
© Berthold Fehmer
Wolf: Serie von Rissen frustriert Schafhalter in Gahlen
Wolf
Eine neue Serie von Nutztierrissen in Gahlen sorgt für Frust bei den Schafhaltern. Ein totes Schaf mit Kehlbiss fand Christiane Rittmann am Donnerstagmorgen in ihrer Wiese.
Gegen 6.40 Uhr habe sie das tote Schaf gefunden, sagt Christiane Rittmann. 150 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt. Zwei weitere Schafe waren verletzt. Was dann stets folgt, kennen Christiane Rittmann und ihr Mann Matthias schon zur Genüge. Zwölf tote Tiere hat Christiane Rittmann seit 2018 zu beklagen, zehnmal konnte ein Wolf als Ursache festgestellt werden. Das Prozedere ist stets: den Wolfsriss melden, ein Wolfsberater kommt Stunden später raus, stundenlang wird geprüft, am Ende gibt’s ein Protokoll. „Der Tag ist im Eimer“, sagt Matthias Rittmann.
Aus dem Besuch von zwei Wolfsberaterinnen am Nachmittag wurde am Donnerstagnachmittag hingegen ein öffentlicher Termin mit rund zwei Dutzend Menschen, bei dem nicht nur Schafhalter und Medienvertreter, sondern auch Bürgermeister Mike Rexforth sich selbst ein Bild vor Ort machten.

Rund zwei Dutzend Menschen kam am Donnerstagnachmittag zur Wiese am Meesenmühlenweg, wo erneut ein Schaf gerissen wurde. © Berthold Fehmer
Einen Tag zuvor hatte die AG Wolf des Gahlener Bürgerforums fünf Angriffe in den vergangenen drei Nächten gemeldet. Sechs getötete Nutztiere und zwei verletzte waren die traurige Bilanz. Eine Kuhherde geriet sogar so in Panik, dass sie einen Zaun durchbrach. Das geschah erneut in der Nacht zu Donnerstag, wie Heinz Beckmann berichtet. Zeugen hätten die Kühe mit ihren Kälbchen wieder auf die Weide getrieben - die Zäune seien repariert worden.
Herdenschutzhunde sorgten für Ruhe
Christiane Rittmann hatte zuvor vier Monate Ruhe vor dem Wolf. Sie habe zwei Herdenschutzhunde von einem Bekannten bei sich gehabt. „Das hat hervorragend geklappt.“ Seit acht Tagen sind die Hunde nicht mehr da - und ihre Schafe erneut Freiwild. Wie viele Schafe sie insgesamt habe? „Jetzt noch um die 50“, so Rittmann, die bereits selbst beobachtet hat, wie zwei Wölfe an der Wiese am Meesenmühlenweg „angesessen“ hätten.
Das Problem: Herdenschutzhunde werden bei Betriebsgrößen wie Rittmanns nicht gefördert. Nach Gesprächen mit Kreis und Bezirksregierung weiß Christiane Rittmann, dass derzeit über eine Absenkung der Anzahl der Schafe diskutiert wird, ab der Herdenschutzhunde gefördert werden.
Konzentriert und mit einem Zollstock im Anschlag kontrollierten die Wolfsberaterinnen den Zaun. 1,36 Meter misst Rittmann selbst, 1,20 Meter werden empfohlen. Mit 10.000 Volt werden die Litzen unter Strom gesetzt, sagt Rittmann. Um zu kontrollieren, ob das wirklich stimmt, müsste eigentlich ein Strommonitor angeschlossen sein. „Ich habe vier beantragt, zwei gefördert bekommen. Und die sind gerade an anderen Stellen“, sagt Rittmann.
Nur noch drei Alternativen
Für Christiane Rittmann gibt es jetzt nur noch drei Alternativen: „Entweder wird jeder Schafhalter individuell gefördert, die Wölfin kommt weg oder es ist keine Weidetierhaltung mehr möglich.“
Bürgermeister Mike Rexforth sieht auf der einen Seite den hohe Schutz, den der Wolf aufgrund von europäischem Recht genießt. „Wir können uns nicht über Recht und Gesetz hinwegsetzen.“ Doch angesichts der Übergriffe müsse man die Frage stellen, „ob das Tier nicht Auffälligkeiten zeigt“.
Rexforth ist sich sicher, dass es geeignetere Flächen für Wölfe im Bundesgebiet gebe „als am Rand eines Ballungsgebiets“. Wenn die Schafhalter alle Maßnahmen ergriffen und ihre Tiere sogar höher eingezäunt hätten als vorgeschrieben, müsse man überlegen, ob man das Tier entnimmt. Damit meint Rexforth keinen Abschuss, sondern einen Umsiedlungsprozess. Die Existenz von Betrieben sei gefährdet. „Es ist die Zeit, eine finale Entscheidung zu treffen.“
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
