Hubert Große-Ruiken Gemeindewerke-Geschäftsführer und Ratsherr: Wie ist das vereinbar?

Gemeindewerke-Geschäftsführer und Ratsherr: Wie ist das vereinbar?
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Lange Jahre war Hubert Große-Ruiken Kämmerer in Dorsten (bis 2021) und ist dort immer noch Geschäftsführer der Infrador GmbH (Gesellschaft für Infrastruktur) in Dorsten. In Schermbeck ist er Geschäftsführer der Kommunalen Infrastruktur Schermbeck GmbH, der Gemeindewerke GmbH und der Gemeindewerke Schermbeck Verwaltungsgesellschaft mbH. Für die CDU sitzt er seit 2009 im Schermbecker Gemeinderat.

Ein Leser fragt, wie die Tätigkeit als Geschäftsführer der Gemeindewerke mit der Ratsmitgliedschaft vereinbar ist. Stichwort: „Ämteranhäufung“. Die Frage sei bei der Gründung der Stadtwerke vom Städte- und Gemeindebund geprüft worden, sagt Große-Ruiken. Und es habe eine Bedingung dafür gegeben.

Paradigmenwechsel

Grundsätzlich wurden die Gemeindewerke in Schermbeck 2021 gegründet, um einen Paradigmenwechsel einzuläuten: Bisher hatte die Gemeinde Firmen die Leitungsnetze (etwa Strom, Gas und Wasser) überlassen, samt Rechten und Pflichten. Dabei ließ man sich allerdings auch viel Geld durch die Lappen gehen. Durch die neuen Gemeindewerke, die die Leitungen zurückkaufen sollte, erwartet man stabile Einnahmen, da die Verpachtung von Netzinfrastruktur reguliert ist.

Klar war aber auch, dass man einen Geschäftsführer für die neuen Gemeindewerke brauchte: „Die Gemeinde ist auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich mir das vorstellen kann“, sagt Große-Ruiken. Netzgesellschaften seien „fachlich nicht ganz ohne“ und Dorsten hatte bereits eine gegründet. „Als Kämmerer habe ich das intensiv begleitet.“ Große-Ruikens erste Antwort auf die Schermbecker Anfrage: „Ich wollte das erst nicht.“ Er habe sich dann aber bereit erklärt, weil „man mehr oder weniger keine andere Lösung wusste“.

Als Geschäftsführer der damals neuen Schermbecker Gemeindewerke wurden 2021 Jan Paul Hagedorn (vorne l.) von "Gelsenwasser Energienetze" sowie Hubert Große-Ruiken (vorne r,.) vorgestellt.
Als Geschäftsführer der damals neuen Schermbecker Gemeindewerke wurden 2021 Jan Paul Hagedorn (vorne l.) von "Gelsenwasser Energienetze" sowie Hubert Große-Ruiken (vorne r,.) vorgestellt. © Berthold Fehmer (A)

Kein Euro Verdienst

Laut der Prüfung des kommunalen Spitzenverbands, des Städte- und Gemeindebundes, war die Geschäftsführertätigkeit vereinbar mit der Ratsmitgliedschaft, „wenn man sich nicht in ein abhängiges Beschäftigtenverhältnis begibt“, so Große-Ruiken. Für seine Arbeit als Geschäftsführer der drei Schermbecker Gesellschaften bekommt er kein Gehalt, keine Aufwandsentschädigung. „Null Euro gibt es dafür.“

Gerd Abelt, Stellvertreter des Bürgermeisters, bestätigt dies auf Anfrage. Wenn Gremiensitzungen anstehen, kommt Große-Ruiken auf etwa einen Tag Arbeit pro Woche für die Gemeindewerke. Manchmal auch mehr.

Die Tätigkeit Große-Ruikens in den Gesellschaften hat in Ratssitzungen den Effekt, dass der CDU-Ratsherr bei Tagesordnungspunkten, die die Gesellschaften betreffen, als „befangen“ gilt und nicht an Diskussion und Abstimmung teilnehmen darf. Das gilt aber nicht nur für ihn, sondern auch für die Ratsmitglieder, die in Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung vertreten sind.

„Feierliche Prozession“

Gut beobachten ließ sich das bei der Ratssitzung am 20. Juni, als in nichtöffentlicher Sitzung der Tagesordnungspunkt „Neuvergabe Konzessionsvertrag Wasser“ anstand. Im öffentlichen Teil wurden die „Befangenheiten“ abgeklärt und beim Tagesordnungspunkt seien „25 Prozent in feierlicher Prozession ausgezogen“, so Große-Ruiken schmunzelnd. Dass der Rat politische Vertreter in die Gremien entsende, sei „in der Gemeindeordnung ausdrücklich vorgeschrieben“.

Wenn es in den Gemeindewerken „etablierte Strukturen“ gebe, will Große-Ruiken als Geschäftsführer aufhören. Angepeilt ist das Jahr 2025. Die Gemeindeverwaltung müsse genügend Fachexpertise aufbauen, um diesen Posten zu besetzen, sagt Große-Ruiken. Bürgermeister Mike Rexforth hatte schon 2021 darauf hingewiesen, dass für die Neugründung viel Arbeit, Zeit und Termine notwendig seien, weshalb er weder sich noch den damaligen Kämmerer Frank Hindricksen in diese Position bringen wollte.

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