Eine Abenteuerreise erlebte Wolfgang Güttler am Wochenende mit dem 9-Euro-Ticket.

Eine Abenteuerreise erlebte Wolfgang Güttler am Wochenende mit dem 9-Euro-Ticket. © Reinhard Schmitz

Erstmal in die falsche Richtung: Schwerter trickst überfüllten Zug aus

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Zum Abenteuer wurde die Reise mit dem 9-Euro-Ticket für Wolfgang Güttler. Schon in Schwerte war der Zug nach Kassel so voll, dass kein Mensch mehr einsteigen konnte. Da half nur ein Trick.

Schwerte

, 11.06.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Schwerte war sein erster Zwischenstopp. Nur ein paar Minuten zuvor war der Zug in Hagen eingesetzt werden, in dem Wolfgang und Rosa Güttler ihre frisch erstandenen 9-Euro-Tickets ausprobieren wollten.

Erwartungsfroh warteten sie am Pfingstsamstag (4.6.) pünktlich um 11.28 Uhr am Bahnsteig auf den durchgehenden Regionalexpress nach Kassel-Wilhelmshöhe. Was die Beiden noch nicht wussten: Die Reise sollte ein Abenteuer werden.

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Einsteigen in den überfüllten Zug war in Schwerte unmöglich

„Als die Türen aufgingen, fielen fast die Leute raus“, berichtet Wolfgang Güttler. So rappelvoll waren die Waggons des zweiteiligen Dieseltriebwagens polnischer Bauart: „Bestimmt 50 bis 60 Leute wollten in Schwerte zusteigen – aber keiner kam rein.“

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Auch das Ehepaar hatte keine Chance, dafür aber Rosa Güttler eine pfiffige Idee. Sie zeigte im Nachbargleis auf den Gegenzug nach Hagen, der von dort nach einer 40-minütigen Pause wieder zurück nach Warburg fahren würde. Da konnte man sitzen bleiben oder wenigstens vor dem Start bei den Ersten sein, die in die noch leeren Waggons klettern würden.

Wer mit der Bahn fährt, lernt auch schöne Stationen wie in Warburg kennen.

Wer mit der Bahn fährt, lernt auch schöne Stationen wie in Warburg kennen. © Wolfgang Güttler

Gesagt, getan. Also erst einmal in die Gegenrichtung nach Hagen fahren. Tatsächlich konnte die Güttlers dort sogar einen Sitzplatz in der Bahn ergattern, die ebenfalls schon vor der Abfahrt wieder „brechend voll“ wurde. „Auf den nächsten Bahnhöfen kamen kaum noch Leute rein“, erzählt Wolfgang Güttler.

Der Bahnsteig in Kassel war „schwarz vor Menschen“

Erst in Wickede und Meschede, wo ein paar Reisende ausstiegen, gab es vereinzelte Stehplätze für neue Mitfahrer. Radfahrer aber hätten nicht den Hauch einer Chance gehabt. Und auch nicht Reisende, die einen Koffer oder ein anderes größeres Gepäckstück mit an Bord nehmen wollten.

Dafür gab es einfach keinen Platz: „Die Leute standen wie die Heringe in den Zügen.“ Weil die Leiber die Lichtschranken der Türen blockierten, die sich dann nicht schließen ließen, konnte man immer wieder in Bahnhöfen nicht anfahren. Erst musste der Lokführer per Durchsage zum Zusammenrücken auffordern.

Endlich in Kassel Hauptbahnhof: Nach dem Umsteigen in Warburg erreichte Wolfgang Güttler mit der Regionalbahn aus Göttingen sein Ziel.

Endlich in Kassel Hauptbahnhof: Nach dem Umsteigen in Warburg erreichte Wolfgang Güttler mit der Regionalbahn aus Göttingen sein Ziel. © Wolfgang Güttler

An der Endstation in Warburg – mit nur zehn Minuten Verspätung erreicht – erwischten die Schwerter einen RXX-Doppelstockzug aus Paderborn, der sie weiter bis zu ihrem Ziel Kassel-Wilhelmshöhe brachte. Die Uhr zeigte 15.12 Uhr – fast vier Stunden nach dem Start der Reise.

