Für 10 Tage Strom-Bezug sollte der Schermbecker Peter Wiegand mehr als 1.166 Euro an E.ON zahlen.

© Berthold Fehmer

Peter Wiegand soll E.ON für 10 Tage Strom 1.166 Euro zahlen

rnE.ON

Vom Lieferstopp des Stromanbieters Stromio wurde der Schermbecker Peter Wiegand kalt erwischt. E.ON sprang als Grundversorger ein. Und forderte danach für 10 Tage Strom-Bezug 1.166 Euro.

Schermbeck

, 10.02.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Kurz vor Weihnachten erhielt Peter Wiegand Post von E.ON. Darin teilte das Unternehmen mit Datum vom 22. Dezember mit, dass man aufgrund des Lieferstopps des bisherigen Anbieters den 68-Jährigen nun als Ersatzversorger beliefern werde. „Ihren monatlichen Abschlag haben wir erst einmal auf 108 Euro festgelegt“, so E.ON.

Bis dahin war Wiegand bereits mehr als ein Jahr Kunde bei Stromio. „Ich bin ein Hüpfer“, sagt Wiegand - er wechsele regelmäßig den Stromanbieter. Stromio, betont Wiegand, habe sich ihm gegenüber „total korrekt“ verhalten - er habe eine Rückzahlung erhalten, „weil ich so wenig verbraucht habe“.

„Aufgrund der historisch einmaligen Preisentwicklung im Strommarkt sahen wir uns zu unserem ausdrücklichen Bedauern gezwungen, alle Stromlieferverträge mit Ablauf des 21.12.2021 zu beenden“, teilt Stromio auf der Homepage mit. Was der Wechsel zu E.ON und zum Grund- und Ersatzversorgungstarif bedeutete, war Peter Wiegand als Elektromeister in Rente sofort klar: Das könnte teuer werden! Sofort suchte er sich online einen neuen Anbieter, was ab dem 1. Januar wirksam wurde.

Rechnung über 1.166 Euro

Anfang Februar bekam Wiegand dann wieder Post von E.ON. „Die Belieferung an Sie ist beendet. Daher erhalten Sie heute Ihre Schlussrechnung.“ Er habe nun für die vom 22. bis 31. Dezember verbrauchten 3.627 Kilowattstunden 1.166,05 Euro bis zum 17. Februar zu überweisen. „Freundliche Grüße nach Schermbeck, Ihre E.ON Energie Deutschland GmbH.“

Wiegand lebt mit seiner Frau auf 100 Quadratmetern, hat eine Solaranlage für Warmwasser auf dem Dach. Und nun sollte er in den zehn Tagen pro Tag mehr Strom verbraucht haben als sonst im Monat? Ein Blick in die Rechnungsdetails ergibt: E.ON war beim 22. Dezember von einem Zählerstand mit 0,0 Kilowattstunden ausgegangen, am 31. Dezember von einem geschätzten Zählerstand von 3.627 Kilowattstunden. „Den Stand habe ich bis heute nicht“, so Wiegand, dessen Zähler vor anderthalb Jahren getauscht wurde.

Zählerstände waren falsch

Da Wiegand die Zählerstände notierte, weiß er genau, dass er im Zeitraum nicht 3.627 Kilowattstunden verbraucht hat, sondern 73 Kilowattstunden, also nur rund 2 Prozent der von E.ON angegebenen Strommenge.

Wiegand rief am 4. Februar die E.ON-Hotline, hatte allerdings das Gefühl, von der Dame dort nicht richtig verstanden worden zu sein. Bei einem weiteren Anruf am 5. Februar sagte ihm eine andere Dame der Hotline, dass sie das Mahnverfahren aussetze. Und: „Sie hören von uns.“ Als das nicht passierte, wandte sich Wiegand fünf Tage später an die Dorstener Zeitung.

Denn der 68-Jährige fürchtete, auch weil er demnächst in den Urlaub fahren will, dass in der Zwischenzeit doch noch eine Mahnforderung eintrudeln könne, auf die er dann nicht reagieren könne. Auf Inkassounternehmen oder negative Schufa-Einträge hat Wiegand auch keine Lust.

„Die Korrektur der Rechnung war in Bearbeitung“

„Die Korrektur der Rechnung war bereits in Bearbeitung und ist für Herrn Wiegand zeitnah einsehbar“, so Mario Leikop, E.ON-Sprecher, am Donnerstag auf Anfrage. „Leider kam es bei der Übermittlung der Zählerstände durch den zuständigen Netzbetreiber zu einem Fehler – dieser hat uns für Herrn Wiegand zunächst einen Beginn-Zählerstand von 0 gemeldet, deshalb wurde die Rechnung zunächst entsprechend gestellt. Der Netzbetreiber hat uns, wie auch der Kunde in der Zwischenzeit, neue Zählerstände übermittelt.“

Leikop: „Es tut uns leid, dass unsere erste Rechnung durch die falsch übermittelten Zählerstände des Netzbetreibers nicht korrekt war – wir sind hier aber auf die Daten angewiesen, die uns mitgeteilt werden. Herr Wiegand hat alles richtig gemacht, indem er uns auch selbst die Zählerstände übermittelt hat. Dazu ermutigen wir unsere Kunden grundsätzlich.“

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E.ON sei sich der „Verantwortung als Grund- und Ersatzversorger in weiten Teilen Deutschlands bewusst“, so Leikop. „Während sich einige Discountanbieter in dieser schwierigen Marktsituation ihrer Verantwortung entziehen und sogar ihre Kunden kündigen, springen wir in vielen Regionen Deutschlands ein, und das zuletzt insgesamt deutlich häufiger als üblicherweise.“

„Historisch einzigartige Lage auf den Energie-Märkten“

Leikop spricht von einer „aktuell historisch einzigartigen Lage auf den Energie-Märkten“, in der sich Kundinnen und Kunden auf E.ON verlassen könnten. „Selbstverständlich beliefern wir Kundinnen und Kunden, die neu zu uns in die Ersatzversorgung kommen, zuverlässig mit Energie. Unterschiedliche Tarife für Alt- und Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung sind bei uns als deutschem E.ON Vertrieb aktuell nicht geplant.“

Peter Wiegand wundert sich, dass eine solche Rechnung wie bei ihm nicht durch eine Plausibilitätsprüfung aufgefallen ist. Ihm ist auch wichtig, dass Menschen, die vielleicht in einer ähnlichen Situation sind wie er, sich kritisch mit solchen Rechnungen und Forderungen auseinandersetzen. Manch einer hätte die Rechnung vielleicht bezahlt, vermutet der 68-Jährige und begründet das mit „Obrigkeitsdenken“ nach dem Motto: „Wird schon seine Richtigkeit haben ...“

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