Ein Schandfleck in der Fußgängerzone soll verschwinden: Große Transparente verdecken die ehemalige Gaststätte Alt Schwerte und das angrenzende verlassene Modehaus-Fischer-Schaufenster und kündigen 400 qm neue Verkaufsfläche an. © Foto: Reinhard Schmitz

Innenstadt

Alt Schwerte in der Hüsingstraße - eine Immobilie verfällt

In der Fußgängerzone verfällt ein Haus. Die Stadt droht mit Enteignung, will aber noch mal mit dem Eigentümer reden. Doch wie kam es zu dem Geisterhaus? Die Geschichte des Verfalls.

Schwerte

, 20.06.2020 / Lesedauer: 3 min

Zwei Namen stehen noch auf den Klingeln an der Tür. Doch die Fenster im Obergeschoss zeigen an, hier wohnt schon lange niemand mehr. Nebenan eine zerborstene Schaufensterscheibe, die provisorisch geflickt wurde. Mitten in der Fußgängerzone verfällt seit nun mehr 15 Jahren ein Wohn- und Geschäftshaus.

Hüsingstraße 7 war einst eine gute Adresse. Die Gastwirtschaft, die im rechten Teil des Hauses untergebracht war, gab es seit mehr als 100 Jahren.

"Zur ewigen Lampe" hieß die als "Alt Schwerte" bekannte Kneipe in der Hüsingstraße noch, als diese Postkarte am 11. Dezember 1912 verschickt wurde. © Foto: Sammlung Marco Gosewinkel

Verstecken brauchte sich das „Alt Schwerte“ früher nicht. Es gehörte einmal zu den guten Adressen der Stadt. Wie historische Postkarten verraten, war das Lokal bereits vor über 100 Jahren als Restauration und Café „Zur ewigen Lampe“ ein Treffpunkt der Geselligkeit. Wer genau hinschaut, entdeckt in der Fassadenverkleidung im zweiten Obergeschoss noch den kunstvoll in den Schieferplatten herausgearbeiteten Schriftzug „Café“.

Letzter Wirt drehte 2006 den Zapfhahn hoch

Die Wirte hinter dem Tresen – in den Anfangsjahren waren es oft Witwen – kamen und gingen. Der letzte drehte 2006 endgültig die Zapfhähne hoch. Seitdem fiel das „Alt Schwerte“, über dessen Seitenfassade zur Bäckerei immer noch ein lebensgroßer Landsknecht wacht, in den Dornröschenschlaf.

Wenig anders erging es dem angrenzenden Ladenlokal, das Anfang des 20. Jahrhundert von einem Lebensmittelladen der Tengelmann-Kette genutzt wurde. Dem Herrenhaus Fischer diente es später nur noch als Schaufenster, zuletzt zog ein gemeinnütziges „Knopf-Projekt“ mit einem Sammelsurium von Textil-Verschlüssen ein – und kurz darauf wieder aus.

Wie kommt es zu einem Geisterhaus mitten in der Fußgängerzone?

Einen Grund für die verfahrene Situation könnte ein noch älterer Disput der Inhaber mit der Stadt Schwerte sein. Bereits im Oktober 2010 gab es eine Bauvoranfrage für das Grundstück. Damals sollte ein viergeschossiges Wohn- und Geschäftshaus dort gebaut werden.

Man hatte auch bereits einen Mieter für das dann größere Ladenlokal im Erdgeschoss. Die Stadt lehnte damals ab, auch weil der Bau nicht in die Umgebung passe. Der Eigentümer reichte Klage ein. Die zog er aber später wieder zurück. Der potenzielle Mieter fand in der Nähe ein anderes Ladenlokal.

Bürger wollten Haus abreißen und Durchgang schaffen

2013 kam dann bei Bürgerworkshops für ein neues Konzept für die Innenstadt die Idee auf, das Gebäude abzureißen und hier einen Durchgang von der Hüsingstraße zur Mährstraße zu schaffen. „Das scheiterte aber daran, dass es hier viele Immobilienbesitzer gab, die man unter einen Hut bringen musste“, erklärte Carsten Morgenthal.

Rätselhaft: Kunstvoll ist der Schriftzug "Café" in die Verschieferung zwischen den Fenstern im zweiten Obergeschoss der Gaststätte Alt Schwerte eingearbeitet worden. Dabei diente das Gebäude schon vor 100 Jahren als normale Kneipe. © Foto: Reinhard Schmitz

2014 einigte sich die Stadt mit dem Grundstücksbesitzer auf eine zweigeschossige Bebauung. Ein Wohn- und Geschäftshaus sollte es auch diesmal werden. Gebaut wurde aber auch damals nicht. Und zuletzt gab es 2016 eine Bauvoranfrage, die auch verlängert wurde. Gebaut wurde aber nicht.

2018 wurde die Fassade zumindest mit einem Transparent verhüllt, das ein Schaufenster darstellen soll. Finanziert wurde das Projekt vom Stadtmarketing, der Werbegemeinschaft und dem Immobilienbesitzer. Der suchte mit dem Banner auch neue Mieter. Mittlerweile ist aber selbst dieses Transparent arg verblichen.

Das Gebäude selbst ist übrigens größer, als es von der Hüsingstraße aus betrachtet wirkt. Ein zweiter Hausteil befindet sich an der Mährstraße. Doch auch dort ist zumindest das Ladenlokal nicht bewohnt. Am Eingang steht aber ein Name an der Türklingel.

Kaufmannschaft ärgert sich über den Zustand

Der Zustand des Gebäudes ist vor allem der Kaufmannschaft ein Dorn im Auge. „Ich kann nicht verstehen, warum ein Immobilienbesitzer eine Immobilie in einer derart guten Lage so verfallen lässt“, findet der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Peter Rienhöfer.

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Der Optiker hat sein Geschäft in unmittelbarer Nähe des Geisterhauses. „Wir haben immer wieder versucht, mit dem Inhaber Kontakt aufzunehmen, aber es hat wenig gebracht“, so Peter Rienhöfer. Er ist überzeugt, dass die verfallene Fassade auch dazu beigetragen hat, dass es schwierig ist, für benachbarte Ladenlokale neue Mieter zu finden.

Dieser Text wurde in großen Teilen bereits 2016 in der Printausgabe der Ruhr Nachrichten veröffentlicht.

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