
© Reinhard Schmitz
Massenquartier auf dem Kornhaus-Dach: Schwerte-Ost wird Storchenstadt
Natur in Schwerte
Storchenstadt Schwerte-Ost: Über ein Dutzend Störche steht jede Nacht auf Dächern am alten Eisenbahn-Ausbesserungswerk. Die Ruhrwiesen bieten ihnen dieses Jahr mehr als Frösche und Mäuse an.
Am begehrtesten ist das Kornsilo des Raiffeisen-Marktes an der Schützenstraße. Von allen Seiten belagern Störche jeden Abend das Flachdach des höchsten Turms weit und breit. Immer, wenn die Dämmerung einsetzt, schweben die majestätischen Vögel aus den Ruhrwiesen heran, um sich hier einen Schlafplatz zu sichern. Andere steuern mit ein paar weiteren Flügelschlägen nebenan das ehemalige Eisenbahn-Ausbesserungswerk an, wo sich nicht nur der Stumpf eines Industriekamins anbietet. Ein Storch thront auch, als wäre er sich seiner Schönheit bewusst, auf dem Fahnenmast, der das Uhrentürmchen auf dem früheren Verwaltungsgebäude (heute: Sozialkaufhaus) krönt.
Vor 14 Tagen kamen die erste Störche an
„Der sitzt seit 14 Tagen da“, berichtet Nachbarin Kornelia Nöcker. Von ihrem Arbeitsplatz bei Radio Sander hat sie den besten Überblick, muss nur ein paar Schritte vor die Tür gehen. Erst war sie überrascht von der Storchen-Invasion, glaubte noch an Kraniche. Doch ein Blick durch das Fernglas brachte Gewissheit: Die Glücksboten sind da.

Von Störchen belagert ist derzeit jeden Abend das Silo des Raiffeisen-Kornhauses an der Schützenstraße. © Reinhard Schmitz
Darüber freuen sich Anwohner vom Gänsewinkel genauso. „Das Klappern ist abends gut zu hören, und wir beobachten gern, wenn die Störche angeflogen kommen“, berichtet Peter Bieling. Auch ein paar Gärten weiter sitzen Leser - wie sie schreiben - am Abend im Garten „und schauen dem Schauspiel zu und hören dem Geklapper zu“. Das sei bis in die Nacht zu vernehmen. Insgesamt 14 Störche hätten sie in den Ruhrwiesen gesehen.
Störche fressen sich auch mit Mäusen und Engerlingen satt
„Die sind seit ein paar Jahren hier zu beobachten“, weiß Ursula Ackermann von der Arbeitsgemeinschaft Ornithologie und Naturschutz (Agon): „Sie finden hier ideale Bedingungen.“ Frösche und Mäuse als Nahrung, dazu die dicken Engerlinge der Maikäfer, die in diesem Jahr massenhaft unter der Erdkrume zu finden sind, die mit den langen Schnäbeln umgepflügt wird. Und zum Schlafen gibt es die hohen Gebäude - sicher vor Fuchs und Marder.

Einen Schornstein-Stummel im früheren Eisenbahn-Ausbesserungswerk hat sich dieser Storch als nächtlichen Ruheplatz ausgesucht. © Reinhard Schmitz
Derzeit steht das Telefon bei den Naturschützern nicht still. Immer wieder kommen Meldungen von Spaziergängern und Anwohnern, die weitere Störche gesichtet haben. Insgesamt seien 15 bis 17 Tiere in den Ruhrwiesen in Richtung Geisecke gezählt worden. Es seien Jungvögel, die das Nest verlassen haben und sich normalerweise schon vor den Eltern auf den Flug ins Winterquartier machen.
Auf ein Brutpaar muss Schwerte wohl noch lange warten
„Es ist schön für uns, dass wir sie hier haben“, sagt Ursula Ackermann. Mit einer Stange auf der Westhofener Röllingwiese und einem Gerüst auf dem Dach des Wuckenhofs bietet man den Störchen sogar Plätze zum Nisten an. „Aber bei Neueinrichtungen muss man Geduld haben, eh die bei uns brüten“, so die Naturschützerin. Noch ist Schwerte nur Raststation auf dem Weg nach Süden.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
