Joachim Linnemann vor dem WhatsApp-Chatverlauf mit einem Betrüger

© Linnemann (Montage: Fehmer)

Joachim Linnemann lässt WhatsApp-Betrüger auflaufen

rnPolizei

Drei Söhne hat Joachim Linnemann - keiner heißt Erik. Das weiß aber der Betrüger nicht, der ihn per WhatsApp um 3.104,66 Euro erleichtern will. Der Chat-Verlauf zeigt, wie Täter vorgehen.

Schermbeck

, 24.03.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Von einer unbekannten Handynummer erhielt der Schermbecker Joachim Linnemann am Mittwochnachmittag eine WhatsApp-Nachricht. „Papa, ich habe mein Handy verloren, benutze mein altes Handy und habe eine neue Nummer. Du kannst meine alte Nummer löschen und diese Nummer speichern.“

Linnemann wird stutzig. Er hat zwar drei Söhne, sagt aber: „Die würden das nie so schreiben, ohne den Namen drunter zu setzen.“ Er fragt nach: „Wer bist du denn?“

Betrüger gibt sich als Kind aus

Die Antwort „Ihr Kind Papa“ lässt darauf schließen, dass am anderen Ende jemand mit dem Konzept von „Sie“ und „Du“ in der deutschen Sprache nicht wirklich vertraut ist. Schnell kommt der unbekannte Schreiber aber zum Punkt: „Kannst du mir helfen? Ich habe ein Problem.“

Um auszuschließen, dass doch einer seiner Söhne hinter der WhatsApp steckt, fragt Linnemann: „Hallo Erik, wie kann ich dir helfen?“ Keiner von Linnemanns Söhnen heißt Erik. „Das war der erste Name, der mir einfiel.“ An dieser Stelle habe er kurz überlegt, den Chat abzubrechen, sagt Linnemann. Doch dann habe er gedacht: „Das ziehst du jetzt mal durch. Mal gucken, was passiert.“

„Ich muss eine Rechnung bezahlen“

Der vermeintliche Erik scheint mit seinem Namen zufrieden und kommt schnell zum Punkt: „Ich muss eine Rechnung bezahlen, kann mich aber über dieses Handy nicht in mein Bankkonto einloggen. Kannst du die Zahlung für mich vorziehen? Ich schicke es zurück, wenn ich mich wieder einloggen kann.“ Linnemann antwortet gespielt hilfsbereit: „Klar, kann ich machen ...“

Der mutmaßliche Betrüger schickt die Kontodaten einer „Rochelle Burnett“ mit IBAN und der angeblich geforderten Summe: 3.104,66 Euro. „Kannst du Echtzeitüberweisung aktivieren?“, fragte der angebliche Sohn. Und direkt danach: „Kannst du ein Bild von der Zahlung senden, wenn sie erfolgreich ist. Dann kann ich es an die Firma mailen.“

„Hat es geklappt Papa“

Vermutlich kontrolliert der Betrüger in diesem Moment minütlich den Kontostand und freut sich schon auf eine Überweisung. Eine Viertelstunde später hakt er nach: „Hat es geklappt Papa?“. Doch Linnemann antwortet: „Hallo Erik, bin noch auf der Arbeit. Kann ich erst heute Abend oder morgen Früh überweisen. LG Papa“. Der Betrüger versucht weiter, den Zeitdruck aufrecht zu erhalten: „Okay. Kannst du es tun, wenn du zu Hause bist?

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Statt zu überweisen kontaktiert Linnemann aber die Polizei. Die findet heraus, dass das Konto zu einer deutschen Direktbank gehört. „Da muss irgendeiner ja mal für unterschrieben haben“, sagt Linnemann. Der Beamte erzählt ihm, dass ähnliche Betrugsversuche vor zwei Wochen in Schermbeck (rund 2.800 Euro) und vor Kurzem in Raesfeld mit über 3.000 Euro erfolgreich waren.

Polizeisprecherin Andrea Margraf kennt solche Fälle zur Genüge, in denen die Betrüger erfolgreich waren. Über das Konto an die Betrüger zu kommen, sei oft schwierig: „Die, die das Konto eröffnen, kriegen 20, 30 Euro. Die Betrüger sacken das große Geld ein.“ Das Konto werde nach Zahlungseingang direkt aufgelöst.

Polizeisprecher glaubt an „dummen Betrüger“

In Linnemanns Fall geht Margraf von einem „dummen Betrüger“ aus. Es gebe „Findigere, die das besser können“. Smileys, Herzchen, „die dollsten Ausreden“: Margraf hat schon vieles gesehen.

Ihr Rat in solchen Fällen: „Den gesunden Menschenverstand einschalten.“ Die wenigsten Familienangehörigen würden nach Margrafs Erfahrung per WhatsApp um Geld bitten, sondern anrufen. Man solle immer versuchen, über das Festnetz, nicht über die Mobilnummer die Familienangehörigen zu erreichen. Margrafs dringende Bitte: „Auf gar keinen Fall Geld überweisen!“

„Man liest das alle Nase lang“, sagt Linnemann über derartige Betrugsversuche. Es sei aber „interessant gewesen, das mal selbst zu erleben“, und er hofft, dass andere durch dieses Beispiel gewarnt sind.

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