Die Gefahr, die beim Klettern auf abgestellte Bahnwaggons von der Oberleitung ausgeht, wird von vielen unterschätzt. Denn auch wenn man die Oberleitung nicht berührt, birgt sie eine tödliche Gefahr.
Wir sprachen im April 2023 mit Olaf Patzke von der Schwerter Feuerwehr über den dramatischen Unfall im Schwerter Bahnhof und über den Rettungseinsatz am Abend des 17. Aprils 2023. Weniger als ein Jahr später, in der Nacht zu Samstag (24.2.2024), starb ein 18-Jähriger, der auf einen Waggon geklettert war, ebenfalls an den Folgen eines Stromschlags.
Mit zahlreichen Kräften waren die Einsatzkräfte am 17. April 2023 angerückt. Ein 13-jähriger Junge war auf einen der abgestellten Güterwaggons geklettert und hatte einen schweren Stromschlag erlitten. Vermutlich war es zu einem Lichtbogen gekommen, wie Olaf Patzke damals erklärte.
Der entsteht auch dann, wenn man die Oberleitung überhaupt nicht berührt. Der Fahrstrom in den Oberleitungen beträgt 15.000 Volt. Bis 1,50 Meter weit kann der Strom die Luft überbrücken. Sobald man den Mindestabstand unterschreitet, springt der Strom über. So ein Lichtbogen ist sehr energieintensiv. „Die hohe Energie fließt für einen kurzen Moment durch den gesamten Körper und sorgt für schwere Verbrennungen und Organschäden“, erklärte der erfahrene Feuerwehrmann.
„Immer in Todesgefahr“
„Wer auf einen Waggon klettert, ist deshalb immer in Todesgefahr“, betonte der Feuerwehr-Experte. Erst recht, wenn es dunkel sei und man die Oberleitung nicht gut sehen könne. Das Risiko gilt auch für Retter. Deshalb warnt die Feuerwehr Zeugen davor, nach so einem Unfall zu versuchen, das Opfer vom Waggon zu bergen.

Selbst die Feuerwehr kann in so einem Fall erst dann eingreifen, wenn der Notfall-Manager der Bahn und die Bahnpolizei die Anlage stromfrei geschaltet haben. „Die Anlage muss komplett spannungsfrei und geerdet sein, erst dann können die Rettungskräfte eingreifen.“
Auch Retter werden betreut
Bei einem Unfall dieser Art werden auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr psychologisch betreut. „Auch wenn die eine Art Grundimmunisierung haben, weil sie oft zu Rettungs- und Brandeinsätzen mit Verletzten und Toten gerufen werden, ist das, wenn junge Menschen zu Schaden kommen, sehr emotional“, so Patzke. Deshalb würden auch die Einsatzkräfte durch ein sogenanntes PSU-Team (Psychologische Unterstützung) im Nachhinein betreut, auch um posttraumatischen Belastungsstörungen vorzubeugen.
Bahn warnt mit Film
Über die Gefahr, die vom Spielen auf Güterwaggons ausgeht, hat die Deutsche Bahn ein YouTube-Video gedreht. Es zeigt eine typische Szene mit tragischem Ausgang. Nach Angaben der Bahnpolizei kommt es immer wieder zu verhängnisvollen Unfällen, vor allem im Bereich von Gleisanlagen mit abgestellten Güterwaggons.
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