AfD-Mitglied provoziert Eklat in der St.-Viktor-Kirche Schwerte

© Foto: Manuela Schwerte

AfD-Mitglied provoziert Eklat in der St.-Viktor-Kirche Schwerte

rnBei Rede einer Muslima

Eine Muslima mit Kopftuch spricht in der St.-Viktor-Kirche am Reformationstag? Ein AfD-Mitglied aus Schwerte wetterte im Vorfeld dagegen und provozierte in der Kirche den Eklat.

Schwerte

, 04.11.2019, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ich bin aus der Kirche geworfen worden – nur weil ich das Vaterunser gebetet habe.“ Dürfe man etwa in einer Kirche kein Vaterunser mehr beten?

So leitet Hans-Otto Dinse aus Schwerte das ein, was ihm am Reformationstag 2019 in der St.-Viktor-Kirche passiert sei.

Eine Muslima mit Kopftuch habe von der Kanzel aus sprechen dürfen. Da habe er sich eben mit dem Vaterunser wehren wollen – laut und deutlich.

Dass Pfarrer Tom Damm und ein Kirchen-Mitarbeiter ihn dann freundlich, aber bestimmt aus der Kirche gebeten hätten – das könne doch alles gar nicht wahr sein.

Kontaktdaten des Pfarrers auf rechtsextreme Seite gestellt

Was Dinse nicht sagt: wie geplant diese Aktion war. Schon im Vorfeld hatte er auf Facebook wie folgt auf die Veranstaltung hingewiesen: „Schwertes Pfaffen gehen steil. Es gibt wohl keine Tabus mehr. Ist das die Antwort auf meinen Eintrag ins Kirchenbuch, ‚Gott schütze unsere Heimat und unsere deutsche Kultur‘?“

Eine rechtsextremen Internet-Seite nahm den Ball rasch auf und formulierte neben einem Hinweis auf die Veranstaltung an sich, man könne sich beim Pfarrer doch mal „freundlich erkundigen“, wie es dazu gekommen sei.

Dazu gestellt: das Foto von Stadtkirchenpfarrer Tom Damm, inklusive Telefonnummer, Adresse und E-Mail-Adresse.

Die Folge: Hetze bei Facebook und Hassmails für den Pfarrer.

Hans-Otto und Brigitte Dinse – hier bei einer Demo in der Schwerter Innenstadt –sorgten in der Kirche für den Eklat.

Hans-Otto und Brigitte Dinse – hier bei einer Demo in der Schwerter Innenstadt –sorgten in der Kirche für den Eklat. © Foto: Reinhard Schmitz

Stadtkirchenpfarrer prüft rechtliche Schritte

„Rechte Hetze lässt sich leicht mobilisieren. Das habe ich hier ganz deutlich gemerkt“, sagt Damm. Derzeit prüfe er rechtliche Schritte gegen einiges, was ihn als Reaktion auf die Veröffentlichung erreicht habe.

Zudem ziehe die Sache Kreise bis in die Landeskirche hinein.

Pfarrer Tom Damm: „Rechte Hetze lässt sich leicht mobilisieren.“

Pfarrer Tom Damm: „Rechte Hetze lässt sich leicht mobilisieren.“ © Foto: Bernd Paulitschke

Dinse: „Ich stand auf und rief mit lauter Stimme“

Zum Eklat in der Kirche am Donnerstagabend sagt Damm denn auch lieber nicht viel. Allerdings: Ein reines Aufsagen des Vaterunsers sei das nicht gewesen. Da sei schon viel Aggression mitgeschwungen – auch wenn es glücklicherweise nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen sei.

Dinse selbst schrieb bei Facebook, noch während die Veranstaltung lief: „Ich stand auf und rief mit lauter Stimme das ‚Vaterunser‘ in die Kirche.“ Bis vor wenigen Monaten gehörte Dinse dem AfD-Kreisvorstand in Unna an und war auch Kandidat für den Landtag. Zuletzt gab es aber Streit zwischen ihm und dem Kreisvorstand.

Eine Politikwissenschaftlerin, im Dialog mit Juden und Christen

Eingeladen, die Kanzelrede in St. Viktor zu halten, war Dunya Elemenler. Die Politikwissenschaftlerin, die ein Kopftuch trägt, ist Mitglied im Deutschen Islamrat, zudem Mitglied im Abrahamischen Forum, in dem Juden, Christen und Muslime zusammenarbeiten. Auch mit der Evangelischen Landeskirche in Westfalen sei sie im Dialog, unterstreicht Tom Damm.

Elemenler sprach vor 120 über das Fremdsein, über mögliche Integration in die deutsche Gesellschaft und wie die Kirche das Aufeinander-Zugehen erleichtern könne.

Sie ist Mitglied der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş. Die wird zwar seit ihrer Gründung 1995 durchgehend vom Verfassungsschutz beobachtet. In den vergangenen Jahren sehen die Behörden allerdings deutlich weniger Anhaltspunkte für eine islamistische Ausrichtung.

Anmerkung der Redaktion

In einer früheren Version dieses Textes haben wir behauptet, Dinse habe den Beitrag auf einer rechtsextremen Seite selbst geschrieben. Das hatten wir aus einem Facebook-Post von ihm geschlossen. Dort hieß es: „Mein Beitrag über die geplante Kanzelrede einer Muslima in Skt. Victor schlägt Wellen im Netz.“ Dinse widerspricht, er habe den Text, bei dem kein Autor angegeben ist, nicht selbst verfasst.
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