Neue Wolfsverordnung: Wann Wölfe vergrämt oder erschossen werden sollen

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Neue Wolfsverordnung: Wann Wölfe vergrämt oder erschossen werden sollen

rnWolfsgebiet Schermbeck

Der Entwurf der neuen NRW-Wolfsverordnung soll Regeln schaffen, wann Wölfe vergrämt oder erschossen werden dürfen. Im Wolfsgebiet Schermbeck wird das schon lange gefordert.

Schermbeck

, 19.01.2022, 17:20 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es ist ein Entwurf und noch nicht die finale Fassung der Wolfsverordnung, die Umweltministerin Ursula Heinen-Esser nun vorgelegt hat. „Entwurf einer Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von

den Schutzvorschriften für den Wolf“ heißt das Schreiben, das nun im Umweltausschuss beraten werden soll. Wobei CDU und FDP bereits in einem Antrag weitere Forderungen stellen.

Im Wolfsgebiet Schermbeck hatte das LANUV beim Riss eines Kirchhellener Ponys am 14. Dezember 2021 am Dienstag erstmals die Beteiligung eines männlichen Welpen mit der Kennung GW2428m über die Auswertung der Speichelproben gemeldet. Neben Gloria und ihrem Bruder, den Elterntieren, sind damit zwei Welpen aus dem 2021er-Wurf genetisch erfasst worden. Unbestätigt seien bislang Hinweise auf insgesamt vier Welpen, so das LANUV.

Da im Schermbecker Wolfsgebiet die durch die Raubtiere verursachten Schäden bei Nutztieren in ganz NRW am größten sind und sich in den letzten Wochen und Monaten Berichte über Begegnungen von Menschen mit den Wölfen häufen, könnten die Ausnahmen von den Schutzvorschriften für den Wolf hier als erste greifen.

Verscheuchen ist erlaubt

Der Entwurf definiert zunächst Begrifflichkeiten: Das „Verscheuchen“ eines Wolfs, etwa durch Lärm oder das Werfen mit Gegenständen, ohne ihn zu verletzen oder ihm nachzustellen, ist bei Annäherung des Wolfs an Menschen, Weidetiere, Gehegewild oder in Nähe von Gebäuden nicht verboten.

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Das „Vergrämen“, also das Beschießen mit Gummigeschossen, soll erlaubt werden, wenn sich ein Wolf mehrfach Menschen und Gebäuden auf unter 30 Metern Abstand nähert und sich nicht verscheuchen lasse. Als „kritische Schwelle der Annäherung“ bezeichnet der Entwurf diese Entfernung: „Die Annäherung kann unter anderem auf eine positive Konditionierung (z. B. häufige Futterquellen in der Nähe von Bebauung und Menschen) in Verbindung mit starker Habituierung (z. B. Mensch ist keine Gefahr, da negative Erfahrungen fehlen) zurückzuführen sein.“

Eine Wildkamera hat diesen Wolf in der vergangenen Woche in der Nähe eines Reiterhofs in Hünxe gefilmt.

Eine Wildkamera hat diesen Wolf in der vergangenen Woche in der Nähe eines Reiterhofs in Hünxe gefilmt. © Reßing

Auch zum Schutz von Weide- und Gehegetieren dürfe der Tierhalter einen Wolf vergrämen, der sich dem Tierbestand nähere und nicht verscheuchen lasse, so der Entwurf. Gemeldet werden muss das Vergrämen der Naturschutzbehörde.

Voraussetzungen für den Abschuss

Als Entnahme-Gründe, also das Erschießen des Wolfs, sollen laut Entwurf gelten, „wenn der Wolf einen Menschen verletzt, ihn unprovoziert verfolgt oder sich ihm gegenüber in sonstiger Weise unprovoziert aggressiv gezeigt hat und sich nicht verscheuchen oder vergrämen lässt.“ Was unter aggressivem Verhalten zu verstehen ist, wird in der Begründung ausgeführt: „Wenn ein Wolf sich einem Menschen nähert und ein arttypisches Drohverhalten (z. B. durch gebleckte Zähne oder Knurren) zeigt“.

Wichtig könnte die Frage werden, wann der Wolf als „unprovoziert“ gilt. „Ein Verscheuchen oder eine Vergrämung sind nicht als Provokation zu werten“, stellt die Begründung des Entwurfs klar. Als Beispiel für eine Provokation nennt die Begründung etwa eine „läufige Hündin während der Ranzzeit“, also Reize, „die die natürlichen Instinkte triggern“.

Für die Entnahme eines Wolfes seien „die Mittel der Wahl“ laut Entwurf „der Kugelschuss oder die Betäubung mit anschließender Injektion eines tötenden Medikaments“.

Bei Welpen wird es kompliziert

Kompliziert wird die Entscheidung, wenn Wolfswelpen im Spiel sind. Dabei stünden „verschiedene Belange im Konflikt, die im Einzelnen abgewogen werden müssen“, so der Entwurf der Verordnung. Der Schutz von Elterntieren sei grundsätzlich zu gewährleisten, wobei die Abwehr von Gefahren für Menschen Vorrang habe. Wenn beide Elterntiere entnommen werden müssten und dies auch nicht verschoben werden könne, sei es „tierschutzrechtlich geboten, sicherzustellen, dass die zugehörigen Welpen nicht unversorgt zurückbleiben“.

Bei Welpen, die älter sind als drei Monate, sollen diese in solchen Fällen ebenfalls erschossen werden. Bei denen, die jünger sind, sei die Unterbringung in einem Gehege zu prüfen, so der Entwurf.

Schützen sollen laut CDU und FDP anonym bleiben

Bleibt die Frage: Wer soll bei einer Entnahme den Abzug drücken? Hier sei „die für einen Jagdbezirk jagdausübungsberechtigte Person in der Regel geeignet“ und solle „mit ihrem Einverständnis“ von der Naturschutzbehörde bestimmt werden, so der Entwurf. CDU und FDP fordern aber, dass die Einbeziehung der Jägerschaft rechtssicher gestärkt werden soll. „Die Anonymität der Jägerschaft muss bei einer Entnahme gewährleistet sein.“

Hinzu kommt im Antrag der beiden Fraktionen die Forderung nach einer Herdenschutz-Förderung nicht nur für gefährdete Haltungen von Pferden, wie sie im Wolfsgebiet Schermbeck seit Beginn des Jahres möglich ist, sondern auch für Rinder. Wobei auch den Fraktionen klar ist: „Es gibt keine praktikable Weidetierschutzmaßnahme, um Wolfsrisse vollständig auszuschließen. Sie verursachen hohe Kosten und einen enormen Aufwand in den Betrieben.“

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