„Menschenmassen stiegen dort aus“, staunte Wolfgang Güttler: „Der ganze Bahnsteig war schwarz vor Menschen.“ Mit Bus und Bahn, deren Netz in Kassel gut ausgebaut sei, erreichte man das Ziel: den berühmten Bergpark Wilhelmshöhe mit seinen historischen Wasserspielen.

Nach langer Fahrt mit der Regionalbahn erreichte Wolfgang Güttler doch den Schlosspark in Kassel-Wilhelmshöhe.

Nach langer Fahrt mit der Regionalbahn erreichte Wolfgang Güttler doch den Schlosspark in Kassel-Wilhelmshöhe. © Wolfgang Güttler

Auch auf der Rückfahrt volle Züge

Die Rückfahrt am Pfingstmontag erlebten die Schwerter ebenfalls in vollen Zügen, aber ohne Umsteigen und mit nur sieben Minuten Verspätung in der Ruhrstadt. „Wir haben Glück gehabt, dass wir an den Endstationen eingestiegen sind“, sagt Wolfgang Güttler.

Dadurch habe man einen Sitzplatz bekommen. Gedränge und die anderen Begleitumstände der übervollen Zügen konnten dem Eisenbahnfreund, der oft auf der Schiene unterwegs ist, nicht die Gelassenheit nehmen: „Aber ich kann mir vorstellen, dass andere ganz verärgert sind, weil nichts mehr geht.“ Der Bahn könne man aber keine Vorwürfe machen.

Ziel erreicht: Die Wasserspiele im Schlosspark von Kassel belohnten Wolfgang Güttler für die abenteuerliche Anreise in vollen Nahverkehrszügen.

Ziel erreicht: Die Wasserspiele im Schlosspark von Kassel belohnten Wolfgang Güttler für die abenteuerliche Anreise in vollen Nahverkehrszügen. © Wolfgang Güttler

„Unter dem Strich ist das 9-Euro-Ticket ein kleines Abenteuer mit unverhofften Überraschungen“, fasst Wolfgang Güttler seine Erfahrungen zusammen und gibt einige Tipps: „Fahrt wochentags und nicht zur Verkehrsspitze, aber möglichst nicht an Wochenenden oder verlängerten Wochenenden mit Brückentagen bei angesagten schönen Wetterverhältnissen.“

Außerdem sollte man möglichst ohne größere Gepäckstücke reisen und Fahrräder zu Hause lassen. Ganz wichtig: „Tagesausflüge so planen, dass bei einem überfüllten Zug auch noch der Zug eine Stunde später genutzt werden kann. Das gilt natürlich auch für die Rückfahrt.“

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Güttlers Ausflugstipp

Die Wasserspiele im Schlosspark Kassel

  • Der Schlosspark in Kassel ist mit dem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr – Straßenbahn und Busse – erreichbar.
  • Wasserspiele finden dort während der Saison (Mai bis Oktober) mittwochs, sonntags und an Feiertagen statt. Der Eintritt ist frei.
  • Das Wasser fällt vom Herkules-Denkmal bis zum Schlossteich ohne Einsatz von Pumpen. Allein durch natürlichen Druck laufen 750 Kubikmeter Wasser durch alle Stationen.
  • Die Wassermassen laufen über die Kaskaden, den Steinhöfer Wasserfall, die Teufelsbrücke, das Aquädukt und die Peneuskaskaden bis zum Schlossteich. Hier lässt der Wasserdruck zum Abschluss eine über 50 Meter hohe „Große Fontäne“ in die Höhe schießen.
  • Jedes Wasserbild dauert etwa zehn Minuten.
  • Folgt man den strömenden Wassermassen vom Herkules bis zum Schlossteich, legt man eine Strecke von 2,3 Kilometern zurück.