„Auch nach fast 20 Jahren kann ich mich nicht so richtig an Weihnachten unter der Sonne gewöhnen“, sagt Jenna Classen (38). Die Schwerterin zog es vor 19 Jahren nach Südafrika. Zwischen Abi und Studium hatte sie drei Monate Leerlauf und damit die Gelegenheit am Schopf gepackt, Erfahrungen im Ausland zu sammeln und ein Volontariat in einer Wildtierauffangstation zu machen. Doch bei den drei Monaten ist es nicht geblieben. Sie hatte sich in Land und Leute verliebt und beschlossen, zu bleiben.

Was Jenna besonders vermisst
„Ich vermisse die kalte Jahreszeit und den Weihnachtsmarkt mit Glühwein und gebrannten Mandeln sehr“, gibt Jenna zu. Ihre Kinder Madelyn (7) und Hayden (5) kennen Schnee nur aus dem Fernsehen. Sie erleben Weihnachten bei 35 Grad im Schatten im Wildreservat Moditlo in einem sogenannten Big Five Gebiet: Löwen, Elefanten, Büffel, Leoparden und Nashörner sind die direkten Nachbarn der Familie. „Weihnachten wird hier am südlichsten Zipfel der Welt ganz anders gefeiert. Aber eines ist gleich – der Tannenbaum.“

Wie man an eine Tanne im Reservat kommt? Ganz einfach: Der Baum ist künstlich. „Mittlerweile gibt es schon ganz echt aussehende Tannenbäume neben all den bunten.“ Während Jenna es lieber hätte, den Baum dezent zu schmücken, sind ihre Kinder ganz anderer Meinung, was alles an so einen Tannenbaum gehört. „Die Afrikaner lieben es bunt.“ Es kommt alles an den Baum, was ihre Kinder finden können: Weihnachtskugeln, Lichterketten, Hauptsache mit viel Farbe und wild blinkend. Innerhalb von zwei Stunden hängt dann alles ruckzuck am Baum.
„Fertig geschmückt und grell leuchtend“, fügt Jenna hinzu. „Das schlimmste aber ist, dass das Lametta, das wir in Schwerte säuberlich Faden für Faden aufgehängt haben, hier in Büscheln zum Schluss draufgeworfen wird.“ Was aber niemals fehlen darf, sind Kugeln vom Dortmunder Weihnachtsmarkt, die sie von ihrer Oma bekommen hat. Jedes Jahr kommt eine Neue dazu.
Die Wunschliste der Kinder ist jedes Jahr lang, das ist wohl überall auf der Welt so. Letztes Jahr gab es ein ferngesteuertes Boot und eine Meerjungfrauenflosse für Jennas Kinder zu Weihnachten. Was Santa wohl dieses Jahr im Gepäck hat? Anders als in Deutschland kommt Santa, der Weihnachtsmann, am 25. Dezember morgens. Die Kinder stellen ihm am 24. Dezember abends ein Glas Milch und einen Teller mit Keksen ins Wohnzimmer. Der „Elf on the Shelf“ (Elf auf dem Regal) hat während der Adventszeit beobachtet, ob die Kinder auch artig waren, damit sie ihre Geschenke bekommen können.

Familientradition: Kinder ohne Eltern beschenken
Doch Jennas Kinder möchten nicht nur Geschenke bekommen, sondern auch verschenken – das ist Tradition: Jedes Kind macht in der Adventszeit eine „Santa Shoebox“ für ein benachteiligtes Kind fertig. „Man erhält den Namen, das Alter und die Größe eines Kindes, das keine Eltern hat und somit auch keine Geschenke bekommt. Wir gehen dann für diese Kinder einkaufen und packen einen Schuhkarton, der dann in den Dörfern verteilt wird.“

Traditionelles Weihnachtsessen in Südafrika
Nach der Bescherung am frühen Morgen geht es mit dem „Christmas Lunch“ weiter. „Die ganze Familie kommt zusammen und jeder bringt etwas zu essen mit“, erklärt Jenna. Traditionell gibt es gekochten Weihnachtschinken, der glasiert und mit Ananas und Kirschen dekoriert wird, Lammbraten, verschiedene Gemüse und etliche Salate.
Zum Nachtisch gibt es Granny’s berühmten Christmas Trifle: Löffelbiskuit mit Brandy getränkt und mit Wackelpudding sowie Vanillepudding geschichtet, obendrauf kommt Sahne. Mit den Kindern werden Minze Pies gebacken und ein Christmas Fruit Cake darf nicht fehlen. „Der wird schon 6 Wochen im Voraus gebacken und wöchentlich mit Brandy beträufelt, um an Weihnachten schön saftig zu sein.“

Bevor gegessen wird, gibt es aber noch eine Tradition: Christmas Cracker werden verteilt, die man mit seinem Tischnachbarn auseinanderzieht. „Dann gibt es einen lauten Knall und zum Vorschein kommen bunt Plastikkronen und ein kleines Geschenk.“ Nach dem Essen wird sich im Pool abgekühlt – in Schwerte undenkbar.

Weiße Weihnachten 2023?
Trotz all der anderen, aber auch schönen Traditionen komme jedes Jahr der Wunsch nach einem Weihnachten in Deutschland auf: „Ich glaube, langsam wird es Zeit“, sagt Jenna. „Sie sind nun alt genug und vielleicht ist für uns eine weiße Weihnacht 2023 angesagt, mit all den deutschen Traditionen, die ich extra dafür aufgehoben habe und auf die sich die Kinder schon riesig freuen.“ Dann steht dem Weihnachtsmarktbesuch auch nichts mehr im Weg.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich im Dezember 2022 veröffentlicht. Zur Weihnachtszeit veröffentlichen wir ihn an dieser Stelle erneut.
Ihre Erfahrungen im afrikanischen Busch teilt Jenna auch gerne mit Touristen. Sie hat eine eigene Firma gegründet und fährt Touris in den Kruger National Park mit offenem Jeep. Sie organisiert und bucht dazu Unterkunft und Park. Bei Interesse kann man sich per Mail an Jenna Classen wenden: thenaturalordersafaris@gmail.com
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