ABC-Einsatz der Feuerwehr sorgte für Aufsehen in Schwerte Einsatzkräfte duschten auf der Straße

Chemie-Großalarm in Geisecke: Für einen Mann kam jede Hilfe zu spät
Lesezeit

Blaulichter über Blaulichter drängelten sich in den Gassen rund um die sonst so stille Siedlung Am Hermannsbrunnen. Sogar die Durchfahrt auf der Landstraße Zum Wellenbad nach Iserlohn wurde für die Feuerwehr-Fahrzeuge zeitweilig gesperrt. „Da war richtig Rambazamba“, sagt Michael Habinghorst. Seit 40 Jahren wohnt er in Geisecke. Doch so einen ABC-Alarm wie am Dienstagmittag (21.1.) hatte er in seinem Ortsteil noch nie erlebt.

Keine Lacke im Spiel

Beim Spazierengehen war der 72-Jährige unversehens auf das dramatische Geschehen gestoßen. Ganz nah kam er nicht heran, da die Einsatzstelle von beiden Seiten her mit Flatterband abgesperrt gewesen sei. Besonders ungewöhnlich war das große rote Zelt, das mitten auf der Straße aufgebaut war. „Ich dachte zuerst, da ist etwas in die Kanalisation gelaufen“, berichtet Michael Habinghorst. Erst später erfuhr er, dass es sich um ein sogenanntes „Dekontaminierungszelt“ für die Retter handelte, die in Schutzkleidung eines der Wohnhäuser betreten mussten. Welches Gebäude genau, das war von der Straßenecke aus schlecht auszumachen. Rauch sei auch nicht zu sehen gewesen.

Feuerwehrleute  sind in Schutzanzügen im Einsatz.
Ein großes rotes Dekontaminations-Zelt hatte die Feuerwehr am Dienstagmittag (21.1.) mitten auf der Straße Am Hermannsbrunnen aufgeschlagen. © Michael Habinghorst

Umstehende rätselten, was wohl diesen Aufwand herausgefordert hatte. „Farben oder Lacke“, hörte Michael Habinghorst einige rätseln. Die waren nach Auskunft von Wilhelm Müller, Leiter der Schwerter Feuerwehr, aber nicht im Spiel. „Dann würden wir nicht in so einem Anzug vorgehen“, sagt er. Es habe sich um nicht näher bezeichnete „Chemikalien“ gehandelt, die keine Dämpfe ausstoßen. „Grundsätzlich bestand keine Gefahr für die Öffentlichkeit“, ergänzt Polizei-Pressesprecherin Jana Ebbinghaus (Unna).

Schutzkleidung abduschen

Rauch sei auch nirgends zu sehen gewesen, schildert Michael Habinghorst. Die auf der Fahrbahn ausgerollten Schläuche dienten auch einem anderen Zweck: Für die sogenannte „Dusche“ der zurückkommenden Einsatzkräfte, wie Feuerwehrchef Wilhelm Müller erläutert. Mit ihr würden die Anzüge abgewaschen, wenn sie von außen mit Giftstoffen in Kontakt gekommen sind. Danach wird die Schutzkleidung im „Schwarzbereich“ vor dem Zelt abgelegt, bevor sich die Kollegen im „Weißbereich“ in dessen Inneren umziehen oder auch einen wärmenden Overall bekommen. Denn in den luftundurchlässigen Schutzanzügen sei man schon nach 20 Minuten nassgeschwitzt.

Das Zelt und die aufwendige Ausrüstung hält die Feuerwehr Schwerte nicht nur wegen Fabriken vor, die Chemikalien verarbeiten. Es könnte – so Wilhelm Müller – ja auch jederzeit ein Transport mit Gefahrgut auf der Autobahn, anderen Straßen oder auf der Schiene verunglücken. Bei dem Einsatz in Geisecke sei ein Mann leblos in der Wohnung aufgefunden worden. Es soll sich um einen Suizid gehandelt haben. Ein Familienmitglied sei zur Vorsorge ins Krankenhaus gebracht, aber relativ schnell wieder entlassen worden.

Zum Thema

In der Regel berichten wir nicht über Suizide – es sei denn, ein Einsatz von Polizei und Rettungsdienst zieht große Aufmerksamkeit auf sich und/oder hat Auswirkungen auf das öffentliche Leben. Wenn Sie sich selbst von Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter Tel. 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.