Hände desinfizieren. Das galt in der JVA Schwerte schon vor Corona. Doch jetzt ist es noch wichtiger geworden.

© Markus/JVA Schwerte

Corona-Vorsorge der JVA: Kein Sport, kein Besuch, Häftlinge entlassen

rnJVA Schwerte-Ergste

Wo viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, ist die Corona-Gefahr besonders groß. Auch die JVA in Schwerte-Ergste ist im Krisen-Modus. Unter anderem hat man einige Häftlinge entlassen.

Ergste

, 01.04.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Schulen und Kitas sind geschlossen, Krankenhäuser und Pflegeheime sind abgeriegelt. Und das Gefängnis? Wie reagiert das auf die Corona-Gefahr? „Hier hat sich viel geändert“, sagt Sebastian Markus, der Pressesprecher der JVA in Ergste: „Das ist hier genauso wie draußen.“

Pandemie-Pläne gebe es ja schon länger. Schon damals bei der Vogelgrippe habe man sie berücksichtigt. Doch für Corona habe man alles anpassen müssen.

In solchen Fällen kommt in der JVA ein Krisenstab zusammen. Das oberste Ziel sei es, folgende Fragen zu beantworten, so Markus: „Welche Teile des Regelbetriebs müssen wir ändern? Wie können wir die Kontaktvermeidung begünstigen?“

Besuche sind nicht mehr erlaubt – aber es gibt Skype

Punkt eins, wie in Krankenhäusern: Besuche sind nicht mehr erlaubt, zumindest die privaten, mittlerweile schon in der dritten Woche. Die einzigen, die die Gefangenen noch besuchen dürfen, sind diejenigen, die es aus beruflichen Gründen tun – Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher beispielsweise.

Für alle anderen Kontakte bleibt maximal ein Video-Anruf über Skype, den die JVA nun ermöglicht.

Kein Schulunterricht mehr – und auch die Arbeit ruht

Punkt zwei, wie in der Schule: Es gibt keinen Unterricht mehr. Normalerweise hat die JVA in Ergste eine Schulabteilung für 50 Gefangene. „Die haben aber jetzt erweiterte Hausaufgaben bekommen, die sie bearbeiten sollen“, erklärt Markus.

Das oberste Gebot aber hier wie bei anderen Bereichen: Wo man den Kontakt der Menschen untereinander vermeiden kann, soll man das auch tun.

„Das führt dazu, dass wir auch die Arbeitsbereiche eingestellt haben.“ Die JVA hat eine Schreinerei, eine Metallverarbeitung in Zusammenarbeit mit Hundhausen. Und auch mit anderen Firmen arbeite man zusammen: Die Gefangenen erledigen kleinere Montagearbeiten oder verpacken Schrauben. „Aber das ruht alles derzeit“, unterstreicht JVA-Sprecher Markus.

Die Gefangenen bleiben in ihren Zellen, denn auch der meiste Sport ist gestrichen: Fußball, Crosstraining, Laufband – alles ruht. Was bleibt, ist das mit Abstand zwischen den Teilnehmern: Tischtennis-Badminton, Körperzirkeltraining.

Gefangene aus unterschiedlichen Flügeln bleiben isoliert

Der Ergster Gefängnis besteht aus mehreren Teilen und Gebäuden, aus mehreren Flügeln. Die Häftlinge aus einem dürfen gerade nicht auf solche aus anderen treffen.

„Wenn wir doch einen Corona-Fall bei uns hätten, müssten wir dann nur einen Flügel unter Quarantäne stellen“, erläutert Markus.

Was für die Umsetzung im Alltag auch bedeutet: In der Küche oder der Wäscherei dürfen gleichzeitig nur noch Gefangene aus einem Flügel arbeiten. Der Desinfektions- und Hygiene-Standard wurde von „eh schon sehr hoch“ auf noch höher gefahren.

„Diesen Gemeinschaftssaal, wie man ihn aus US-Filmen kennt, gibt es so ja nicht“, unterstreicht Markus. Jeder Gefangene esse im eigenen Haftraum. Und der Wärmewagen, mit dem die Speisen aus der Küche in die Flügel kommen, werde jetzt nicht mehr abgeholt, sondern hingestellt.

Sechs Häftlinge sind entlassen, viele neue kommen nicht

Bleibt die Frage, die das NRW-Justizministerium landesweit gestellt hat: Kann man vielleicht Haftstrafen aussetzen und später nachholen?

Dabei müsse natürlich jeder Einzelfall geprüft werden, verdeutlicht Markus: Hat der Gefangene draußen eine gesicherte Unterkunft? Ist die Strafe kurz genug oder handelt es sich um eine Ersatz-Freiheitsstrafe, etwa wenn jemand eine Geldstrafe nicht bezahlen kann? Sprechen andere Faktoren dagegen, etwa bei Drogen-Therapien, die draußen weiterlaufen müssten?

Sechs Häftlinge hat die JVA Schwerte als Corona-Prophylaxe entlassen. Parallel sind die Staatsanwaltschaften vom Land dazu angehalten, weniger Verurteilte als üblich neu in die Gefängnisse zu schicken. Natürlich nur, wenn ein späterer Strafbeginn kein Problem sei.

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