Einzelhändler in Schwerte unter Druck "Geld geht jetzt nur für Stromrechnungen drauf"

Einzelhändler unter Druck: „Geld geht nur für Stromrechnungen drauf“
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Die Einkaufsstraße in Schwerte ist am Donnerstagmittag wie leer gefegt. Nur wenige Menschen bummeln durch die Läden. Ein Blick ins Innere der Geschäfte verrät: An den Kleiderständern ist wenig los, kein Kratzen der Kleiderbügel ist zu hören. Die finanzielle Sorge der Kunden merke man auf jeden Fall an ihrem Kaufverhalten, meint Verkäuferin Ingrid Haarmann. In dem Modegeschäft am Marktplatz, „Creativ Moden“, ist kein Kunde da.

„Das Geld, das sonst übrig war, geht jetzt für die doppelten Stromrechnungen drauf“, sagt sie. Stammkunden kommen zwar trotzdem noch, doch mit der Laufkundschaft werde es immer weniger. Auch der verkaufsoffene Sonntag sei leider kein Umsatz-Highlight gewesen. „Es ist viel zu warm gewesen. Da kaufen die Leute keine Wintermode“, beklagt sie.

„Konsumstimmung im Keller“

Das Problem der Einzelhändler: Bestellungen werden immer schon Monate im Voraus getätigt. Im Frühjahr wird die Mode für den Winter bestellt und umgekehrt. Langfristig planen, das könne man jetzt gar nicht mehr, sagt Ingrid Haarmann. Zuvor hemmte Corona die Kauffreude, jetzt sorgt die Energie-Krise dafür, dass weniger eingekauft wird. „Wir müssen einfach abwarten.“

Um Energie zu sparen, gehen bei „Creativ Moden“ die Lampen im Schaufenster jetzt schon immer um 18.30 Uhr aus, eine halbe Stunde nach Ladenschluss. Sonst brannten die Lichter immer bis 22 Uhr.

Schon im August 2022 beklagte der Handelsverband Deutschland (HDE) die schwierige Lage für Einzelhändler: „Die Konsumstimmung ist im Keller. Händlerinnen und Händler spüren eine zuvor nie dagewesene Verunsicherung ihrer Kundschaft und das branchenübergreifend“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Schon die Pandemie habe das Kaufverhalten der Verbraucher deutlich verändert, doch die Energiekrise verstärke die Kaufzurückhaltung. Das bestätigt auch Ulrike Hitzegrad, Chefin von „Contrast zieht an“ an der Hüsingstraße in Schwerte.

Das Dreifache an Energiekosten

„Internetkäufe, Corona, Energie-Krise – das Kaufverhalten ist schon lange schlecht“, sagt sie. Die Öffnungszeiten habe sie schon angepasst, mittwochs schließt der Laden jetzt schon um 13 Uhr.

Die Heizung sei gedrosselt, an Personalkosten könne sie gar nicht weiter sparen. Denn mit ihr arbeitet nur noch eine weitere Verkäuferin im Geschäft, die Aushilfe beschäftigt sie nicht mehr. Immer weniger Umsatz und immer höhere Kosten, das mache ihr natürlich Sorge. Sie müsse jetzt das Dreifache an Energiekosten stemmen.

Ulrike Hitzegrad, Chefin des Modegeschäfts "Contrast zieht an" an der Hüsingstraße in Schwerte.
Ulrike Hitzegrad musste die Öffnungszeiten in ihrem Modegeschäft „Contrast zieht an“ an der Hüsingstraße anpassen. Das Kaufverhalten sei seit Jahren schlecht. © Irina Höfken

Voll sei es zwar gewesen beim Verkaufsoffenen, aber die Kaufkraft, die sei einfach nicht da, so Hitzegrad. „Nächstes Jahr wird es noch mal so richtig bergab gehen“, prophezeit sie. Und ergänzt: „Viele werden die Segel streichen müssen.“ Ob ihr Laden wohl auch dazu gehört? „Ich bin vorsichtig. Ich kann den Laden aber nicht als Hobby betreiben, wenn unterm Strich nichts hängen bleibt. Ich liebe meinen Laden und hoffe, dass es wieder bergauf geht.“

Kleiner Laden hat Vorteile

Dass Ulrike Wegscheider einen kleinen Laden mit nur etwa 20 Quadratmetern betreibt, komme der Chefin von „Ella Mode & Accessoires“ am Postplatz jetzt zugute. Schon länger hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, ihre Ladenfläche zu vergrößern und umzuziehen.

Doch jetzt muss dementsprechend auch nur eine kleinere Fläche mit Wärme und Licht versorgt werden. Tagsüber brennen die meisten Deckenlichter nicht. Ein paar müsse sie aber einschalten, damit die Kunden nicht denken, der Laden wäre geschlossen.

Ulrike Wegscheider steht an der Kleiderstange vor ihrem Modegeschäft "Ella Mode & Accessoires" am Postplatz in Schwerte.
Ulrike Wegscheider merkt aktuell kein verändertes Kaufverhalten ihrer Kunden in ihrem Modegeschäft „Ella Mode & Accessoires“ am Postplatz in Schwerte. © Irina Höfken

Bei Ladenschluss werden aber alle Lichter ausgeschaltet. Über gestiegene Preise hätten sich ihre Kunden noch nicht beschwert. Doch allein schon im Einkauf seien Schals etwa 50 Prozent teurer geworden, schildert sie. Das gebe sie so aber nicht an ihre Kunden weiter. Ein verändertes Kaufverhalten habe sie bei ihrer Kundschaft aufgrund der Energie-Krise aber nicht wahrnehmen können.

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