schon mal weiter auseinanderzurücken, Desinfektionsmittel aufzustellen, die Wege auf den Gängen neu abzukleben und ähnliche Corona-Vorsichtsmaßnahmen anzugehen?

Wer sich mit Jürgen Priggemeier unterhält oder auch mit Bärbel Eschmann, der Leiterin des Ruhrtal-Gymnasiums (RTG), merkt aber schnell: Weit mehr ist zu erledigen.

Immer wieder gilt es spontan, Vorgaben des Landes NRW umzusetzen. Und dabei das Maximum für die Schüler herauszuholen in einer Situation, für die es nie einen Plan gab.

Erst kommen die Elftklässler, dann alle anderen – alle in kleinen Gruppen

Ab Montag, 11. Mai, kehren die Schüler der Q1 wieder zurück, also die Klasse 11. Diejenigen, die 2021 ihr Abitur machen und die jetzt Noten und Punkte dafür sammeln. Die vor allem jetzt viel von dem relevanten Stoff lernen sollten, der nächsten Jahr in den Prüfungen abgefragt wird.

Nach Ende der Abiturprüfungen, also ab Dienstag, 26. Mai, sollen alle wieder zurück, in einem rollierenden System. Genauer: Die einzelnen Jahrgänge sollen tageweise kommen, Klassen werden in zwei, eher drei Gruppen aufgeteilt, damit alle weit genug auseinandersitzen können in den Räumen.

Entscheidend sei die Raumgröße, erläutert Priggemeier. Maximal elf, mit Mühe vielleicht zwölf Schüler könne man unter den neuen Abstands-Regeln gleichzeitig unterrichten.

Das ist nicht nur am Gänsewinkel so, sondern auch am RTG. Dort immerhin habe man Aula, Turnhalle und Mensa mit Tischen und Stühlen ausstatten können, erklärt Bärbel Eschmann.

Jürgen Priggemeier ist Leiter der Gesamtschule am Gänsewinkel.

Jürgen Priggemeier ist Leiter der Gesamtschule am Gänsewinkel. © Reinhard Schmitz

Vom 26. Mai bis zu den Sommerferien sind es nur 20 Schultage

Kleine Gruppen sind also vorgegeben und der frühe Sommerferien-Start 2020 auch. „Wir haben inklusive Zeugnisausgabe noch 20 Tage zur Verfügung“, rechnet Jürgen Priggemeier vor. Über allem, was er und Eschmann sagen, schwebt der unausgesprochene Satz: Wie soll das eigentlich gehen?

Egal: Es muss gehen. Und Vieles muss weiterlaufen an den Schulen, auch im Corona-Jahr. Das betrifft die Prüfungen für die Abiturienten und diejenigen, die in der 10. Klasse ihren Abschluss machen. Das betrifft auch die Elftklässler, die in diesem zweiten Halbjahr verpflichtend mindestens eine Klausur schreiben müssen.

„Und ich finde, dass das für die Schüler durchaus eine Herausforderung ist nach dieser langen Zeit ohne Präsenzunterricht“, findet Eschmann.

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Was sonst noch ist: Prüfungen für Referendare, Einstellungsgespräche

Dann aber sind da noch die Aspekte, die außer den Schulleitern und einigen anderen Lehrern kaum jemand auf der Rechnung haben dürfte: Das Zweite Staatsexamen für die Referendare steht auch jetzt an. Mit Blick auf 2020/21 müssen Einstellungsgespräche geführt werden. Und wie ganz konkret soll denn die Leistungsbewertung der Schüler funktionieren?

Natürlich, so Eschmann, gelte für die meisten Klassen ja die Vorgabe, dass keiner sitzenbleibe und dass stattdessen ein freiwilliges Wiederholen möglich sei. Dass man sich auch an den Noten vom Halbjahres-Zeugnis orientieren solle, wenn die aktuelle Leistung kaum zu bewerten sei.

Das gelte aber nicht für alle Klassen, erläutert die RTG-Leiterin: „Die Klasse 9 hat eine besondere Bedeutung, da wird nicht so einfach versetzt.“ Da gehe es um die Frage, ob der Schüler die Berechtigung für den Übergang in die Oberstufe erlange oder nicht.

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Definitive Antworten für Eltern gibt es erst kommende Woche

Zurück zur drängendsten Frage der Eltern: Wann hat mein Kind wieder Unterricht in der Schule und wann nur digitalen zuhause? Darauf können weder Priggemeier noch Eschmann jetzt schon eine Antwort geben. Sowohl an der Gesamtschule am Gänsewinkel als auch am Ruhrtal-Gymnasium wird erst in der kommenden Woche ein genauer Fahrplan erstellt. Der dann natürlich schnellstmöglich an die Eltern und Schüler kommuniziert werde, verspricht Priggemeier. Und Eschmann fügt an: Das RTG werde sich natürlich mit dem Friedrich-Bährens-Gymnasium abstimmen, erst recht, weil man bei einigen Oberstufen-Kursen ja kooperiere.

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Und was ist mit der Abstandsregel in der Pause?

In den Klassenräumen kann man Schüler trennen, aber in der Pause? Wie soll das laufen? Dafür immerhin steht der Plan schon. Priggemeier erläutert: „Die Kollegen gehen mit den Schülern in die Pause, zur Hälfte der Pause übernimmt der Lehrer, der die nächste Stunde gibt.“ Ein Erwachsener für die Gruppe von maximal zwölf Kindern, das werde hoffentlich klappen.

„Mit der Q2 ist das sehr gut gelaufen“, berichtet Bärbel Eschmann. Wobei: „Die Schüler sind natürlich auch in einem Alter, wo sie sehr achtsam sind.“ Wenn man sich nach dem 26. Mai aber die Fünftklässler zurück an die Schule hole, könne das anders aussehen. Eine spontane erste Überlegung dazu: Vielleicht sollte dann als zweiter Jahrgang ein möglichst alter hinzukommen.

Normalbetrieb im Schuljahr 2020/21? Sehr unwahrscheinlich

„Das erste Kunststückchen ist aber erst einmal, die Q1 wieder zu unterrichten“, sagt Eschmann mit Blick auf kommenden Montag. Sodass es eben weder am RTG noch am Gänsewinkel schon Antworten auf andere Fragen gibt: Wie soll die Zeugnisübergabe laufen? Wie wird das Verhältnis von Präsenz- und Digital-Unterricht laufen? Und auch: Wie wird das Schuljahr 2020/21 aussehen? Dass das normal starten wird, halten die Schulleiter für sehr unwahrscheinlich.