Darum lohnt sich ein Besuch der „Feuerzangenbowle“ im Theater am Fluss

© Bernd Paulitschke

Darum lohnt sich ein Besuch der „Feuerzangenbowle“ im Theater am Fluss

rnRühmann-Klassiker

Eine eigene Inszenierung des Spielfilm-Klassikers „Die Feuerzangenbowle“? Das kann schnell peinlich werden. Das Theater am Fluss in Schwerte aber meisterte diese Herausforderung.

Schwerte

, 03.12.2018, 11:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein Ökonom, ein Apotheker, ein Justizrat und der erfolgreiche Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer feiern einen Herrenabend und betrinken sich mit Feuerzangenbowle.

Dr. Pfeiffer gibt zu, nie auf einer „richtigen Penne“ gewesen zu sein. Er hatte einen Privatlehrer. Der volltrunkene Männerkreis beschwört: Johannes Pfeiffer soll seine Verlobte für einige Zeit verlassen, um inkognito als Schüler einer Oberprima seine Matura noch einmal auf normalem Wege zu bauen.

Es folgt eine Lausbubengeschichte, die eine autoritäre und strafende Pädagogik entlarvt und sich gegen die Strenge von Ehe und Zucht um die Jahrhundertwende richtet. Natürlich verpackt in viel Watte.

Altherren, ein Backfisch und Mobbing in der Gymnasialanstalt

Intensiv und berauschend gelang es den Darstellern Rainer Budde, Anselm Polduwe und Herbert Hermes den schrulligen Altherrenpersönlichkeiten Ausdruck zu verleihen. Marco Kuhnke spielte ganz charmant und herzerwärmend den Johannes Pfeiffer, der sich über seine Lehrer nur amüsieren und ärgern kann und sich neu verliebt.

Ausgerechnet in Eva, die Tochter des Direktors der „ehrwürdigen Gymnasialanstalt“. Eva ist ein Backfisch feinster Güte. Alina Kaufmann spielte sie zuckersüß mit feiner Zurückhaltung.

Es folgten Schelmenstreiche und Dramen im Klassenzimmer. Da werden Dinge gestohlen, Menschen entblößt, Mitschüler gemobbt.

Kaiserliche Autorität und das Recht des Stärkeren herrschen im Klassenzimmer genauso wie der geistige Zerfall einer untergehenden Epoche, die nicht versteht, was sie lehrt und zunehmend gaga wird.

Nach einem zarten Kuss nimmt die Katastrophe seinen Lauf

Da ist zum Beispiel der Junge Luck. Er ist sehr schlau, etwas unbeholfen, hilfsbereit und wird deshalb von seinen Mitschülern ausgenutzt und fertiggemacht. Jan Lukas Schütte spielte ihn herausragend, sang auf der Bühne, schrie auf der Bühne. Dieser Schmerz findet Linderung in der Freundschaft zu Pfeiffer.

Die Jungs treffen sich in Pfeiffers Bude, wo ihnen die Hauswirtin (Sabine Belligoi) Alkohol besorgt und ihnen schöne Augen macht. Freundschaft und Bier ermutigen Pfeiffer, näher an Eva heranzutreten. Ein erster zarter Kuss und schon offenbart Pfeiffer Eva seine wahre Identität und die Katastrophe nimmt ihren Lauf.

Nur durch eine Verwechslung und ein erpresstes Versprechen können der Ruf der Schule und Pfeiffers Leumund gerettet werden: Pfeiffer bekommt die Hand der weitaus jüngeren Eva und verlässt seine Verlobte (martialisch: Lisa Demand).

Feine Aspekte des Films gut ausbalanciert

Heinz Rühmann, der im Film Johannes Pfeiffer spielte, fuhr 1944 zur Wolfsschanze, wo sich der deutsche Diktator Adolf Hitler aufhielt, um die Freigabe des Films zu erwirken. Hitler gab ihn gegen den Rat seines Reichserziehungsministers frei. Dies schwingt mit, wenn man auch das Ernsthafte in diesem Rührstück betrachtet.

Das Ensemble balancierte diese feinen Aspekte des Films gut aus, setzte Akzente und Betonungen, sodass es seitens des voll besetzten Publikums nicht nur zu Gelächter, sondern auch zu Erschrecken und Mitleid kam. Es gab großen Applaus für die beherzten Darsteller und die gelungene Regie unter Leitung von Melissa Ihde und Alexander Lux.

Sechs weitere Vorstellungen


So kommen Sie an Karten

Weitere Vorstellungen finden statt am 7., 8. und 9. sowie am 14., 15. und 16. Dezember jeweils um 19.30 Uhr in der Theater-Halle, Ruhrstraße. Reservierung von Karten (10 Euro/ 5 Euro ermäßigt) über tickets@theateramfluss.de