Es ist nicht so, als ob ich ihn nicht vorgewarnt hätte: Ein Tagespraktikum in der Grundschule ist nicht ohne. Das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung – ich hatte damals in der großen Pause die Feuerwehr rufen müssen, weil sich ein Junge unter meiner Aufsicht in einer Astgabel eingeklemmt hatte und nicht mehr vom Baum herunterkam.
Doch die Kinder sollen im Schülerpraktikum ja ihre eigenen Erfahrungen sammeln. Das hat auf jeden Fall geklappt: Mein 14-Jähriger weiß jetzt, was er auf gar keinen Fall werden will.
Lehrer im Praktikum
Denn das Lehrerdasein wäre ihm viel zu anstrengend, bei der frechen „Jugend von heute“. Dabei hatte sich das Kind richtig gut vorbereitet: In den Wochen vor dem Praktikum hatte ich mehrmals das kleine Einmaleins abfragen und das schriftliche Dividieren mit ihm wiederholen müssen.
Okay, das sollte in Klasse 8 inzwischen sitzen, denken Sie jetzt. Doch der Junge hatte einfach Angst davor, sich vor seiner ehemaligen Mathelehrerin (und deren Zweitklässlern) zu blamieren.
Dabei hätte sich der Junior wegen seiner Mathekenntnisse keine Sorgen machen müssen, denn die wurden nicht wirklich in Anspruch genommen. Viel wichtiger waren seine Streitschlichter-Kompetenzen auf dem Pausenhof. Respekt vor dem Alter erfuhr er dabei leider nicht. Entsetzt erzählte er mir hinterher: „Mama, die haben mich allen Ernstes ,Digger Alter‘ genannt!“ Dass er und sein Bruder sich genauso nennen, war dabei unwichtig. „Die sind erst neun Jahre alt – hallo?“

Immerhin konnte der Tagespraktikant feststellen, dass Zweitklässler höchst kompetent mit dem Zentimetermaß umgehen können. „Wie groß ist deiner?“, wurde er im Klassenzimmer von einem besonders mitteilungsfreudigen Exemplar von Schüler gefragt. „Weil, also meiner ist nämlich schon acht Zentimeter lang!“ Blankes Entsetzen bei meinem Nachwuchs. „Der kleine Junge hat mich belästigt!“
Die gute Erkenntnis aus dem Tagespraktikum ist: Endlich weiß das Kind mal, wie es den armen Lehrkräften jeden Morgen so geht. Und als Pluspunkt kann er jetzt auch wieder anständig schriftlich dividieren!
In der Küche
Das Praktikum in der Küche eines Restaurants gefiel dem Sohnemann da schon viel besser. Weil er in seiner Freizeit sowieso gern isst, hat er für einen Tag sein Hobby zum Beruf machen dürfen.
Total erschöpft kam er am Nachmittag nach Hause. Denn als im Klassenraum hockender Schüler ist er eines nicht gewohnt: Stehen und gehen. Trotzdem war er glücklich: Er hatte Rouladen gerollt und gespießt, Schnitzel geklopft und paniert, Möhren geschrappt, Kartoffeln geschält, und zwischendurch immer mal wieder naschen dürfen.
Was mich erstaunt hat, war die Resonanz des Chefs: „Solche wie dich kann ich gebrauchen“, hatte der anschließend gesagt. Denn der Junior hatte allen Ernstes zwischendurch freiwillig gespült. „Es war so viel zu tun, da hab ich das einfach gemacht.“ Warum ihm das bisher zu Hause nie in den Sinn gekommen ist – die Diskussion fange ich lieber erst gar nicht an.

Bei der Zeitung
Als Redakteur hat mein Sohn schließlich erlebt, was seine Eltern den lieben langen Tag so machen. Allerdings schien auch dieser Praktikumstag noch vom Essen bestimmt zu sein: Der schönste Moment war die Pizza in der Mittagspause.
Und sein erster selbst geschriebener Artikel handelte davon, dass der große Bruder ihm am Vorabend das letzte Kotelett vor der Nase weggeschnappt hatte. Die reißerische Überschrift lautet: „Junge wird Frühstück weggenommen – Kotelett wird gegen den Willen des 14-Jährigen entnommen“.
Gut gemacht, mein Kind. Darauf lässt sich aufbauen.
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