Seit 25 Jahren auf der Kehrmaschine Uwe Osthoff (60) ist der Saubermann von Schwerte

25 Jahre auf der Kehrmaschine: Uwe Osthoff ist der Saubermann der Stadt
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Slalom, den ganzen Tag nur Slalom: um parkende Fahrzeuge herum, um Baum-Inseln und Buskaps – und das stoisch, immer nur höchstens mit Tempo 10. „Sonst kehrt sie nicht richtig“, sagt Uwe Osthoff (60) und klopft mit der Hand auf seine dickbäuchige Kehrmaschine.

Er kennt das orangefarbene Arbeitsgerät in- und auswendig. Seit 25 Jahren sitzt er in ihrem Führerhaus, sozusagen als der Saubermann der Stadt. Denn mit dem ausfahrbaren Tellerbesen an der Bürgersteigseite und den Fegewalzen unter dem Fahrzeugboden sorgt er dafür, dass die Straßen stets einen gepflegten Eindruck abgeben.

Für Frühaufsteher unsichtbar

Die Aufgabe mitten im fließenden Verkehr erfordert acht Stunden höchste Konzentration. „Wenn wir abends nach Hause kommen, sind wir körperlich nicht kaputt, aber im Kopf kaputt“, berichtet der Mitarbeiter des städtischen Bauhofs. Von 6 bis 14.45 Uhr dauert normalerweise seine Schicht. Wer nicht zu den extremen Frühaufstehern gehört, sieht ihn und seine Kehrmaschine nie auf den Hauptstraßen. Denn die werden als Erste geputzt, bevor Rush-Hour und Stau beginnen.

Kehrmaschine
Einmal ausgeschwenkt, lässt sich der Rundbesen der Kehrmaschine per Druckluft seitlich und in der Höhe verstellen, damit Uwe Osthoff alle Stellen am Fahrbahnrand erreichen kann. © Reinhard Schmitz

Es ist schon die dritte neue Kehrmaschine, deren Steuer der 60-Jährige so traumhaft sicher bedient. Die erste hatte er vor 25 Jahren noch von seinem Vorgänger geerbt, der in den Ruhestand trat. Die anschließenden Wechsel hatten nichts mit Pannen oder Verschleiß zu tun: „Nach zehn Jahren ist die Maschine abgeschrieben, und es wird eine neue gekauft.“

Die alten habe man noch gut weitergeben können. Bis auf diejenige, die seit zweieinhalb Jahren ein paar Boxen weiter in der Halle des Baubetriebshofs an der Konrad-Zuse-Straße abgestellt ist. Sie ist voll funktionstüchtig und wird als Reserve vorgehalten. Ihren großen Einsatz hat sie immer im Herbst. Dann hilft sie mit ihrem Saugschlauch kräftig mit, die Laubkörbe an den Straßen leerzurüsseln.

Eigene Erfindung fürs Gießen

Alle 14 Tage gönnt Uwe Osthoff seiner Maschine einen Putz- und Flicktag. Dann ist er einmal rum im Stadtgebiet. Nach festem Tourenplan sind in der ersten Woche Schwerte-Mitte, Schwerte-Ost, die Schwerterheide und Westhofen an der Reihe, in der Woche darauf die Ortsteile südlich der Ruhr und Geisecke.

Rund 400 Kilometer Straße sind danach sauber, bevor die Runden wieder von vorne losgehen. Der Tellerbesen ist dabei schon nach einer Woche derart abgenutzt, dass er gewechselt werden muss. Ist einmal eine größere Reparatur zu erledigen, helfen drei Schlosser vom Bauhof. Dorthin kommt auch der Dekra-Prüfer, wenn die regelmäßige TÜV-Abnahme fällig ist.

Uwe Osthoff aus Schwerte in seiner Kehrmaschine
Mit einer Art Joystick kann Uwe Osthoff den Rundbesen an der Seite seiner Kehrmaschine seitlich ausfahren und in der Höhe verstellen. © Reinhard Schmitz

Dreimal am Tag will der Tank für das Spritzwasser aufgefüllt werden, das den Dreck auf dem Asphalt binden muss. „Sonst wird er oben wieder rausgeblasen“, erklärt Uwe Osthoff. Die Kapazität des Kehrrichtbehälters reicht in der Regel aber für die ganze Schicht. Es sei denn, die Bäume auf den Bürgersteigen stehen in der Blüte oder werfen im Herbst ihre Laubmassen ab.

