Tim Kerger (41) kennt seine Koi-Karpfen. Er sagt: Das Tierschutzgesetz verbietet, sie einfach auszusetzen.

Tim Kerger (41) kennt seine Koi-Karpfen. Er sagt: Das Tierschutzgesetz verbietet, sie einfach auszusetzen. © Niehaus / Montage Sauerland

Koi im Ententeich ausgesetzt – Experte Tim Kerger: „Andere Fische könnten sterben“

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Eine Spaziergängerin hat im Ententeich im Schwerter Wald einen Koi-Karpfen entdeckt. Das Tier wurde offenbar ausgesetzt. Nach dem Tierschutzgesetz ist das verboten. Und es gibt noch ein anderes Problem.

Schwerte

, 02.07.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Auf ihrem Hundespaziergang entdeckt Michaela Schütte am Ententeich im Schwerter Wald einen ungewöhnlichen Teichbewohner: In Ufernähe schwimmt ein perlmuttfarbener Koi-Karpfen mit rötlichen Flossen.

Die Spaziergängerin zückt ihr Handy und fotografiert den Fisch. Der schnelle Schnappschuss ist ein wenig verschwommen, aber es ist gut zu erkennen, dass es sich um einen Koi handelt. Schütte schickt das Bild an die Schwerter Ratsfrau Bianca Dausend – und die findet klare Worte für das Verhalten des Koi-Besitzers: „Der Ententeich mit seinen vielfältigen Problemen sollte nicht auch noch als Entsorgungsbecken für den heimischen Gartenteich genutzt werden“, mahnt sie.

Ein schillernder Bewohner schwimmt im Ententeich umher. Obwohl dort auch Karpfen leben, ist der Teich nicht der richtige Ort für Zierfische.

Ein schillernder Bewohner schwimmt im Ententeich umher. Obwohl dort auch Karpfen leben, ist der Teich nicht der richtige Ort für Zierfische. © Michaela Schütte

Abgesehen davon, dass der Teich für Kois und andere Gartenteichfische denkbar schlechte Voraussetzungen biete, würde ein weiterer Fischbesatz den sauerstoffarmen Ententeich „in erheblichem Umfang“ belasten. Auf Anfrage erzählt sie: „Wir sind dort oft mit dem Angelverein zusammen, pflegen und bepflanzen den Uferbereich.“ Die Pflanzen würden für mehr Sauerstoff sorgen.

Bakterielle Erkrankungen können die anderen Fische töten

Und es gibt noch ein größeres Problem – wie Tim Kerger vom Schwerter Gartencenter Pötschke weiß. Kerger ist dort der Experte in der Teich- und Aquaristik-Abteilung. Mit Kois kennt sich der 41-Jährige gut aus. Geht er am Rand des großen Schwimmteichs entlang, erkennen ihn die Fische von Weitem und kommen im Schwarm angeschossen.

Im Schwimmteich des Gartencenters Pötschke fühlen sich die Tiere wohl. Im Schwerter Ententeich haben sie nichts zu suchen.

Im Schwimmteich des Gartencenters Pötschke fühlen sich die Tiere wohl. Im Schwerter Ententeich haben sie nichts zu suchen. © Martina Niehaus

Kerger glaubt, dass von dem ausgesetzten Zierfisch nun eine große Gefahr für den Karpfenbestand und alle anderen Fische im Teich ausgeht. Denn Kois können bakterielle Krankheiten übertragen. „Bei Koi-Herpes zum Beispiel kann es passieren, dass alle Fische im Gewässer eingehen.“ Wie hoch er die Gefahr einschätzt? „Ich gehe von einer Wahrscheinlichkeit von 50:50 aus“, sagt Kerger.

Tim Kerger und seine Kois: Die Tier erkennen ihn von Weitem, teilweise fressen sie ihm sogar aus der Hand.

Tim Kerger und seine Kois: Die Tier erkennen ihn von Weitem, teilweise fressen sie ihm sogar aus der Hand. © Martina Niehaus

Einen Fisch auszusetzen, ist nach dem Tierschutzgesetz verboten

Tierschutzrechtlich sei es verboten, Zierfische auszusetzen. „Ein Haustier ist ein Haustier. Das ist genauso, als würde ich einen Hund oder eine Katze aussetzen.“ Das steht auch so im Paragraphen 3 Absatz 3 des Tierschutzgesetzes: „Es ist verboten, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen“, steht dort. Geldbußen in fünfstelliger Höhe sind möglich.

Die Überlebenschancen für den Koi schätzt Kerger niedrig ein. „Die Fische sind anpassungsfähig. Jetzt im Sommer kann der Karpfen Wasserflöhe und anderes Getier fressen. Aber wenn der Winter kommt und der Teich möglicherweise zufriert, ist er das nicht gewohnt. Zumal er dann keine Nahrung mehr findet.“

Dieser Koi-Karpfen ist nach Einschätzung des Experten rund 30 Jahre alt.

Dieser Koi-Karpfen ist nach Einschätzung des Experten rund 30 Jahre alt. © Martina Niehaus

Bianca Dausend bedankt sich bei der Spaziergängerin, die das Bild gemacht hat. „Ich bin froh, dass die aufmerksame Michaela Schütte mich umgehend kontaktiert hat.“ Bald jede Stadt verfüge über einen Aquaristik-Club, der bei der Vermittlung von zu groß gewordenen Gartenteich-Fischen unterstützen könne. Bianca Dausend: „Hilfe zu suchen, ist keine Schande und mit Sicherheit der verantwortungsvollere Weg.“

Kois werden 50 Jahre alt – Störe sogar 140 Jahre

Aquaristik-Experte Tim Kerger ergänzt dazu, dass man auch bei einem Verkauf aufpassen solle. „Zunächst sollte das Tier in Quarantäne allein in einem Becken schwimmen, das mit dem Wasser gefüllt ist, in das es später umziehen soll.“ So könne man garantieren, dass der Koi gesund sei.

Zwei Kois auf Tuchfühlung. Solange die Tiere gesund sind, ist das kein Problem. Doch kranke Artgenossen können ansteckende Krankheiten übertragen.

Zwei Kois auf Tuchfühlung. Solange die Tiere gesund sind, ist das kein Problem. Doch kranke Artgenossen können ansteckende Krankheiten übertragen. © Martina Niehaus

Doch über die Gesundheit des Tieres hat sich der Besitzer oder die Besitzerin des Kois im Ententeich vermutlich keine Gedanken gemacht. Und über die Lebenserwartung auch nicht – Kois werden bis zu 50 Jahre alt. Getoppt werden sie dabei nur von Stören, die es auch im Gartencenter Pötschke gibt. „Ein Stör wird bis zu 140 Jahre alt – und mehrere Meter lang“, sagt Tim Kerger. „Diese Anschaffung sollte wohl überlegt sein.“