„Fühlt sich an wie ein Herzinfarkt“ Selbsthilfegruppe bekämpft Panikattacken und Angst

20 Jahre „Angst und Panik“: Schwerter Selbsthilfe-Gruppe hilft Betroffenen
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Eine Panikattacke oder eine Angststörung kann jeden treffen. Ohne Ankündigung und in Sekundenschnelle können diese Ängste und Attacken, die über die natürliche Angst hinausgehen, immer wieder und unvermutet auftreten. Dabei ist die „natürliche“ Angst eine angeborene Hilfe und Schutzfunktion im alltäglichen Leben eines jeden Menschen – sie fördert die eigenen Vorsichtsmaßnahmen sowie die gegenseitige Rücksicht und Aufsicht.

Unvorhersehbar und rasend schnell

„Wenn der Angstzustand allerdings über die ‚normale‘ Angstfunktion hinaus in eine pathologische Angststörung und Panik übergeht, wird es für die Betroffenen sehr unangenehm“, sagt Wolfgang Schulte, der von Beginn an (also seit bereits 20 Jahren) in der Schwerter Selbsthilfegruppe „Angst und Panik“ aktiv dabei ist und ehrenamtlich die organisatorischen Aufgaben der Gruppe betreut.

„Ohne besonderen Anlass und in nicht vorhersehbaren Situationen können Angst- und Panikattacken innerhalb von Sekunden ‚zuschlagen‘. Es ist dann zumeist wie auf einer Achterbahn und man fühlt sich ausgelaugt und fertig wie nach einem Marathonlauf – es gibt in dem Augenblick der Panikattacke körperlich und mental keine Chance zur eigenen Gegenwehr und Bewältigung.“

Das bestätigt auch Ursula Seifer, die ebenfalls an den Treffen der Selbsthilfegruppe in Schwerte teilnimmt: „Schneller Atem, Übelkeit, Herzrasen und Schweißausbruch sind zumeist die ersten Merkmale. Es fühlt sich an wie ein Herzinfarkt, ist allerdings in dieser Ausprägung von Angst und Panik eine psychische und auch anerkannte Erkrankung im Bereich der Depressionskrankheiten.“

Eigene Initiative gefragt

Die Behandlung des Krankheitsbildes „Angst und Panik“ liegt zumeist in den „Händen“ von Neurologen und Psychologen – „einschließlich der für diese Berufsgruppe bekannten Wartezeiten von bis zu mehreren Monaten“, so die Betroffenen zur ärztlichen Versorgung. „Die verschriebenen Medikamente können allerdings lediglich unterstützen und eine Panikattacke relativ schnell herunterfahren“, sagt Wolfgang Schulte.

Es gibt natürlich die unterschiedlichsten Wege zur Krankheitsbehandlung: Ursula Seifer lehnt beispielsweise wegen der Abhängigkeitsgefahr die Einnahme von Psychopharmaka grundsätzlich ab. „Man muss aber gegen die Ängste angehen und unbedingt etwas für sich selbst tun“, empfehlen Ursula Seifer und Wolfgang Schulte aus ihrer eigenen Erfahrung – und das war auch ihr jeweiliger Grund, die Selbsthilfegruppe aufzusuchen.

Den wichtigen Tipp zum Selbsthilfe-Kontakt bekam Ursula Seifer von der Schwerter Diakonie. So konnte Susanne Götz von der Kontakt- und Informationsstelle für die Selbsthilfegruppen (K.I.S.S.) im Kreis Unna entsprechend vermitteln.

Selbsthilfegruppe in Schwerte

„Allein in Schwerte gibt es rund 40 verschiedene Selbsthilfegruppen. Das sind zumeist Gruppen zu chronischen Krankheiten, zu Suchterkrankungen sowie Angehörigengruppen oder eben die ‚Angst und Panik‘-Selbsthilfegruppe“, erklärt Susanne Götz.

„Wir als Kontakt- und Informationsstelle vermitteln nicht nur, sondern helfen etwa bei der Findung von Gruppenräumen, begleiten neue Gruppen bei der Gründung und den ersten Gruppentreffen, kümmern uns um die Öffentlichkeitsarbeit oder um Möglichkeiten zur Förderung und Unterstützung.“

Erfahrung und Verständnis

„So gut und wichtig die Familie und Freundschaften bei der Wahrnehmung und Begleitung unserer Krankheit auch sind – sie können die Arbeit und den Austausch in unserer Selbsthilfegruppe nicht ersetzen“, sagt Wolfgang Schulte: „Der Zusammenhalt, das Verständnis zu dem Krankheitsbild, das Wissen und die Tipps zu möglichen Behandlungs- und Therapiestätten, das unschätzbare Erfahrungspotenzial, die Gespräche in der Gruppe sowie (ganz wichtig) die Erkenntnis, mit der Krankheit nicht alleine zu sein, machen die Selbsthilfe so wichtig.“

Aus rund zwölf Teilnehmenden im Alter zwischen 23 und 85 Jahren besteht derzeit die Schwerter Selbsthilfegruppe „Angst und Panik“, die Treffen finden regelmäßig im Gesundheitsamt Schwerte statt. „Die gemeinsamen Gespräche sowie die gegenseitigen Informationen helfen ungemein und geben uns Kraft – es geht uns einfach besser“, sagt Wolfgang Schulte und empfiehlt: „Wer an Angst und Panik leidet, sollte unbedingt den Schritt zur Selbsthilfe wagen und kann sehr gerne den Kontakt mit uns aufnehmen.“

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  • Die Schwerter Selbsthilfegruppe „Angst und Panik“ hat sich am 27. November 2003 mit Unterstützung der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (K.I.S.S.) des Kreises Unna gegründet.
  • Zwischen 10 und 15 Gruppenmitglieder treffen sich regelmäßig im Gesundheitsamt Schwerte an der Kleppingstraße 4. Die Teilnahme ist unverbindlich, kostenfrei und berücksichtigt die Privatsphäre, alles Besprochene bleibt in der Gruppe.
  • Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe „Angst und Panik“ findet am Donnerstag, 11. Januar 2024, um 19 Uhr statt.
  • Ansprechpartnerin zur Kontaktaufnahme mit der Selbsthilfegruppe: Susanne Götz, Tel. (02304) 240 70 22, E-Mail an susanne.goetz@kreis-unna.de.

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