Um die Pflanzen kümmert sich der Kehrmaschinenfahrer bisweilen übrigens auch. Wenn Not am Mann ist, greift er den Stadtgärtnern beim Gießen unter die Arme. Eigens dazu haben die Bauhofleute eine Adapterstück erfunden, mit dem sich der Hochdruckreiniger der Kehrmaschine im Handumdrehen mit einer Bewässerungslanze verbinden lässt.

Rücksichtslose Autofahrer

Die Zeit für den Gießeinsatz hat Uwe Osthoff dann im Kehrdienst vorher herausgearbeitet und ein paar Straßen schon am Vortag vorzeitig abgefahren. Kollegialität wird großgeschrieben im Bauhof. Man unterstützt sich gegenseitig. Auch nach Pflegearbeiten an den Baumscheiben rückt die Kehrmaschine auf Zuruf außerplanmäßig an, um auf der Straße klar Schiff zu machen. Das geht einfacher, als wenn die Gärtner zu Laubbesen und Gebläse greifen müssten.

Gießen beim Bauhof Schwerte
Erfinderische Bauhof-Leute: Mit der selbstgebauten Bewässerungslanze lässt sich der Kärcherschlauch der Kehrmaschine mit wenigen Handgriffen zum Gießen der Blumenbeete und Baumscheiben umrüsten, wenn die Stadtgärtner Unterstützung brauchen. © Reinhard Schmitz

Dann bedanken sich auch manchmal die Anwohnerinnen und Anwohner, dass es vor ihrem Haus wieder so ordentlich aussieht. Es sind die schönen Momente unter oft negativen Erlebnissen, die Uwe Osthoff in seinem Dienst machen muss. „Es nimmt keiner mehr Rücksicht“, klagt er.

Autofahrerinnen und Autofahrer können nicht warten, wenn die Maschine mit Warnblinklicht und Rundum-Beleuchtung rückwärts setzen muss. Oder quetschen sich in Überholmanövern in engsten Straßen vorbei, um schon 20 Meter weiter in ihre Hauseinfahrt abzubiegen: „Da musst du eine dicke Haut haben.“ Das gelte aber genauso für die Kollegen von der Müllabfuhr.

Polizei bescheinigte Unschuld

Der dreisteste Vorfall lässt den Kehrmaschinenfahrer heute noch nicht los. Völlig zu Unrecht – so berichtet er – wurde ihm vorgeworfen, ein anderes Fahrzeug beschädigt zu haben. Bei einer Gegenüberstellung habe ihm die Polizei bescheinigt, dass er für den Schaden nicht verantwortlich war. Die Fahrerin habe offensichtlich nur einen Sündenbock gesucht.

Besen für die Kehrmaschine
Der Verschleiß an Besen ist groß. Im Bauhof lagert ausreichend Ersatz für die Kehrmaschine von Uwe Osthoff. © Reinhard Schmitz

„Wenn ich ein Buch schreiben würde, wäre es ein Bestseller“, ist Uwe Osthoff überzeugt. Bis zu Wintertemperaturen von minus drei Grad sitzt er auf dem Bock seiner Großkehrmaschine. Erst wenn es noch kälter, steigt er auf ein anderes Fahrzeug des Bauhofs um, um beim Winterdienst mit anzupacken.

Tag für Tag mit dem 240-PS-Koloss durch die Stadt – davon hätte Uwe Osthoff nicht geträumt, als er im Februar 1991 seinen Dienst bei der Stadt Schwerte begann. Als Kanalmaurer kümmert er sich um die Gullydeckel und Straßeneinläufe, bevor er bei der Einführung des Dualen Systems die ersten Gelben Säcke abfuhr.

Danach kurzzeitig Platzmeister im Bauhof bewarb er sich schließlich auf die freigewordene Stelle auf der Kehrmaschine – und blieb. „Das ist definitiv meine letzte“, sagt er, als er ihren Seitenbesen einfährt: „In vier Jahren und fünf Monaten möchte ich in Rente gehen.“ Dann braucht Schwerte einen neuen Saubermann.

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