Neo und Zoe (vorn) starteten am Donnerstag zum ersten Mal bei den Erler Sternsingern. In diesem Jahr wurde auf eine Verkleidung größtenteils verzichtet.

© Berthold Fehmer

Sternsinger im zweiten Corona-Jahr: Sorge vor „Traditionsabbruch“

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Wegen Corona können die Sternsinger nun schon zum zweiten Mal nicht so den Segen zu den Häusern bringen wie sonst. Wird die liebgewonnene Tradition nun nachhaltig beschädigt?

Schermbeck, Raesfeld

, 06.01.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zum ersten Mal bei den Sternsinger dabei sind Neo (8) und Zoe (6) am Donnerstagmorgen an der Erler Silvesterkirche, von wo die 23 Sternsinger starten. „Briefe in die Briefkästen werfen“, sagt der Achtjährige, sei heute die Aufgabe der Sternsinger. Einen Stern trägt er in der Hand, gesungen wird an den Häusern aber nicht. Nicht einmal geklingelt. Dass die Sternsinger normalerweise als Heilige Drei Könige verkleidet sein sollen, kann Neo erst gar nicht glauben: „Dann gibt es ja tausende Drei Könige?“

Petra Haasler, die seit Jahren die Sternsinger-Aktion betreut, hat 600 Briefumschläge dabei. Mit dem Segen und einer kleinen Geschichte darin, die Einsame in der dunklen Zeit trösten soll. Und einer Kontonummer, die für Spenden gedacht ist, um die gesundheitliche Versorgung für afrikanische Kinder zu verbessern. „Corona gibt es auch in Afrika“, sagt Pfarrer Fabian Tilling (in seiner Jugend selbst begeisterter Sternsinger) im Aussendungsgottesdienst: „Viele Leute sind dort aber nicht geimpft.“

Als Pfarrer Fabian Tilling die Sterne in der Silvesterkirche segnete, „drohte" ihm ein Mädchen scherzhaft: „Wehe, du machst mich nass."

Als Pfarrer Fabian Tilling die Sterne in der Silvesterkirche segnete, „drohte" ihm ein Mädchen scherzhaft: „Wehe, du machst mich nass." © Berthold Fehmer

„Die Angst ist da“

Einige Erler hätten sie im Vorfeld kontaktiert und gesagt, dass sie gerne spenden wollten - aber nicht, dass die Kinder vor ihrer Haustür singen, sagt Petra Haasler: „Die Angst ist da“ und das könne sie wegen der Corona-Situation auch nachvollziehen. Außerdem: „Die Kirche steht im Fokus.“

Auf ein Sternsinger-Treffen im Vorfeld wurde verzichtet, auch auf das „Kuddelmuddel“ beim Verkleiden, so Haasler. Nur für die Senioren im „Haus am Kirchplatz“ (Caritas) sowie unter anderem am Edeka sang eine Gruppe verkleideter Sternsinger - mit gebührendem Abstand. Bernhard Blicker von der Caritas sagte anschließend: „Ich hoffe, dass die Tradition weiterlebt.“

Nur wenige Sternsinger in Erle sind in diesem Jahr verkleidet.

Nur wenige Sternsinger in Erle sind in diesem Jahr verkleidet. © Berthold Fehmer

Auf ein „Dankeschön“, den Applaus fürs Lied oder die beliebten Süßigkeiten müssen die Kinder in diesem Jahr aber erneut größtenteils verzichten. Schwester Daniela Maria Simon (Pastoralreferentin) glaubt nicht, dass die Tradition des Sternsingens nun einbrechen könnte. Die Kinder würden auch in diesen Tagen „ein Zeichen setzen“. In der Regel spreche man für die Sternsinger-Aktion vor allem die Erstkommunion-Kinder an, die meistens bis zur sechsten, siebten Klasse mitlaufen.

„Die Verantwortung konnten wir nicht übernehmen“

Auch Desirée Kaiser (Pastoralreferentin der Schermbecker Ludgerus-Gemeinde) hat ihre Erstkommunionkinder angesprochen, aber schon zum Teil eine gewisse Zurückhaltung bei den Eltern bemerkt. Sternsingen unter Corona-Bedingungen ist für Kaiser „nichts Halbes und nichts Ganzes“. Größtenteils seien die Kinder noch nicht geimpft, weshalb man sie nicht von Haus zu Haus schicke. „Die Verantwortung konnten wir nicht übernehmen.“

Stattdessen wird es neben Segenszetteln in der Kirche am Samstag (8. Januar) von 9 bis 12 Uhr vier Stationen geben, an denen verkleidete Sternsinger (ohne Gesang) Spenden entgegennehmen und den Segen verteilen. Mit Mindestabstand und Maske. Zu finden sind die etwa 25 bis 30 Sternsinger auf dem Parkplatz gegenüber der Gaststätte Overkämping, am Rewe-Markt Conrad, vor der Bäckerei Schult in Gahlen und am Nikolaus von Flüe-Denkmal (Schulweg) in Üfte.

„Mit Herzblut dabei“

Man müsse schauen, „dass es nicht zu einem Traditionsabbruch kommt“, sagt Kaiser, die selbst in den letzten Tagen zu allem Überfluss noch durch einen Norovirus außer Gefecht gesetzt wurde. Was sie hoffnungsfroh stimmt, dass die Tradition nicht endet, ist die Unterstützung durch Ehrenamtliche, die sofort eingesprungen seien und „mit Herzblut dabei sind“.

Und noch eines könnte optimistisch stimmen. Nach dem Aussendungsgottesdienst in der Silvesterkirche, in der die Sternsinger mit weitem Abstand der Gruppen „Stern über Betlehem“ sangen, sagte ein Mädchen: „Boah, jetzt habe ich einen Ohrwurm von diesem Lied.“

Wer spenden möchte: Verwendungszweck: „Sternsingeraktion 2022“, IBAN DE 98 4006 9363 0101 5554 00 (Konto der Ludgerusgemeinde).