Schulleiter schlägt Alarm Viele Konflikte zwischen Eltern und Kindern – „in allen Schichten“

Viele Konflikte zwischen Eltern und Kindern – „in allen Schichten“
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Seit etwas mehr als einem halben Jahr ist Tobias Basse Schulleiter der Gemeinschaftsgrundschule Schermbeck mit katholischem Teilstandort. Im Schulausschuss der Gemeinde Schermbeck am Dienstag (31. Januar) schilderte er „erschreckende Zustände“, wie Ulrike Trick von den Grünen sagte.

Basse hatte zuvor in einem Antrag gebeten, eine Schulsozialarbeiterstelle an der Schule einzurichten. Im Ausschuss erklärte er: „In den ersten vier Wochen habe ich mindestens sechsmal mit dem Jugendamt telefoniert. Unter anderem ging es um Kindeswohlgefährdung. Das hatte ich nie zuvor.“

Basse war laut eigener Aussage unter anderem in Duisburg-Marxloh an einer Schule tätig und auf dem Kölnberg in Köln. In allen Schulen habe er zuvor mit Schulsozialarbeitern gearbeitet, immer hatte er gute Erfahrungen gemacht.

In Schermbeck ist ihm aufgefallen, dass es viele Konflikte zwischen Eltern und Kindern gebe – „und das in allen Schichten“. Überall würden den Lehrkräften die gleichen Probleme begegnen. Nach Rücksprache mit dem Jugendamt habe sich herausgestellt, dass es mit der Bearbeitung der Fälle nicht mehr hinterherkommt. „Deswegen habe ich mich gefragt, warum es hier keine Schulsozialarbeit gibt“, so Basse.

Der Schulleiter führte weiter aus: „Man geht davon aus, dass die Welt hier noch in Ordnung ist. Aber in einigen Klassen ploppen immer wieder Kinder mit Problemen auf, mit denen man nicht rechnet.“ Helfen könne ein Schulsozialarbeiter, der sich um genau diese Probleme kümmere.

Drei Säulen

Die Schulsozialarbeit fußt auf drei Säulen: Prävention, Intervention und Vernetzung. Genau diese Aspekte kämen in der täglichen Arbeit mit den Kindern oftmals zu kurz.

Elke Langenbrink (Grüne) fragte: „Der Schulsozialindex hat sich für Schermbeck nicht geändert. Warum ist auf einmal der Bedarf da?“ Der Sozialindex ist ein Instrument, mit dessen Hilfe die einzelnen Schulen in Nordrhein-Westfalen mit besonderen sozialen Herausforderungen gezielter unterstützt werden können. Er soll die bestehenden sozialen Herausforderungen identifizieren, um Schulen mit Problemen konkreter und besser als bisher zu unterstützen.

Für Basse allerdings ist er kein Instrument, um zu vergleichen, „dass überall Kinder Probleme haben“. Die Lehrer in Schermbeck seien „sehr engagiert. Aber an manchen Tagen sind sie fertig“, so der Schulleiter weiter.

„Menge Veräumnisse“

Diesen Ausführungen folgten die Ausschussmitglieder. Ulrike Trick (Grüne): „Es scheint, als hätte es eine Menge Versäumnisse gegeben, wenn es bisher immer hieß, dass der Bedarf nicht da ist. Das gibt mir zu denken.“

Bürgermeister Mike Rexforth fügte hinzu: „Wir haben uns beim Jugendamt rückversichert, ob der Eindruck realistisch ist. Zu unserem Erstaunen kam die Antwort, dass der Eindruck berechtigt ist.“

Die Schule selber könne nicht viel für die Situation, so der Bürgermeister. In der Zeit der „Führungslosigkeit“ sei der Blick für solche Dinge wohl nicht immer da gewesen. „Die kommissarische Leitung hatte gar nicht die Zeit, alle Aufgaben direkt anzugucken.“

„Wehret den Anfängen“

Da die Herausforderungen zudem aufgrund der steigenden Migration nicht weniger würden, folgte Rexforth der Argumentation Basses. Ebenso die CDU-Mitglieder Hildegard Franke und Johannes Brilo. Franke: „Wehret den Anfängen. Wenn kleine Kinder jetzt in Schwierigkeiten geraten, müssen wir ihnen helfen.“ Brilo: „Die Coronakrise ist noch nicht aufgearbeitet. Wir wissen noch gar nicht, was durch die Schulschließungen alles passiert ist bei den Kindern.“

Und so stimmte der Ausschuss einstimmig dafür, eine Schulsozialarbeiterstelle an der Gemeinschaftsgrundschule Schermbeck zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzurichten. Mit zwei Gegenstimmen der Grünen, aber der vollen Zustimmung durch die CDU und der FRAKTION stimmte der Ausschuss zudem dafür, eine Vollzeitstelle trägerorientiert auszuschreiben. Die Grünen hätten sich eine Ausschreibung für eine halbe Stelle gewünscht.

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