Erstwählerin (18) im Corona-Wahljahr: „Es ist uns nicht egal“

© Reinhard Schmitz

Erstwählerin (18) im Corona-Wahljahr: „Es ist uns nicht egal“

rnBundestagswahl 2021

Als Teil der Generation Fridays for Future beschäftigt unsere Autorin (18) vor allem ein Thema: die Klimakrise. Doch es hat sich auch viel Frust über die Politik der vergangenen Jahre angestaut. Nun soll sie wählen. Zum ersten Mal.

von Klara Loser

Schwerte

, 26.09.2021, 10:11 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dieser Text ist im August 2021 zum ersten Mal erschienen.

Ich bin Erstwählerin bei den Bundestagswahlen, politisch interessiert, aber weniger politisch engagiert. Sich zu beschweren, fühlt sich dann manchmal nicht richtig an. Aber eine Meinung habe ich schließlich trotzdem.

Es ist uns nicht egal

Die letzten Jahre haben mit Bewegungen wie „Fridays for Future“ bewiesen, dass meine Generation alles andere als politikverdrossen ist. Wir sind interessiert – und es ist uns alles andere als egal, was in diesem Land passiert. Wie sollte es auch anders sein: Es geht schließlich um unsere Zukunft.

Und das nicht nur irgendwie, sondern bedeutend akuter als jemals zuvor. Die politischen Entscheidungen von heute werden den Planeten, auf dem wir leben, beeinflussen. Sie werden darüber entscheiden, wie bewohnbar er für uns und unsere Kinder sein wird.

Das Problem ist doch Folgendes: Der demografische Wandel bedeutet, dass die größten Bevölkerungs- und damit Zielgruppen der politischen Entscheider in einer völlig anderen Welt groß geworden sind als die, in der wir jetzt leben. Die Schnelllebigkeit der Globalisierung und die drohende Klimakatastrophe gehören für mich schon immer zur Lebensrealität.

Für ältere Generationen aber nun mal weniger. Zumindest scheint das die Politik so zu sehen. Denn die Entscheidungstragenden setzen mehr darauf, für diese Generationen ein falsches Gefühl der Sicherheit zu erwecken, anstatt sich mit der Realität zu befassen. Damit verbauen sie uns seit Jahrzehnten die Zukunft.

Ihr verbaut uns die Zukunft

Zuletzt wurde eine Folge der Tagesschau aus dem Jahr 1995 vielfach in den sozialen Medien geteilt. Das Thema: die Klimakrise. In 25 Jahren sei es zu spät zum Handeln. 25 Jahre später hat man den Eindruck, es tue sich immer noch nichts. Oder zumindest zu wenig, zu langsam. Und vielleicht sind die Dinge, die sich doch entwickeln, die doch voran getrieben werden, nicht einmal so sinnvoll.

Nehmen wir beispielsweise das Thema Mobilität. Die Diskussion dreht sich aktuell vor allem um Autos. Verbrenner abschaffen, her mit der E-Mobilität. Aber das scheint kaum eine sinnvolle Alternative zu sein. Denn auch die Produktion von E-Autos sorgt für gewaltige ökologische Probleme, ganz zu schweigen von den Menschenrechtsverletzungen bei der Batterieproduktion.

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Das Thema öffentlicher Nahverkehr bleibt währenddessen schwierig. Dabei brauchen wir ein stabiles, leistungsfähiges ÖPNV-Netz, um den Autoverkehr zu reduzieren. Das ist nämlich das eigentlich Notwendige: Nicht andere Autos, sondern weniger. Das wird aber nicht passieren, wenn die zehnminütige Busfahrt von Ergste nach Schwerte 3 Euro kostet.

Es werden Entschuldigungen anstatt Lösungen gesucht

Teil des Problems ist auch die Art und Weise, in der über Klimaschutzmaßnahmen debattiert wird. Ständig wird propagiert, dass diese das Leben so viel schwieriger und teurer machen werden. Dabei wird schon wieder am Thema vorbei geredet.

Einerseits gibt es viele Aspekte, die vor allem von der Regierung angegangen werden müssen. Beispielsweise die Energiewende. Andererseits wären die langfristigen Folgen unserer aktuellen Lebensweise um einiges teurer.

Die kapitalistische Denkweise „schneller, weiter, höher“ ist derweil in unsere Köpfe eingebrannt. Diskutiert man in der Schule über Klimaschutz, wird es immer jemanden geben, der meint, dass das ja nicht ginge, schließlich würde es der Wirtschaft schaden. Es hat mich jedes mal frustriert. Denn es rückt einem immer wieder ins Gedächtnis, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Katastrophe zusteuern.

Die Tatsache, dass trotz all dieses Wissens dennoch zu wenig passiert, lässt einen verzweifeln. Und es raubt mir den Glauben an die Fähigkeit der Politik.

Pessimismus scheint zum Realismus geworden zu sein.

Der Wahlkampf ist eine inhaltlose Schlammschlacht

Der ziemlich inhaltlose Wahlkampf, der einen eher an einen Kindergartenstreit erinnert, macht alles, aber er weckt kein neues Vertrauen. Was wir fordern, sind Inhalte und Perspektiven. Was sind die Pläne für Klima- und Umweltschutz? Wie geht es in den Schulen weiter? An den Universitäten?

Währenddessen macht sich Armin Laschet in einem Boxclub in Frankfurt wieder mal zum Affen, Annalena Baerbock muss sich meiner Meinung nach mit einer Schmutzkampagne nach der anderen befassen, anstatt sich auf Inhalte fokussieren zu können. Und sollte Olaf Scholz die Wahl gewinnen, liegt das mehr an der zunehmenden Unwählbarkeit seiner Konkurrenten, anstatt seines eigenen Programms. Finde ich.

Sich zwischen all diesem Chaos für die passende Partei zu entscheiden, ist alles andere als einfach. Wahrscheinlich wird einem der Wahl-O-Mat ähnlich wenig weiterhelfen, der meiner Mutter seit Jahren immer wieder die Tierschutzpartei empfiehlt.

Zugleich muss man abwägen, welche Themen einem wichtig sind, andererseits jedoch auch, was man unter keinen Umständen möchte. Dazwischen ein Gleichgewicht zu finden, ist schwierig. Für Sie vielleicht auch. Für mich als Erstwählerin vielleicht noch mal mehr.