„Bäumchen wechsel dich“ im Schwerter Stadtrat Intrigen, Familiäres und ein tragischer Todesfall

„Bäumchen wechsel dich“ im Stadtrat seit der Kommunalwahl 2020
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Eigentlich waren die Schwerterinnen und Schwerter am 13. September 2020 aufgerufen, insgesamt 38 Mitglieder für den Stadtrat zu wählen. Weil es Überhangmandate gab, wurden es 44. Da die SPD 14 Direktmandate gewann, ihr aber laut Wahlergebnis nur 12 Sitze zugestanden hätten, wurde bei SPD, CDU, Grünen und AfD um jeweils einen Sitz aufgestockt.

Doch von den 44 Ratsmitgliedern der ersten Stunde sind rund zehn Prozent nicht mehr im Amt; ebenfalls rund zehn Prozent nicht mehr in der Fraktion, für die sie einst angetreten waren. Manchmal waren politische Querelen der Grund, mal neue Lebensumstände.

„Bäumchen wechsel dich“ im Schwerter Stadtrat:

Die Grünen: Thomas Möller, Gabriele Wentzek und Monika Rosenthal

Schon direkt nach der Wahl war klar: Zwei Kommunalpolitiker, die noch auf dem Wahlzettel standen, würden ihr Amt gar nicht erst antreten. Der für die Grünen über den Platz 8 der Reserveliste in den Rat gewählte Thomas Möller meldete sich bei der Stadt und erklärte, dass er nicht antreten werde. Der Grund: Möller war auch in den Kreistag gewählt worden. Und bei den Grünen hatte man unterschätzt, bis wohin die Reserveliste ziehen würde.

Für ihn rückte Gabriele Wentzek nach. Die 1951 geborene Diplom-Pädagogin hatte bereits Ratserfahrung. So war sie bis 2009 nicht nur Ratsmitglied, sondern auch Sprecherin ihrer Fraktion. Doch auch Wentzek verließ 2021 die Fraktion.

Auf sie folgte Monika Rosenthal, die schon lange für die Grünen Politik in Schwerte macht.

Thomas Möller (Grüne).
Thomas Möller (Grüne) war auch in den Kreistag gewählt worden und erklärte, dass er für den Stadtrat nicht antreten werde. © Die Grünen
Monika Rosenthal (Grüne).
Monika Rosenthal (Grüne) rückte für Gabriele Wentzek nach. © Bernd Paulitschke (A)

SPD: Jennifer Sandhu und Arnd Joeres

Noch vor der ersten Ratssitzung hatte die SPD verkündet, dass Jennifer Sandhu ihr Amt nicht antreten werde. Dabei hatte sie ihren Wahlkreis (7080 Schwerte Mitte/Nord) souverän direkt gewonnen. Sie selbst äußerte sich nie zu den Umständen. Die SPD erklärte, Sandhu würde das Amt aus persönlichen Gründen nicht antreten. Als Ersatz wurde Arnd Joeres in den Stadtrat berufen. Genau wie Bürgermeister Dimitrios Axourgos einst, ist er von Beruf Lehrer.

Jennifer Sandhu (SPD).
Jennifer Sandhu (SPD) trat ihr Amt nicht an. © SPD
Arnd Joeres (SPD).
Arnd Joeres (SPD) folgte auf Jennifer Sandhu. © SPD

Die Grünen: Heilwig Donner, Christian Schmidt und Claudia Weigel

Ebenfalls persönliche Gründe gab Dr. Heilwig Donner an, als sie im März 2022 den Rat der Stadt verließ. Auf der Reserveliste der Grünen war die Tierärztin aus Hennen immerhin die Nummer 3 und damit als sichere Kandidatin gesetzt. Ihr Nachfolger wurde Dr. Christian Schmidt, der 71-Jährige galt als grünes Urgestein in Schwerte.

Doch nur drei Monate nach seinem Nachrücken in den Rat starb Schmidt, der beruflich einst Erster Beigeordneter der Stadt Hagen war. Die Grünen mussten erneut auf ihre Reserveliste zurückgreifen und beriefen die Justizbedienstete Claudia Weigel in den Rat.

Heilwig Donner (Grüne)
Heilwig Donner (Grüne) verließ den Stadtrat im März 2022. © Die Grünen
Dr. Christian Schmidt (Grüne).
Dr. Christian Schmidt (Grüne) starb im Juni 2022. © Heiko Mühlbauer
Claudia Weigel (Grüne).
Claudia Weigel (Grüne) © Bernd Paulitschke (A)

CDU: Jens Hoffmann und Sascha Enders

Auch die CDU verlor ein Ratsmitglied aus persönlichen Gründen. Jens Hoffmann war das jüngste Mitglied in der CDU Fraktion und Vorstand der Jungen Union. Im Januar 2022, nach eineinhalb Jahren im Amt, trat er aus beruflichen und familiären Gründen zurück. Die CDU füllte die Lücke mit ihrem Parteichef Sascha Enders. Der war gewählt worden, weil sein Vorgänger im Amt, Egon Schrezenmaier, noch am Wahlabend zurückgetreten war.

Jens Hoffmann (CDU).
Jens Hoffmann (CDU) verließ den Rat im Januar 2022. © CDU
Sascha Enders (CDU).
Sascha Enders (CDU) © Manuela Schwerte (A)

AfD: Sebastian Rühling und Stefan Fiene

Doch es gab auch einige Ratsmitglieder, die ihrer Partei oder Fraktion den Rücken kehrten. Zuletzt verließ der AfD-Ratsherr Sebastian Rühling Partei und Fraktion. Damit löste er auch die kleine AfD-Fraktion auf und machte seinen Fraktionskollegen Stefan Fiene ebenfalls zum fraktionslosen Ratsmitglied. Die AfD hatte ohnehin nur durch das Überhangmandat zwei Sitze im Rat erhalten.

Sebastian Rühling (fraktionslos).
Sebastian Rühling (einst AfD, jetzt partei- und fraktionslos) © Björn Althoff (A)

Erst Linke, dann SPD: Mechthild Kayser

Auch Mechthild Kayser, die als Nummer eins der Reserveliste der Linken in den Rat eingezogen war, verließ im März 2021 ihre Partei und Ratsfraktion. Sie trat anschließend der SPD bei und verschaffte den Sozialdemokraten sehr zum Ärger der Linken ein weiteres Ratsmandat.

Mechthild Kayser (SPD).
Mechthild Kayser (SPD) © Linke

CDU: Nicole Schelter

Eher an eine TV-Serie über politische Intrigen und Wirrungen erinnert der Fall Nicole Schelter. Die Ratsfrau gab am 17. April gegen Mittag über Facebook ihren Austritt aus der CDU-Fraktion bekannt. Die hatte allerdings für den Abend zur Aussprache mit ihr eingeladen und wollte wohl die Ratsfrau zum Rücktritt drängen. Die Aussprache fand dann ohne Nicole Schelter statt, endete aber mit einem einstimmigen Rausschmiss. Die so geschasste Politikerin blieb aber Mitglied im Rat.

Nicole Schelter (fraktionslos)
Nicole Schelter (fraktionslos) © CDU

Am Ende hat sich der Schwerter Stadtrat zwar in seiner Zusammensetzung seit der Kommunalwahl geändert, aber die Mehrheitsverhältnisse blieben gleich. So gibt es trotz starker SPD keine Koalition für manche Beschlüsse. Versuche, eine rot-schwarze Allianz zu schmieden, hielten nur kurz. Seitdem gibt es immer wieder wechselnde Mehrheiten.