
© Reinhard Schmitz
Sogar im City-Center ist wieder Leben in der Bude: Geschäfte öffnen
Coronavirus in Schwerte
Endlich keine Geisterstadt mehr. Einen Monat lang waren die Geschäfte wegen der Coronakrise zur Schließung verdonnert. Seit Montag sind fast alle Läden wieder zurück. Und nicht nur die.
Raus aus den gefütterten, viel zu warmen Winterboots. Mädchen und Jungen mussten schwitzen in den vergangenen vier Wochen, als sie Sommerschuhe nur im Schaufenster betrachten konnten und die alten nicht mehr passten.
Vor allem Kinderschuhe waren deshalb gefragt, als das Schuhhaus Hitzegrad nach der Corona-Zwangsschließung wie die meisten Schwerter Geschäfte am Montagmorgen endlich wieder öffnen durfte. „Alle beachten die Maßnahmen“, berichteten die Mitarbeiter, die selbst Mundschutz trugen.
Auf den 500 Quadratmetern an der Karl-Gerharts-Straße war es auch kein Problem, genügend Sicherheitsabstand zu halten.
Mit Rossmann-Einkaufskörbchen in die Tchibo-Filiale
Daran haben sich die Schwerter in den zurückliegenden Wochen gewöhnt. Gut und gerne eine Zollstocklänge passte jeweils zwischen die Wartenden, die vor der dm- und vor der Rossmann-Filiale geduldig für den Einlass anstanden.
Auch in den Verkaufsräumen wurde darauf geachtet, dass es nicht zu eng wurde. Um das zu kontrollieren, durfte man beispielsweise bei Tchibo nur mit Einkaufskörbchen eintreten - die waren rot und offensichtlich vom Nachbarn Rossmann zur Verfügung gestellt. Ein schönes Zeichen, wie Händler sich in schweren Zeiten gegenseitig unter die Arme greifen.

Nicht so voll wie an Markttagen, aber endlich auch keine Geisterstadt mehr: Die vielen wieder geöffneten Läden lockten die Schwerter wieder in die Hüsingstraße. © Reinhard Schmitz
Nur jeweils zwei Kunden - so mahnte ein Schild - sollten gleichzeitig die Ruhrtal-Buchhandlung besuchen. Einer der Glücklichen war Dieter Althaus, der gleich mit zwei dicken Schmökern unter dem Arm wieder herauskam. „Darauf habe ich gewartet“, sagte der Hagener. In seiner Stadt sei die Stadtbücherei derzeit geschlossen: „Alles, was ich ausgeliehen hatte, habe ich ausgelesen.“ Jetzt hatte er einen neuen Thriller und einen neuen Krimi.
Händlerin war zu Hause schon die Decke auf den Kopf gefallen
Ein paar Schritte weiter, bei Ernstings Family, durften 24 Besucher eingelassen werden. Die Atmosphäre sei „schwer entspannt“, freuten sich die Verkäuferinnen. Fast alle Geschäfte waren wieder da.
Von Cruse über Ma Petite Passion bis zu Kotte am Markt. Für Farbtupfer sorgten die Ständer mit Sonnenbrillen und Tüchern vor Bijou Brigitte, während Nettes Lädchen Taschen präsentierte. „Wir hatten heute Morgen ganz gut Zulauf - auch Leute, die Lust hatten zu kaufen“, berichtete Inhaberin Annette Neuert, die froh war, dass sie nicht mehr zu Hause sitzen musste: „Da ist mir fast die Decke auf den Kopf gefallen.“

Schwerter Geschäftsleute halfen sich gegenseitig: Um die Tchibo-Filiale betreten zu können, waren dort Einkaufskörbchen vom Nachbargeschäft Rossmann aufgestellt. © Reinhard Schmitz
Große Überraschung: Auch im City-Center öffneten KiK und Tedi, wo vor dem Kassenbereich unverkaufte Porzellanhasen und andere Osterartikel zu Sonderpreisen weggingen. Die Rolltreppe zur Woolworth-Filiale im Untergeschoss stand dagegen still und war mit blauen Flatterband abgesperrt: Aufgrund behördlicher Anordnung sei „Bis auf Weiteres“ geschlossen, war auf einem Schild zu lesen.
Auch der Askania-Markt neben dem City-Center blieb dunkel. Dafür gab es auf dem Parkplatz ein anderes Schauspiel zu beobachten: Ein riesiger Sattelzug mit bulgarischem Kennzeichen hatte sich in der engen Einfahrt festgefahren.
Auch die Bettler sind wieder da
Dagegen war in der Mährstraße, der kleinen Schwerter Fußgängerzone, mit dem Abzweig zur Teichstraße schon wieder fast alles beim Alten. Von Vielerlei über Luuly´s Mo bis zum Wollgeschäft Mühr und Intersport waren die Geschäfte wieder offen. Genauso wie die erst vor wenigen Monaten gegründete Boutique Ava von Claudia Jesser. „Es kommt langsam wieder Leben in die Bude“, sagte ihr Mann Michael Jesser, der mit dem Kärcher-Fensterreiniger den Staub der Zwangsschließung vertrieb.
Mit den Passanten war auch wieder ein Bettler in der Hüsingstraße zurück. Das Klimpergeld im Sammelteller hatte offensichtlich schon für eine Dose Ravioli gereicht. „Das Virus ist eine Rache der Natur“, philosophierte er einer Passantin zu.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
